Wirtschaft: Keine Trendwende in Sicht

veröffentlicht am 08.02.2024

IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen (links) und IHK-Präsident Reinhold Braun präsentieren die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn 2024. Foto Copyright: IHK Schwaben

(dl). Die Stimmung in der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft bleibt weiter auf niedrigem Niveau. Die aktuelle Geschäftslage hat sich weiter verschlechtert hat, die Erwartungen haben sich dagegen geringfügig verbessert.

„Der IHK-Konjunkturindex erreicht zwar die Wachstumsschwelle von 100 Punkten, bleibt aber noch immer deutlich hinter seinem zehnjährigen Durchschnitt von 118 Punkten zurück. Eine konjunkturelle Trendwende ist nicht in Sicht“, stellt Dr. Marc Lucassen, Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben, bei der Vorstellung der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage fest. IHK-Präsident Reinhold Braun: „Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden als wachsendes Hemmnis für die Wirtschaftsentwicklung wahrgenommen. Zwei Drittel aller befragten Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen sehen darin das größte Risiko ihrer zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung.“

Vom 8. bis zum 18. Januar 2024 hat die IHK Schwaben einen repräsentativen Querschnitt ihrer Mitgliedsunternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen zur aktuellen Lage, den Erwartungen und den größten konjunkturellen Risiken befragt. Über 900 Unternehmen haben geantwortet.

Die Lage verschlechtert sich, die Erwartungen hellen sich nur wenig auf

Die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage hat sich weiter verschlechtert, die Zahl der Unternehmen mit einer derzeit schlechten Geschäftslage steigt.

Bürokratie hemmt zusätzlich

Lucassen: „Der regionalen Wirtschaft fehlen die Wachstumsimpulse aus dem Inland und dem Ausland Daneben fühlen sich die Unternehmen durch die überbordende Bürokratie in ihrem Handlungsspielraum stark eingeengt.“

„Besorgniserregend ist, dass der Pessimismus anhält. So erwartet annährend jedes dritte Unternehmen, dass sich seine Geschäftslage verschlechtern wird. Dagegen liegt der Anteil der Unternehmen, die von einer verbesserten Geschäftslage ausgehen bei lediglich 17 Prozent“, erklärt der IHK-Hauptgeschäftsführer die Entwicklung des IHK-Konjunkturindex.

Viele Branchen schrumpfen weiter, einziger Lichtblick sind die Dienstleistungen

Die branchenspezifischen Konjunkturindizes und damit die Beurteilungen der aktuellen Geschäftslage und der Erwartungen nähern sich an. Dennoch bleiben deutliche Unterschiede zwischen den Branchen bestehen. An der Spitze stehen die Dienstleistungen für Unternehmen mit einem Konjunkturindex von 121 Punkten. Am Ende steht das Baugewerbe mit 75 Punkten. Alle weiteren Branchen verharren knapp unter der Wachstumsschwelle von 100 Punkten.

Die Industrie wartet vergeblich auf positive Impulse aus dem Ausland

„Die Industrie ist besonders stark vom Auslandsgeschäft abhängig. Umso schwieriger ist es, dass sich das aktuelle Auftragsvolumen aller wichtigen Weltregionen rückläufig ist“, so Lucassen. Und auch das erwartete Auftragsvolumen verheißt wenig Gutes. Einzig aus Nordamerika erhofft sich die heimische Industrie mehr Aufträge als bisher. Lucassen dazu: „Ob und in welchem Umfang die Industrie vom erwarteten Wachstum der Weltwirtschaft in 2024 profitieren wird, ist noch offen. Die geopolitischen Krisen beispielsweise in der Ukraine oder im Gaza-Streifen bleiben ungelöst und die wirtschaftlichen Folgen der US-Wahlen im Herbst sind derzeit schwer abzuschätzen. Auch wartet die heimische Wirtschaft noch immer auf eine passende Antwort Europas auf den Inflation Reduction Act der US-Regierung.“

Steigende Risiken: Schlechte wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, fehlende Arbeits- und Fachkräfte und nicht wettbewerbsfähige Energie- und Rohstoffpreise

Viele wirtschaftlichen Risiken bleiben bestehen. Die größten Risiken sind quer über alle Branchen hinweg die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (67 Prozent), der Arbeits- und Fachkräftemangel (58 Prozent), die Energie- und Rohstoffpreise (ebenfalls 58 Prozent), sowie die Inlandsnachfrage (56 Prozent). „Die Energie- und Rohstoffpreise haben zwar etwas an Bedeutung verloren, bleiben nach dem Arbeits- und Fachkräftemangel dennoch das drittgrößte Risiko für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung. An der Spitze steht unverändert das hausgemachte Problem der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen“, erläutert Braun. Die weiterhin hohe Inflationsrate drückt auf die Kauflaune der Verbraucher und belastet damit vor allem den Einzelhandel, während die Energie- und Rohstoffpreise insbesondere in der Industrie und im Reise- und Gastgewerbe auf die Stimmung drücken.

Zu wenig Investitionen, Wachstumspotentiale bleiben ungenutzt

Die Investitionsabsichten der Unternehmen im Inland verharren auf niedrigem Niveau. Seit Herbst 2023 sind sie weiter gesunken und liegen im negativen Bereich. Lucassen: „Ohne Investitionsschub droht ein Verlust der wirtschaftlichen Substanz, der erst in Jahren spürbar wird.“ Seit nunmehr zwei Jahren planen mehr Unternehmen im Ausland, statt im Inland zu investieren – insbesondere Kapazitätserweiterungen finden tendenziell vermehrt im Ausland statt. Besonders bedrohlich ist, dass Produktinnovationen als Investitionsmotiv nur eine untergeordnete Rolle spielen, auch wenn sich hier zu Jahresbeginn eine leicht positive Entwicklung andeutet.

Bürokratie abbauen, Energiekrise meistern und Potenziale am Arbeitsmarkt heben

„Die vordinglichste Aufgabe der Politik bleibt es, wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für die heimische Wirtschaft herzustellen. Dazu gehört, dem Bürokratiewahnsinn endlich Einhalt zu gebieten. Wir müssen alle brachliegenden Potenziale am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt heben und die Energiepreise auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau senken“, stellt Braun fest und ergänzt: „Der Wirtschaftsstandort Bayerisch-Schwaben tritt auf der Stelle. Seine innovativen Wachstumspotenziale bleiben ungenutzt. Solange wir unsere strukturellen Probleme hierzulande nicht lösen, verlieren wir wirtschaftlich weiter an Boden.“