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Unternehmerforum 2015 der Sparkasse: Flüchtlingskrise als wirtschaftliche Chance

veröffentlicht am 30.10.2015

Dr. Jürgen Michels ist seit  Chefvolkswirt und Leiter des Bereichs Volkswirtschaft & Research bei der BayernLB. Michels kommt von Citigroup, London, wo er seit 2008 als Chefvolkswirt für den Euro-Raum zuständig war Dr. Jürgen Michels, Chefvolkswirt und Leiter des Bereichs Volkswirtschaft & Research bei der BayernLB. Bei der Citigroup, London, war er zuvor für den Euro-Raum zuständig. Foto: Sonnleitner

Memmingen (as). Zum Unter-nehmerforum 2015 der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim begrüßte der Vorstandsvorsitzende Thomas Munding zahlreiche Unternehmer aus Industrie und Handwerker in der Stadthalle Memmingen. Dr. Jürgen Michels, Chefvolkswirt der Bayerischen Landesbank, erläuterte seine Einschätzung der aktuellen Situation auf dem Weltmarkt.

Verhalten optimistisch äußerte sich Dr. Jürgen Michels zur aktuellen weltwirtschaftlichen Entwicklung.  “Wir wurschteln uns langsam durch, es wird moderat weiterlaufen, aber es herrscht keine Partystimmung“, lautete sein Fazit. Den sich erholenden Industrieländern stehe die vor allem schuldenbedingte Problematik der Schwellenländer gegenüber. Immerhin: Trotz der Turbulenzen an den Kapitalmärkten während der Sommermonate und der globalen Verunsicherung durch die Wirtschaftskrise in China, die das Wachstum in den Schwellenländern weiter verringert, prognostiziert der Volkswirt insgesamt einen moderaten globalen Aufschwung um 2,8 Prozent für 2016.

„Dragi interessiert nicht, was heute ist“

Michels kritisierte die Zinspolitik der Zentralbanken und insbesondere der EZB. Ihr Plan, die Konjunktur durch höhere Inflation anzukurbeln, habe - auch wegen des erneuten Rückgangs der Ölpreise - nicht funktioniert. „Die Inflationsrate ist immer noch deutlich niedriger als gewollt“, so Michels. „Dragi interessiert nicht, was heute ist“ - ein leichter Anstieg der Zinsen sei nicht vor 2019 zu erwarten, zumal die US-Notenbank Fed im September keine Zinserhöhung wagte. Derzeit erwägt die EZB sogar eine Ausweitung ihres Anleihekaufprogramms, um die Zinsen am Kapitalmarkt noch weiter nach unten zu drücken.

Insgesamt habe die Wirtschaft im Euro-Raum sieben Jahre nach der Finanzkrise endlich wieder Tritt gefasst, eine dynamische Konjunktur sei jedoch nicht zu erwarten: „Die Investitionen dümpeln dahin, der Kapitalstock schrumpft“. Deutschland müsse die günstige Finanzierungsbedingungen nutzen, um zu investieren, lautet die Empfehlung des Chefvolkswirts. Doch solange die Schuldenproblematik bestehe, werde es „starke Zurückhaltung auf Investitionsseite geben“, so Dr. Michels, der davon ausgeht, dass es zu einem Grexit kommt und auch das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union nicht für unwahrscheinlich hält. Für Deutschland sei es schwierig, sich aus den Verflechtungen zu lösen: "Wenn Deutschland als Gläubiger aus der Währungsunion herausträte, wird‘s kritisch", warnt der Ökonom.

Geopolitische Krise als demographische Chance

Der Flüchtlingsstrom, der zum Teil durch Versagen der europäischen Außenpolitik herbeigeführt worden sei, werde einen positiven Effekt auf die kurzfristige Wirtschaftsentwicklung im Euro-Raum und in Deutschland haben, prognostizierte Dr. Michels. Die zusätzlichen Ausgaben für die Versorgung der Flüchtlinge seien damit nicht nur aus humanitärer Sicht geboten, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht zu begrüßen. Der Zustrom junger Menschen könne verindern, dass das Produktionspotenzial Deutschlands mittelfristig von der Demographie gebremst werde. "Wenn Integration der oftmals gut ausgebildeten Kräfte in den Arbeitsmarkt gelingt, investieren wir in die Sicherung der Sozialsysteme für 20 bis 30 Jahre", meinte der Volkswirt. Dazu müsse es neben Bildungs- und Sprachangeboten auch soziale und kulturelle Projekte geben.

Nach einem Referat von Dr. Frank-Boris Walter, Versicherungskammer Bayern, zum Thema "Betriebliche Krankenversicherung" motivierte Extremsportler Joey Kelly die Gäste mit seinem Vortrag „No Limits – Wie schaffe ich mein Ziel“.