„Eine Aufgabe der Daseinsvorsorge“ - Gespräch mit ÖPNV Stadtrats-Referentin Heike Essmann

veröffentlicht am 10.02.2016

Memmingen (as). Ein Gutachter erarbeitet derzeit einen Entwurf für den Nahverkehrsplan der Stadt Memmingen und des Landkreises Unterallgäu. Dieser soll Ende des Jahres beschlossen werden und ist für die nächsten neun Jahre gültig. Lokalredakteurin Antje Sonnleitner befragte die ÖPNV Stadtrats-Referentin Heike Essmann dazu.

Frau Essmann, können Sie uns die Ziele des neuen ÖPNV-Konzepts erläutern?

Ziel ist es, den ÖPNV voranzubringen und so attraktiv zu gestalten, dass er eine echte Alternative zum motorisierten Individualverkehr (MIV) wird. So ist es übrigens in Art. 2 des bayerischen ÖPNV-Gesetzes verankert, der ÖPNV ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge! Das derzeitige Angebot wird der Stadt Memmingen als Oberzentrum mit einem Einzugsgebiet von 250.000 Menschen nicht gerecht.

Ein Hauptanliegen ist die Anbindung der Stadtteile an die Memminger Innenstadt?

Ja, es fehlt ein Grundnetz, dass die Kernstadt mit den Stadtteilen verbindet. Von 6 bis 20 Uhr sollte im 30 Minuten Takt ein Bus in die Innenstadt und zum Bahnhof fahren, am Wochenende stündlich – so sieht es die jetzige Leitlinie zum ÖPNV vor. In weniger frequentierten Zeiten könnte man Kleinbusse mit z.B. Gasantrieb oder Hybrid einsetzen.

Neben den Stadtteilen sollten aber auch Gewerbegebiete, Einkaufszentren, das Kino und Naherholungsziele mit dem Bus erreichbar sein. Das ist gerade für Senioren wichtig, denn diese sind oftmals im Hinblick auf ihre Grundversorgung bzw. Arztbesuche darauf angewiesen.

Im Februar 2015 schrieb der Arbeitskreis (AK) die Bürgerausschüsse der Stadtteile und die weiterführenden Schulen an. Außerdem gab es Ende 2015 eine Online-Befragung der Bürger. Was ergab die Bedarfsanalyse?

Die Befragten wünschen sich senioren- und behindertengerechte Bushaltestellen in fußläufiger Entfernung zum Wohnort und direkt an den Schulen. Die Busfahrzeiten müssen an Unterrichtsbeginn und -ende angepasst werden. Weitere Punkte waren u.a. wetterdichte Fahrgastunterstände und dynamische Infotafeln statt der verwirrenden Fahrpläne.

Wie ist es um die Wirtschaftlichkeit des Konzeptes bestellt?

Fakt ist: Überall dort, wo in hoher Takthäufigkeit Bus und Bahn gebündelt zum Einsatz kommen, rechnet sich der öffentliche Personennahverkehr. Entscheidend für Pendler ist, dass die Busfahrzeiten an den Fahrplan der Bahn bzw. an die geplante Regio-S-Bahn Donau-Iller angepasst werden.

Wäre eine Kooperation der Verkehrsunternehmen sinnvoll, um größere Verbundgebiete zu schaffen?

Unbedingt! Sinnvoll wäre eine Kooperation der Nahverkehrsgesellschaft Unterallgäu/Memmingen (NUM) mit angrenzenden Verkehrsverbünden. In den Verbundgebieten gilt dann nur ein Tarif, also eine Fahrkarte pro Strecke. Möglich wäre auch, dass die Stadt Memmingen ein gemeinwirtschaftliches Verkehrsunternehmen für den Stadtverkehr gründet.

Wie sieht das weitere Vorgehen aus?

Der Gutachter von der Rhein-Main-Verkehrsverbund Servicegesellschaft wird die Kosten berechnen und einen Plan mit allen bestehenden Haltstellen und Linien erstellen. Die nächste Gesprächsrunde des AK mit Verwaltungen und Busunternehmern findet im April statt.

Vielen Dank für das informative Gespräch, Frau Essmann!

Lokale-Redakteurin Antje Sonnleitner sprach mit Heike Essmann, Referentin für den ÖPNV im Stadtrat, über den neuen Nahverkehrsplan, der derzeit erarbeitet wird. Foto: Radeck