
Memmingen (as). Anfangs noch etwas zögerlichen, doch dann rauschenden Beifall gab es für die A-cappella-Formation "Onair", die Vokalmusik der "etwas anderen Art" auf die Bühne des ausverkauften Antoniersaals brachten. Die Klangkunst der sechs Sänger und Sängerinnen aus Berlin war ein wundervoller "Meilen"-Stein - und fast zu perfekt, um wahr zu sein.
Zwar verwenden auch sie vorwiegend Pop-Songs als Vorlage für eigene Arrangements, doch suchen sie ihre Titel eher im Randbereich des Genres wie im verträumt-mystischen Elektropop der dänischen Sängerin Oh Land ("Wolf and I") oder bei der US-Crossover Band "Race againt the machine", die irgendwo zwischen Heavy Metal, Funk, Punk und Hip Hop einzuordnen ist. Onair intoniert den Sound industrieller Maschinen ebenso überzeugend wie ätherisch-elfenhafte Klänge.
Perfekt aufeinander eingestimmt
Von ihrer Gründung an wollte die Formation anders sein, sich abheben von der Vielzahl der A-cappella-Gruppen. Und dies ist ihnen gelungen. Noch nicht lange auf der Welt als Band, sind die sechs Sänger und Soundkünstler perfekt aufeinander eingestimmt.
Bereits der allererste Auftritt zu Pfingsten 2013 bescherte der Vokalband den 1. Preis beim renommierten Aarhus Vocal Festival in Dänemark. Kaum zwei Monate später heimsten sie das "Goldene Pop-Diplom" beim Gesangswettstreit „vokal.total“ in Graz ein. Und in diesem Jahr erklommen sie bereits als bester Musikact die "Freiburger Leiter".
Die Erfolgsrezeptur basiert auf dem erstklassigen Zusammenspiel von "Beatbox" und Bass. Darauf aufbauend zwei recht helle Männerstimmen und zwei glasklare Soprane. Das Resultat: Vierklänge in "close harmonies", sehr intonationssicher und "sauber" gesungen. Beeindruckend auch ihr Feintuning der Lautstärke.
Vokalkunst mit Tontechnik-Effekten

Onair hat sich der Klangkunst verschrieben. Garniert mit Tontechnik-Effekten wie Hall, Chorus und Delay entstehen Klanglandschaften - mal fantastisch-surreal, mal bizzar-atonal, aber immer perfekt. In Songs wie "Keepbreathing" entfalten sich die Akkorde wie Facetten riesiger Flügel zu sphärisch-schwebenden Harmonien, erinnernd an kultisch- rituelle Gesänge.
In gewisser Weise kann man sagen, sie führen das Genre des A(lla) Cappella auf seine sakralen Wurzeln zurück. Oder sollte man sagen okkult? Eher düster und geheimnisvoll klingt der Sound, in Titeln wie "A little pain is good for the heart". Zu finster wird es allerdings nicht, denn die Moderationen der Sänger sind sympathisch, locker-flockig und charmant.
Disco, Trip-Hop und Volksmusik
Kontrastierend zu Songs mit eher sparsamer Choreographie ertönt auch Disco-Rhythmus aus der Lunge des formidablen Beatboxers der Gruppe, der es auch grandios versteht, ein Sax-Solo zu intonieren - und bei Songs wie "It’s not fair" geht das Publikum dann eifrig mit. Mit dem sehr zart und fein intonierten "Wenn ich ein Vöglein wär" stand auch Volkstümliches auf dem Programm. Ein Höhepunkt: Die Interpretation von "Teardrop". Der Song der Trip Hop Band "Massive Attack" mutete, angereichert mit arabischen und afrikanischen Stilelementen, an wie ein exotisches Tempellied.
Und für alle, die zweifelten, ob die satten Drums - die fetten Technobässe, Snares und High Hats - tatsächlich einer menschlichen Kehle entsprangen, packte der Beatboxer nach der Pause sein vokales Drumset aus. Spätestens dann waren alle Zuhörer überzeugt, es hier mit besonders begabten Stimmartisten zu tun zu haben. Die Begeisterung brach sich schließlich in Standing Ovations Bahn - die mit Zugaben belohnt wurden.