Den Tagen mehr Leben geben

Möglichkeiten der Palliativmedizin

veröffentlicht am 22.04.2024

Dr. Kai Witzel referierte zum Thema „Meine Autonomie und mein Sterben“. Foto: Svenja Gropper

Memmingen (sg). Früher oder später kommt der Moment, in dem wir uns mit dem eigenen Sterben auseinandersetzen müssen, am besten frühzeitig und selbstbestimmt. In einem kurzweiligen Vortrag zum Thema Palliativmedizin unter dem Titel „Meine Autonomie und mein Sterben“ hat Prof. Dr. Dr. Kai Witzel sowohl medizinische also auch spirituelle und ethische Aspekte dazu beleuchtet.

Berührend und anschaulich brachte Witzel im kleinen Saal der Stadthalle rund 130 interessierten Zuhörern - darunter Angehörige von Patienten, medizinisches Fachpersonal sowie interessierte Bürger - das (Tabu-)Thema Sterben und Tod ein Stück näher. Organisiert wurde der Vortragsabend vom Regionalverband Allgäu-Oberschwaben der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e. V..

Die Angst nehmen

„Es geht um Würde und es geht um Autonomie“, so Witzel einleitend. Autonomie sei jedoch immer relativ, da Menschen letztlich immer zueinander in Beziehung stehen. Dazu zähle auch die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Arzt und Patient in der Palliativmedizin. Im Vordergrund stehe ganz oft die „Angst vor dem Tod“, die Ängste vor Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Verwirrtheit und Schwäche umfasse. Die Linderung der körperlichen Schmerzen sei heutzutage sehr gut möglich, so Witzel. Zentral sei das Gefühl der Angst der Patienten – und eine Linderung durch gesunde Beziehungen wie das im Zimmer spielende Enkelkind, das Halten der Hand und vor allem ein Mit-Aushalten der Situation die beste Therapie, und dennoch bleiben die Bedürfnisse individuell.
„Total Pain“, ein Fachbegriff aus der Palliativmedizin - übersetzt „ganzheitlicher Schmerz“- meint physische, psychische, soziale und spirituelle „Schmerzen“ am Lebensende. „All diese Schmerzen müssen besprochen werden, ausgesprochen werden dürfen“, betont Witzel.
„Gute Palliativmedizin kann dem Leben mehr Tage geben, aber auch den Tagen mehr Leben“, fasst der erfahrene Mediziner und Theologe zusammen.

Vorsorge treffen

Dafür sei es auch wichtig, Vorsorge zu treffen und sich frühzeitig mit dem Ende des eigenen Lebens zu beschäftigen, mit Herzensmenschen darüber zu reden und eine Vorsorgevollmacht sowie eine Patientenverfügung zu verfassen. Denn nur dann können im Ernstfall gute Entscheidungen getroffen werden, unterstreicht Witzel und fügt hinzu: „Wenn alles gut geregelt ist, kann Ihnen niemand die eigene Würde nehmen.“