
Endlich hat er mal das Steuer in der Hand: Gregor Schleuning mimt einen von seiner Gattin (Delia Rachel Bauen) dominierten Vater. Fotos: Karl Forster
Memmingen (as). Was passiert, wenn man die Liebe auf die Bühne bringt – mit all ihren Widersprüchen, Absurditäten und Glücksmomenten? Das Musical „I love you, you’re perfect, now change!“ zeigte es bei seiner Premiere im Großen Haus auf ebenso amüsante wie berührende Weise. Das Publikum feierte die temporeiche Revue mit großem Applaus und mehreren Zugaben.
Das Erfolgsstück von Joe DiPietro (Text) und Jimmy Roberts (Musik) feierte 1996 am "New Yorker Westside Theatre" Premiere und gehört seither zu den beliebtesten Off-Broadway-Musicals. Mit feinem Humor und einer guten Portion Ironie beleuchtet das humorvolle Beziehungskaleidoskop die Höhen und Tiefen des modernen Paarlebens – vom ersten Date über das Ehechaos bis hin zur zarten Liebe im Alter.
In Memmingen hat Intendantin Sarah Kohrs das Stück mit frischem Blick inszeniert: temporeich, charmant, mit aktuellen Bezügen zu Online-Dating, Handy-Kultur und queeren Lebensrealitäten. So spannt sie einen bunten, modernen Liebesbogen, der das Publikum gleichermaßen zum Lachen und Nachdenken bringt.
Sechs Darsteller in über fünfzig Rollen
Ein besonderes Vergnügen ist die schauspielerische und musikalische Vielfalt des Ensembles: Delia Rachen Bauen, Gabriela Fischer, Roberta Monção, Harald Schröpfer, Klaus Philipp und Gregor Schleuning (der kurzfristig für Joël Dufey einsprang) verkörpern in 17 Szenen mehr als 50 Figuren. Mit Spielfreude, Witz und großem Gesangstalent stürzen sie sich in die Irrungen und Wirrungen der Liebe – mal als nervöses Blind-Date-Paar, mal als genervte Eltern oder als gebrechliche Senioren, die sich auf einer Totenwache finden.
Besonders eindrucksvoll: die rasanten Rollen- und Kostümwechsel, die das Ensemble scheinbar mühelos meistert. Dabei changieren die Figuren zwischen Hoffnung, Verzückung, Neurose und Verzweiflung – immer mit einem Augenzwinkern und oft erschreckend nah an der Realität.
Szenen voller Wiedererkennung und Witz
Kohrs lässt den Abend wie ein Reigen aus kleinen Beziehungsepisoden ablaufen – mal urkomisch, mal zärtlich, mal bitter-süß. Ein Paar kämpft beim ersten Date mit Verklemmtheit und Erwartungen, ein anderes managt das Kennenlernen im Zeitraffer. Ein Vater verhandelt mit seinen Kindern über Schlafenszeiten, nur um endlich wieder Intimität mit seiner Frau zu finden. Und im vielleicht rührendsten Moment des Abends begegnen sich zwei alte gebrechliche Menschen auf einer Totenwache – und tanzen beherzt dem neuen Glück entgegen.
Bühnenbild mit Herz
Ausstatterin Monika Gora setzt auf ein starkes, einprägsames Symbol: ein übergroßes pinkfarbenes Herz dominiert die Bühne und wird immer wieder neu bespielt. Es dient als Raum für Begegnung, Sehnsucht und Scheitern – und wird durch geschickte Lichtwechsel und Projektionen zu einem lebendigen Organ der Inszenierung.
Ein Höhepunkt des etwa zweieinhalbstündigen Theaterabends vor der Pause: die Hochzeit eines jungen Paares, hin- und hergerissen zwischen den Entmutigungen eines diabolischen Pfarrers und den Beschwörungen rosazuckersüßer Trauzeuginnen.
Musik durch alle Spielarten
An dieser Stelle schwindet der Gazevorhang und hinter dem riesigen vertikalen Herz im Bühnenhintergrund werden die drei Musiker der „Lonely Hearts Club Band“ sichtbar, die quer durch alle Spielarten der Musik für Schwung, Emotion und Abwechslung sorgen und dem Geschehen auf der Bühne ein stimmungsvolles Ambiente verleihen.
Ein Abend voller Charme und Humor
Mit „I love you, you’re perfect, now change!“ ist dem Landestheater Schwaben eine rundum gelungene Produktion geglückt – kurzweilig, klug und voller Esprit. Sarah Kohrs verbindet pointierte Komik mit liebevoller Beobachtungsgabe, das Ensemble brilliert durch Spielfreude und Präzision.
Das Publikum dankte mit begeistertem Applaus – und verließ das Theater mit einem Lächeln und der Erkenntnis: Perfekt ist in der Liebe niemand, sie ist und bleibt rätselhaft und fragil - doch gerade das macht sie irgendwie auch wunderbar.
Die nächste Vorstellung ist am 29. Oktober um 19.30 Uhr im Großen Haus. Karten gibt es unter https://landestheater-schwaben-webshop.tkt-datacenter.net/de/produktion/534ab746-91de-4165-9ff4-df482bd05d90/52