Die Lokale Memmingen
Gefro AOK JB Sport Enerix Elektro Rauch Brommler Golfclub Memmingen Innoverta Landestheater Schwaben Cineplex Kaminwerk Memmingen FC Memmingen Rechtsanwalt Philipp Hacker Radio AllgäuHit

"Keine kleinen Erwachsenen“ - zweitägiges Kindernotfallsymposium am Klinikum Memmingen

veröffentlicht am 11.02.2015

Unter der Anleitung von Workshopleiterin Dr. Julia Keil (Mitte) üben die Teilnehmer des Memminger Kindernotfallsymposiums, Dr. Katharina Probst aus Frankfurt a. M. (links) und Dr. Kerstin Luhmann aus Pfronten, wie man Kleinkinder reanimiert. Foto: Häfele/Pressestelle Klinikum Memmingen Unter der Anleitung von Workshopleiterin Dr. Julia Keil (Mitte) üben die Teilnehmer des Memminger Kindernotfallsymposiums, Dr. Katharina Probst aus Frankfurt a. M. (links) und Dr. Kerstin Luhmann aus Pfronten, wie man Kleinkinder reanimiert. Foto: Häfele/Pressestelle Klinikum Memmingen

Memmingen (dl/as). Kindernotfälle sind für die wenigsten Ärzte und Rettungskräfte routiniert zu bewältigen und zudem häufig emotional belastend. Um medizinischem Personal die notwendige Kompetenz für Kindernotfälle zu vermitteln, hat das Klinikum Memmingen in Zusammenarbeit mit dem Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München ein zweitägiges Kindernotfallsymposium veranstaltet.

Eine Dreijährige droht an einem verschluckten Luftballon zu ersticken. Ein Baby fällt vom Wickeltisch. Ein Grundschüler wird auf dem Nachhauseweg von einem Auto angefahren. In solch schweren Notfällen ist, aufgrund der anatomischen Andersartigkeit von Kindern und der häufig emotional stark aufgeladenen Situation, besonderes medizinisches und psychologisches Know-how gefragt.

Da Notfälle mit Kindern relativ selten vorkämen, seien Ärzte und Rettungskräfte auf diesem Gebiet oft weniger routiniert, erklärt der Organisator und leitende Notarzt Dr. Ruppert Grashey vom Klinikum Memmingen. Nur rund fünf Prozent aller Notarzteinsätze seien Kindernotfälle wie Schädelhirnverletzungen nach einem Fahrradunfall, Verbrühungen im Haushalt, Vergiftungen durch Pflanzen oder Chemikalien, Kindesmisshandlungen oder Erstickungsnotfälle durch Fremdkörper in den Atemwegen.

Kinder "funktionieren" anders als Erwachsene

„Kinder haben nicht nur eine andere Physiologie, andere Vitalwerte und eine empfindlichere Psyche als Erwachsene“, betont Grashey. "Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie haben eine viel höhere Herzfrequenz und bei den noch unreifen Organen wie Leber und Niere funktioniert der Medikamenten- und Narkoseabbau anders als beim Erwachsenen", so der Anästhesieoberarzt.

Da Kinder eine niedrigere Sauerstoffreserve haben, können sie eine Atemnot viel schlechter kompensieren. Daher ist, noch mehr als bei Erwachsenen, Schnelligkeit gefragt. „Allerdings kann ein Beatmungsschlauch aufgrund der viel engeren Luftröhre und der schnell anschwellenden Schleimhäute im Rachenraum schlechter gelegt werden“, erklärt der Kinderintensivmediziner Dr. Ralf Pallacks vom Klinikum Memmingen.

Wiederbelebung und Psychotraumatologie

In Workshops übten die Teilnehmer aus einem Umkreis von rund 100 Kilometern das Legen von Infusionszugängen oder die Wiederbelebung an Babypuppen. Auch Grundlagen der Psychotraumatologie für den Umgang mit betroffenen Eltern wurden beim Kindernotfallsymposium in Rollenspielen geübt.

„Von den 80 Stunden, die ein deutscher Notarzt ausgebildet wird, wird nur vier Stunden lang das Thema Kindernotfälle unterrichtet“, erklärt Mitorganisator Dr. Hoffmann. „Das ist viel zu wenig. Deswegen sollten solche Kurse verpflichtend sein und von der Krankenkasse statt aus dem eigenen Portemonnaie bezahlt werden“, resümiert der Kindernotfallmediziner.