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"Es liegt mir einfach, herum zu schwadronieren" - Torsten Sträter im Kaminwerk

veröffentlicht am 21.07.2014

Torsten Sträter Torsten Sträter

Memmingen (as). Er ist Comedy-Schriftsteller, Slam-Poet und Kabarettist und schreibt am liebsten Horrorgeschichten über den Wahnwitz des bzw. seines Lebens. "Bei all dem Quatsch, den ich erzähle, müssen Sie bedenken, wo ich herkomme", erklärt der Dortmunder Torsten Sträter dem Meilen-Publikum im Kaminwerk - wenn er denn mal zu Wort kommt zwischen den Lachsalven, die seine Frotzeleien und Bekenntnisse auslösen. "Es liegt mir einfach, herum zu schwadronieren",  sagt der Mann mit der Mütze über sich.

Und wahrlich, Torsten Sträter ist eine Plaudertasche. Statt zum Vorlesen seiner "Alltagshumoresken", kommt der Mann mit der angenehmen, sonoren Stimme bis zur Pause - passsend zum Tutel seines Programms "Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben" vom Hundertsten ins Tausendste. Jedes Geräusch, jedes Wort, jede Geste aus dem Publikum inspiriert ihn zu einem Scherz, einem Wortspiel oder einer Anekdote.

"Ich amüsiere mich jetzt schon besser als Ihr", verkündet er nach einer Weile, doch das ist kaum möglich. Nach dem Abend mit Torsten Sträter hätte man genügend Material für eine Studie über menschliches Lachverhalten. Zudem ist für "zwischen Schlümpfen und Häusern aus Pilzen aufgewachsene" Memminger, so der Dortmunder, Frohsinn wohl die natürlichste Daseinsform.

Immerhin kommt Memmingen ("auf Google Maps darstellbar im Maßstab 1:1") besser weg als Tuttlingen ("ein Ort der nur gemäht werden muss"): Ausführlich berichtet Sträter von seinem traumatischen Auftritt dort vor einem völlig humorresistenten Publikum älteren Semesters, der ihm immerhin die Tuttlinger Krähe beschert hat. Überhaupt ist Selbstironie eine Spezialität des überzeugten Strickmützenträgers ("ich schwitz' da rein; sonst sickt alles voll").

"Nachts sind die Süßigkeiten stärker als ich"

Zumindest scheint der "Wolfgang Petry unter den Geschichtenerzählern", wie er sich selbst bezeichnet, durchaus Verbesserungsbedarf zu sehen, was die eigene Person betrifft. Wahrscheinlich sind es nicht zuletzt diese selbstkritische Seite und seine genussvoll karikierten Schwächen, die den Mann mit dem Ruhrpottcharme so unwiderstehlich sympathisch machen. So kann sein Faible für Zuckerzeug ("nachts sind die Süßigkeiten stärker als ich") schon mal in eine Nutella-Orgie münden.

Wie all seine Geschichten haben auch "Diät-Tagebuch I und II", aus denen der 47-Jährige später vorliest, einen realen Hintergrund. Doch Sträters Affinität zu Übertreibungen und sein frappierender Wortfindungssinn verzerrt sie zu bisweiligen wahnwitzigen und schwarzhumorigen, pointierten Kurzgeschichten.

So münden die Selbstversuche mit Diät und Fitness nicht etwa in einem ansehnlichen Six-Pack, "auf dem man Hartkäse reiben kann", sondern im OP-Saal, wo der "Spartaner in mir" sich seine totale Niederlage eingestehen muss. (Überhaupt kreisen die Geschichten auffällig oft um den Verdauungstrakt, was Sträter auf sein fortgeschrittenes Alter zurückführt.)

"Je oller, je doller": Der gelernte Herrenschneider Sträter hat seine Poetry und Comedy-Karriere erst mit 40 begonnen und bereits zahlreiche renommierte Preise eingeheimst wie das Passauer Scharfrichterbeil und den Publikumspreis des Prix Pantheon. Das Memminger Publikum ehrte ihn mit Beifallsstürmen.