Memmingen (as). Im Juni eröffnete der Schweizer FoodTech-Pionier Planted seine neue Produktionsstätte in Memmingen. Die LOKALE sprach mit Dr. Judith Wemmer, Mitgründerin der Planted Foods AG, über die Pläne und Ziele des Unternehmens.
Frau Dr. Wemmer, Planted wurde 2020 in Kemptthal (Schweiz) gegründet. Was ist Ihre Vision – wo sehen Sie das Unternehmen, insbesondere auch den Standort Memmingen, in fünf Jahren in Bezug auf Mitarbeiterzahl, Produktionsvolumen und Marktpräsenz?
Unsere Vision ist es, das führende Unternehmen für biostrukturierte pflanzliche Proteine zu werden. Der Standort Memmingen mit Fokus auf unsere Fermentationstechnologie spielt dabei eine zentrale Rolle. In der nahen Zukunft und in der ersten Ausbauphase sehen wir hier ein etabliertes Werk mit über 50 Mitarbeitenden, das täglich über 20 Tonnen pflanzliches Fleisch produziert – insbesondere für den deutschen und europäischen Markt. Wir möchten in Memmingen nicht nur wirtschaftlich wachsen, sondern auch ein Vorreiter für nachhaltige Industrie in der Region sein.
Warum fiel die Wahl für den neuen Produktionsstandort auf Memmingen? Was waren die ausschlaggebenden Kriterien?
Deutschland ist unser wichtigster Exportmarkt. Memmingen hat uns mit seiner strategischen Lage, der guten Verkehrsanbindung, einer innovativen Infrastruktur und nicht zuletzt mit der Partnerschaft zur Alois Müller Gruppe überzeugt. Die Nähe zu unseren Kunden und die Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren waren entscheidend.
Hat die administrative Zusammenarbeit mit der Stadt Memmingen gut funktioniert? Gab es Stolpersteine oder lief alles reibungslos?
Die Zusammenarbeit mit der Stadt war von Anfang an sehr lösungsorientiert und partnerschaftlich. Wir haben uns rundum willkommen und gut aufgehoben gefühlt. Dafür sind wir der Stadt und ihren Vertretern sehr dankbar. Ohne die politische Unterstützung von Oberbürgermeister Jan Rothenbacher hätten wir es nicht geschafft, die Produktion so schnell zu öffnen. Es gibt vor Ort ein starkes Industrienetzwerk mit viel Expertise im Lebensmittelbereich und viel unternehmerischem Spirit. Es ist spürbar, dass die lokale Politik gezielt darauf hinarbeitet, die Wirtschaft vor Ort nachhaltig zu stärken.
Sie suchen Produktionsmitarbeiter – welche Qualifikationen und Berufserfahrungen sind Ihnen dabei besonders wichtig?
Wir suchen Fachkräfte aus Technik, Verfahrenstechnik, Biotechnologie, Qualitätsmanagement, Logistik und weiteren Bereichen. Wichtig sind uns neben fachlicher Kompetenz auch Teamgeist, Innovationsfreude und das Interesse, gemeinsam an einer nachhaltigen Zukunft der Proteinernährung zu arbeiten.
Was bedeutet „Green Technology“ für Planted in der täglichen Praxis? Ist echte Nachhaltigkeit in der industriellen Lebensmittelproduktion überhaupt realistisch möglich – und wirtschaftlich tragfähig?
Für uns ist Nachhaltigkeit kein Nebenschauplatz, sondern Grundlage unseres Handelns, vom Rohstoffeinkauf über den Produktionsprozess bis zur Verpackung. Ja, echte Nachhaltigkeit in der industriellen Lebensmittelproduktion ist möglich, dies zeigen wir mit unseren beiden Standorten in Kemptthal und Memmingen, wenn man den bereit ist, konsequent zu investieren und Verantwortung zu übernehmen.
Planted setzt auf biostrukturierte Proteine – können diese das tierische Fleisch wirklich in Geschmack, Nachhaltigkeit, Gesundheit, Produktivität und Preis übertreffen? Wie gelingt das konkret?
In vielerlei Hinsicht: Ja. Geschmack, Nachhaltigkeit, Gesundheitsvorteile und Ressourceneffizienz sprechen klar für pflanzenbasiertes Fleisch. Unser Anspruch ist es, nicht nur eine Alternative zu bieten, sondern die bessere Wahl.
Ihr Anspruch ist es, pflanzenbasiertes Fleisch ohne Zusatzstoffe herzustellen. Wie erreichen Sie trotz Verzicht auf künstliche Zusätze einen fleischähnlichen Geschmack und eine passende Textur?
Durch ein großes Investment in Forschung und Entwicklung sowie präzise gesteuerte Fermentations- und Extrusionstechnologie. Wir arbeiten mit wenigen, natürlichen Zutaten und verlassen uns auf Technologie und Forschung, nicht auf künstliche Hilfsmittel.
Mit dem planted.steak haben Sie ein besonders innovatives Produkt auf den Markt gebracht. Was macht gerade dieses Produkt so erfolgreich?
Das planted.steak ist das Ergebnis jahrelanger Forschung. Unsere Whole-Muscle-Plattform erlaubt es, pflanzliches Fleisch auf einem neuen Qualitätsniveau herzustellen, mit echter Faserstruktur, überzeugendem Geschmack und rein natürlichen Zutaten. Das trifft den Nerv des Geschmacks vieler Konsumenten. Wir bekommen insgesamt sehr positives Feedback zu unserem Steak. Es handelt sich um ein Produkt einer völlig neuen Generation innerhalb dieser Kategorie und es zeigt eindrucksvoll, welches Potenzial in diesem Bereich steckt. Das merken wir auch an der Resonanz bei den Einkäufern.
Sie bezeichnen es als Ihre Mission, die Welt durch den Verzicht auf tierisches Fleisch ein Stück besser zu machen. Wie kam es zu dieser Berufung – war es eine persönliche Entscheidung oder eher eine unternehmerische Vision?
Die Idee zu Planted entstand aus der Überzeugung heraus, dass unser aktuelles Proteinernährungssystem nicht zukunftsfähig ist. Für mich persönlich ist es eine Herzensangelegenheit, Teil einer Veränderung zu sein, die sowohl unserer Umwelt als auch unserer Gesundheit zugutekommt.
Das Thema Fleischersatz polarisiert – wie begegnen Sie gesellschaftlicher Skepsis gegenüber pflanzlichen Alternativen?
Wir setzen auf Transparenz, Dialog und Qualität. Wenn Menschen unsere Produkte probieren und verstehen, wie sie hergestellt werden, überzeugen sie sich oft selbst. Es geht uns nicht um Ideologie, sondern um eine praktische, leckere sowie gesunde Lösung, die Spaß macht.
Wie möchten Sie die Menschen in Memmingen und der Region künftig stärker in Ihre Unternehmensphilosophie einbinden?
Wir möchten langfristig ein verlässlicher Partner in Memmingen sein. Wirtschaftlich, aber auch gesellschaftlich. Durch Arbeitsplätze, Bildungspartnerschaften, Events oder Kooperationen mit lokalen Betrieben wollen wir Planted hier fest verankern.
Was wünschen Sie sich für die Entwicklung des Standorts Memmingen – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der Stadt, den Menschen vor Ort und die lokale Identität?
Wir sehen großes Potenzial darin, gemeinsam mit der Stadt, den lokalen Behörden und den Menschen vor Ort eine lebendige Verbindung zwischen Industrie, Innovation und regionaler Identität zu gestalten. Unser Wunsch ist eine enge, offene und zukunftsorientierte Zusammenarbeit, mit der Stadt, der Bevölkerung und der gesamten Region. Ziel ist es, etwas aufzubauen, das ökologisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich nachhaltig ist und auf das alle Beteiligten mit Stolz blicken können.