Memmingen (dl/as). Um die Interessen der Stadt zu wahren, beantragen die Stadtratsfraktionen von ÖDP und Bündnis 90/Die Grünen, dass sich die Stadt Memmingen offiziell gegen die EU-Verhandlungen zu den Freihandelsabkommen CETA, TTIP und TISA
„in der derzeit bekannten und verhandelten Form“ ausspricht.
„Bei den derzeit verhandelten ‚Freihandelsabkommen‘ TTIP, CETA und TISA handelt es sich um eine neue Generation von bi- und multilateralen Handelsverträgen, die eine Machtverschiebung zum Ziel haben, weg von demokratisch gewählten Politikern, hin zu multinationalen Konzernen. Diese Art von Verträgen stellt einen massiven Eingriff in unsere kommunale Gestaltungshoheit und unsere kommunale Selbstverwaltung dar“, heißt es in der Beschlussvorlage für den Stadtrat.
"Das entspricht nicht unserem Verständnis von Demokratie"
Obwohl Städte und Kommunen direkt betroffen seien, würden die kommunalen Spitzenverbände (Städte- und Gemeindetag, sowie Landkreistag) nicht in die Verhandlungen eingebunden. „Das entspricht nicht unserem Verständnis von Demokratie“, so die Fraktionsvorsitzenden Bernhard Thrul und Prof. Dr. Dieter Buchberger. „Daher fordern wir für die kommunalen Spitzenverbände einen vollständigen Einblick in alle Verhandlungsdokumente sowie die Einbeziehung der kommunalen Spitzenverbände in die Verhandlungen.“
Zwischen Staaten mit funktionierendem Rechtssystem sei eine Investitionsschutzklausel überflüssig, so die Fraktionssprecher zu dem geplanten „Investitionsschutz“ für Konzerne. „Private Schiedsgerichte“würden grundlegende Prinzipien des Rechtsstaates unterlaufen und Konzerne mächtiger machen als demokratisch gewählte Regierungen.
„Einen solchen Eingriff in unsere kommunale Entscheidungshoheit lehnen wir ab“, so die Sprecher auch in Hinblick darauf, dass auch die Beschlüsse von Städten und Gemeinden Anlass für solche Klagen sein können. „Dies würde dazu führen, dass wir uns in vorauseilendem Gehorsam bei jeder unserer Beschlüsse überlegen müssten, ob sie eventuell die Gewinnerwartungen eines Konzerns schmälern würden und somit eine Klage gegen den Staat nach sich ziehen könnten.
Eingriff in kommunale Daseinsvorsorge und Selbstverwaltung
Die Fraktionen von ÖDP und Grünen fürchten negative Auswirkungen auf die Organisationshoheit der Stadt und ihre Handlungsautonomie in den bereichen der kommunalen Daseinsvorsorge und im Dienstleistungssektor: "Das Gemeinwohl muss in diesen sensiblen Bereichen weiterhin im Vordergrund stehen".
Eine weitere Folge sei die Schwächung der lokalen Unternehmen: "Unsere mittelständischen Unternehmen dürften nicht mehr bevorzugt werden." Dadurch käme es außerdem zu einer Minderung der Gewerbesteuereinnahmen.
Stillstandsklausel und Ratchet-Klausel
Die Stillstandsklausel und die Ratchet-Klausel legen fest, dass eine einmal beschossene Liberalisierung nie wieder aufgehoben werden darf. So besagt die Ratchetklausel, dass ein staatliches Unternehmen wie etwa das Wasserwerk, das einmal von einem privaten Investor gekauft wurde, niemals wieder rekommunalisiert werden darf. "Solche 'Endgültigkeitsklauseln' lehnen wir als Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung ab", so die Fraktionsvorsitzenden.
Abschließend weisen Thrul und Buchberger darauf hin, dass der Bayerische Städtetag Resolutionen in diesem Sinne für politisch sinnvoll erachte, "um den notwendigen politischen Druck auf die Verhandlungsführer bei der EU-Kommission und auf die Europaabgeordneten, wie im übrigen auch auf die Bundestagsabgeordneten aufrecht zu erhalten". Entsprechende Stadtratsresolutionen werden für die Herbstsitzungen werden in den Städten München und Nürnberg vorbereitet.