Feierlicher Höhepunkt des Festaktes: Die Übergabe der Urkunde an den Preisträger Christian Streich (Mitte). Ihm zur Seite links: Laudatorin Claudia Roth und Dekan Christoph Schieder. Rechts im Bild: Oberbürgermeister Jan Rothenbacher und Dekanin Claudia Schieder. Fotos: Michael Geiger
Memmingen (as). Ein Plädoyer für Freiheit, Würde und Haltung: Die ehrwürdige Kirche St. Martin bot im Jubiläumsjahr "500 Jahre Zwölf Artikel" den festlichen Rahmen für ein Ereignis, das Vergangenheit und Gegenwart eindrucksvoll verband: die Verleihung des Memminger Freiheitspreises 1525 an den langjährigen Fußballtrainer und Mutmacher Christian Streich.
Eingeleitet von Händels feierlicher „Krönungshymne“ hieß Dekanin Claudia Schieder die zahlreichen Gäste in St. Martin willkommen, unter ihnen auch den Freiheitspreisträger von 2022, Professor Dr. Heribert Prantl.
An Christian Streich gewandt betonte Schieder: „Sie stehen als Preisträger dafür ein, dass sich Fairness, Respekt und Teamgeist nicht nur auf dem grünen Rasen auszahlen – auch in Sachen gelebter Freiheit kommt es auf das richtige Zusammenspiel an.“
Oberbürgermeister Jan Rothenbacher würdigte in seiner Rede den Preisträger als eine Persönlichkeit, die den Fußball weit über das Spielfeld hinaus geprägt habe: „Wir zeichnen in Christian Streich heute einen Menschen aus, der für Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde eintritt. Er verurteilt Rassismus, tritt für Demokratie ein und erreicht damit ein Millionenpublikum. Mich beeindruckt seine Klarheit und Konsequenz, seine starke Stimme, die zugunsten anderer laut wird.“
                    
                
                    Mit seiner unprätentiösen Danksagung aus dem Stegreif beeindruckte Preisträger Christan Streich das Publikum.
"Wegducken ist keine Option"
Die Verbindung von 500-jähriger Freiheitsgeschichte und Gegenwart zog sich wie ein roter Faden durch die Ansprachen. Dekan Christoph Schieder erinnerte an die Haltung der Bauern von 1525, die ihre Forderungen aus dem Glauben heraus formulierten: „Aus einem solchen inneren Halt speiste sich die klare Haltung: Eine Haltung, die beim Wert und bei der Würde eines Menschenlebens keinen Unterschied macht.“ Mit Blick auf das Vorbild Christian Streichs fügte er hinzu: „Wegducken ist keine Option. Stattdessen müssen wir aufrecht einstehen für Menschenfreundlichkeit, gegen Rassismus und Ausgrenzung.“
Leidenschaftliche Laudatio
Besonders eindrucksvoll wurde dieser Gedanke illustriert durch die Laudatio von Claudia Roth, Staatsministerin a.D. für Kultur und Medien, die das Publikum mit einer leidenschaftlichen Rede bewegte. Roth, ihres Zeichens fußballbegeistert und Mitglied der Deutschen Akademie für Fußballkultur, schlug den Bogen von den Zwölf Artikeln der Bauern von 1525 bis in die Fußballstadien der Gegenwart:
„Ihre Zwölf Artikel waren wie ein Flankenlauf ins Offene, wie ein Ball, der das Spielfeld Europas veränderte. Viele bezahlten diesen Mut damals mit ihrem Leben – doch ihre Ideen überdauerten Jahrhunderte. Heute ehren wir einen Mann, der diesen Ball aufgenommen hat, der zeigt, dass Freiheit und Menschenwürde immer wieder verteidigt werden müssen.“
                    
                
                    Claudia und Christoph Schieder, Dekane des Evang.-Luth. Dekanats Memmingen und "Hausherren" in St. Martin.
Das Stadion als Lernort der Demokratie
Mit großer Wertschätzung wandte sie sich direkt an den Geehrten:
 „Lieber Christian Streich, Fußball war bei dir nie ein Spiel allein um Punkte – es ist ein Spiel um Haltung, um Respekt, um Menschlichkeit. Du hast das Stadion zum Lernort der Demokratie gemacht. Du erhebst deine Stimme klar und unmissverständlich, auch wenn es unbequem ist. Und damit bist du Vorbild, Mutmacher und Mahner zugleich.“
Die ehemalige Kulturstaatsministerin ließ keinen Zweifel an der politischen Dimension des Sports: „Fußball sollte in Sachen Haltung immer Champions League sein. Und du zeigst uns: Demokratie ist wie ein Spiel, das nie abgepfiffen wird. Sie braucht Mitspielerinnen und Mitspieler – Menschen wie dich.“
"Eigentlich zu groß für mich"
Unter großem Applaus nahm Christian Streich den Preis entgegen – sichtbar bewegt und in seiner bekannten Bodenständigkeit beinahe ungläubig: „Es ist ein großer Preis, eigentlich zu groß für mich." Er nehme ihn stellvertretend an für alle, die an ihrem Ort Zivilcourage zeigen, betonte Streich. "Ich bin froh, dass ich als Trainer für so viele Menschen eintreten durfte. Etwa die Hälfte der Spieler, die ich trainiere, kommen aus aller Welt – unser Zuhause ist der Fußballplatz. Wir haben voneinander gelernt.“
"Da berühren sich Himmel und Erde"
Zum Abschluss sang der Chor der Kinderkantorei St. Martin das Kinderfestlied "Da berühren sich Himmel und Erde", in das der Bläserchor St Martin und schließlich alle Festgäste einstimmten.
Der Festakt wurde äußerst stimmungsvoll von Konzertchor St. Martin und vom Bachkantatenchor St. Martin unter Leitung von KMD Hans-Eberhard Roß sowie vom Bläserchor St. Martin, geleitet von Rolf Spitz, umrahmt.
Ein besonderer Dank galt der Stifterfamilie des Preisgeldes in Höhe von 25.000 Euro, Isabel Brey und Fritz Brey junior mit seiner Frau.
Info: Der Memminger Freiheitspreis wurde vor 25 Jahren von der Stadt Memmingen und dem Kuratorium „Zwölf Bauernartikel – Memminger Freiheitspreis 1525“ ausgelobt. Bisherige Preisträger sind der ungarische Außenminister Dr. Gyula Horn (2005), der Dichter Reiner Kunze (2009), die pakistanische Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai (2014), der brasilianische Bischof Erwin Kräutler (2016), der Journalist und politische Publizist Prof. Dr. Heribert Prantl (2022) und Fußball-Bundesligatrainer Christian Streich (2025).