"Wir dürfen keinen Zentimeter zurückweichen!"

veröffentlicht am 26.02.2017

Vorwiegend ältere Frauen und auch ein paar männliche Interessierte fanden den Weg ins ehemalige Union-Kino zum Info- und Diskussionsabend des Aktionsbündnisses. Fotos: Sonnleitner

Grünen-Bundespolitikerin Gesine Agena ruft zum Kampf gegen reaktionäre Kräfte auf

Memmingen (as). Beim Aktionsabend "SELBST-BESTIMMT-GERECHT" von Bündnis 90/die Grünen, Attac-Frauen, Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, Internationaler Frauentreff und Vorstand des Frauennetzwerkes im ehemaligen Union-Kino ging es um „Frauenbilder im Wandel der Zeit“. Prominente Referentin war Gesine Agena, Frauenpolitische Sprecherin im Bundesvorstand der Grünen.

Von der Vergangenheit in die Gegenwart führte der Abend die knapp 30 Teilnehmer/Innen im ehemaligen Union-Kino. Kulturamtsleiter Dr. Hans-Wolfgang Bayer führte durch die aktuelle Ausstellung „He, Fräulein!“ und brachte dabei kuriose Aspekte zutage wie das Lehrerinnen-Zölibat und die Ledigensteuer (erst seit 1951 konnten Lehrerinnen in Westdeutschland eine Familie gründen und weiterhin berufstätig sein).

Gesine Agena, Frauenpolitische Sprecherin im Bundesvorstand der Grünen.

Im Anschluss an die Museums-Führung begrüßte Grünen-Kreisrätin Doris Kienle die (vor allem weiblichen) Gäste im Kino-Foyer und stimmte sie auf den Abend ein.

"Erste zaghafte Frauenquote“

"Haben wir die Gleichstellung von Männer und Frauen erreicht? Oder müssen wir uns mit einem Rollback auseinandersetzen?" -  in ihrer Standortbestimmung zählte Gesine Agena Errungenschaften der Gleichstellung auf wie „eine erste zaghafte Frauenquote“ und das Entgeltgleichstellungsgesetz, dass die Koalition anstrebt. Die Gesetze seien aber noch lange nicht ausreichend, zumal die Quote nur für 100 Großunternehmen gilt und das Entgeltgleichstellungsgesetz lediglich Unternehmen ab 200 Angestellte betrifft. Die klassischen Frauenberufe in Pflege und Erziehung seien nach wie vor schlecht bezahlt.

"Wir sind nicht am Ziel!“

Wir haben viel erreicht, aber wir sind nicht am Ziel!“, so das Fazit Agenas. Eine große Gefahr in Richtung auf ein Zunichtemachen schwer erkämpfter Errungenschaften sieht sie in rechten Kräften wie „AfD, Donald Trump & Co“, die nach dem Motto „Kinder statt Masseneinwanderung“ zurück wollen zum traditionellen Geschlechterrollenverständnis und Familienbild. Agena appelliert - nicht nur an die anwesenden Frauen - sich nicht in die Defensive drängen zu lassen: „Wir müssen diese Herausforderungen annehmen und dürfen keinen Zentimeter zurückweichen!“. 

"Bezahlte und unbezahlte Arbeit teilen"

In der anschließenden Diskussionsrunde wurde kritisiert, dass Frauen durch die Erziehungszeit schnell den Anschluss an den Beruf verpassen und Frauen in gebärfähigem Alter nach wie vor nicht gerne eingestellt werden. „Jede Frau sollte in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern“, meinte u.a. Corinna Steiger. Andere Arbeitszeitmodelle („Teilzeit nicht nur zur Überbrückung“) könnten gewährleisten, dass Männer und Frauen sich sowohl die bezahlte als auch die unbezahlte Arbeit zuhause teilen. Gefordert wurde in diesem Zusammenhang auch, das Ehegattensplitting, das Frauen nach der Scheidung benachteilige, durch ein obligatorisches Rentensplitting zu ersetzen.

Falsch verstandener Genderbegriff

Ein weiteres Thema der lebhaften Diskussion war die Erziehung. Eine der engagierten Frauen aus dem Zuhörerkreis wies darauf hin, dass die Mütter bei der Kindeserziehung das Geschlechterverständnis prägen und sich ihrer Verantwortung diesbezüglich stärker bewusst sein sollten („Nicht hinterherräumen, sondern liegenlassen!“). Sinnvoll wäre es außerdem, mehr an Schulen und Kindergärten heranzugehen. Mehrfach betont wurde aber auch, dass es in der Genderpolitik nicht darum gehe, die Geschlechter aufzuheben. 

"Seid mutig" - forderte Gesine Agena die Frauen auf, sich zu engagieren. Sie versprach, die Botschaften des Abends mit nach Berlin zu nehmen. Ihr Ziel sei es, dass die Grünen verstärkt als Frauenpartei wahrgenommen werden, erklärte die Bundespolitikerin zum Abschluss.

Unser Vorschaubild: Corinna Steiger, Sprecherin Kreisverband Memmingen Bündnis 90 /Die Grünen und Grünen-Kreisrätin Doris Kienle (rechts) überreichen Gesine Agena Wegzehrung für die Rückfahrt nach Berlin.