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„Wer einmal mit dem Imkern anfängt, hört nimmer auf“

Besuch beim Bienenzuchtverein Memmingen Im Schättele

veröffentlicht am 25.07.2018
Bienenzuchtverein

Die westliche Honigbiene ist nicht aggressiv. Wie Imker Fritz Aldinger demonstriert, kann man sie sogar "streicheln". Fotos: Sonnleitner

Memmingen (as). Ohne die fleißige Biene gäbe es so manche Obst- und Gemüsesorte nicht mehr und deutlich weniger Blumen. In Deutschland sind mehr als 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen auf die Bestäubung der emsigen Helfer angewiesen. „Die Lokale“ besuchte den Lehrbienenstand des Bienenzuchtvereins Memmingen Im Schättele, um mehr über das faszinierende und gefährdete Insekt zu erfahren.

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Der Lehrbienenstand des Bienenzuchtvereins Memmingen Im Schättele.

Die begeisterten Imker Fritz Aldinger und Bürgermeister Dr. Hans-Martin Steiger führten uns durch den landschaftlich reizvoll gelegenen Lehrbienenstand, wo man die Bienen auch bei der Arbeit im Bienenstock beobachten kann. Durch vielfältiges Anschauungsmaterial wird hier der Superorganismus Biene anschaulich erklärt.

140 organisierte Imker sichern im Umkreis das Überleben der Honigbiene „Ohne imkerliche Fürsorge können die Honigbienen heute nicht überleben“, erklärt Fritz Aldinger. Denn die westliche Honigbiene Apis mellifera ist mit der Varroamilbe aus Südostasien infiziert, der im letzten Winter etwa 20 Prozent der deutschen Honigbienen zum Opfer fielen. „Die europäischen Bienen kommt mit diesem Brutparasiten nicht klar, befallene Bienen sind dem Tod geweiht“, so Aldinger. Die erfahrenen Imker schützen die Bienen durch Behandlung mit 60-prozentiger Ameisensäure gegen die Milben. Diese Behandlung ist Pflicht und wird vom Veterinäramt  vorgeschrieben.

"Bedroht sind vor allem die Wildbienen“

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Anhand einer Schautafel erläutert Fritz Aldinger das Leben der Honigbiene. 

„Doch uns liegt nicht nur die Honigbiene am Herzen, von anderen Faktoren stark bedroht sind vor allem die Wildbienen“, erläutert der Biologe Dr. Steiger. Die wachsende Landwirtschaft, einseitige Pollenversorgung durch Monokulturen, giftige Pflanzenschutzmittel, Ackergifte wie Glyphosat, und der schwindende Lebensraum durch versiegelte Flächen sind die Hauptgründe für das Bienensterben. In Europa ist etwa jede zehnte Wildbienenart vom Aussterben bedroht. Darunter leiden nicht nur die pflanzliche und tierische Artenvielfalt, sondern das ganze Ökosystem.

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Das emsige Bienenvolk bei der Arbeit. Die mit dem gelben Dreieck gekennzeichnete Dame ist die Königin (weiter oben, Mitte).

„Memminger Stadtbienen 2018“

„In unserer Region könnte man zum Beispiel Blühstreifen rund um die Maisfelder herum anlegen für den Naturschutz, der Staat müsste die Landwirte dann für den Ertragsausfall entschädigen“, schlägt Dr. Steiger vor. In diesem Zusammenhang verweist der Biologe auf das Projekt „Memminger Stadtbienen 2018“, mit dem die Stadtwerke gemeinsam mit dem Imkerverein Memmingen die Bürger/innen dazu anregen wollen, als Stadtimker in die Bienenhaltung einzusteigen und auch den Wildbienen ein Zuhause zu bieten. Erfreulicherweise beteiligen sich viele Organisationen Schulen, Kindergärten und Wohnungsbaugenossenschaften an der Aktion „Memminger Stadtbienen“.

Dazu können auch Hobbygärtner ihren Beitrag leisten, indem sie es mit dem Gärtnern nicht so genau nehmen. Eine bunte Blumenwiese statt des englischen Rasens kann den Bienen vom Frühjahr bis in den Herbst Pollen liefern. Wildbienen benötigen hohle Stängel, um Eier abzulegen. Auch ein Wildbienenhotel bietet Fortpflanzungsmöglichkeiten. Bauanleitungen hierfür sind, ebenso wie Saatgut, ganzjährig bei den Stadtwerken und in der Stadtinformation kostenlos erhältlich.

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Im Juli werden die mit Honig gefüllten Waben im Bienenstock entfernt und durch ausgeschleuderte  ersetzt.

Kostenlose Kurs für Jungimker

Von Februar bis Juli gibt es zudem kostenfreie Imkerkurse. „Das Angebot hat große Resonanz gefunden“, freut sich Schirmherr  Dr. Hans-Martin Steiger. „Wir hatten bereits acht Anfängerkurse. Vor allem junge Frauen sind sehr interessiert.“

„Wer einmal mit dem Imkern anfängt, hört nimmer auf“, schwärmt Fritz Aldinger. Es ist eine vielseitige, fordernde und spannende Tätigkeit. Um die art- und wesensgerechte Haltung zu lernen und die richtigen Handgriffe zur richtigen Zeit zu tun, erfordert es einiges Knowhow.“ – Und das bekommen die Jungimker in den Kursen von den Ausbildern des Bienenzuchtvereins Memmingen, Fritz Aldinger, Bernd Renz, Roland Schatz und Bienensachverständiger und Fachwart Hans Martin Steiger.

„Gerade die Königinnenzucht ist sehr aufwendig“, erläutert uns Aldinger, „Doch die Freude an diesem Hobby entschädigt für die Mühe.“ Aufwendig ist die Honigproduktion schließlich auch für die Biene: Für ein Glas Honig (500 g) muss eine Biene eine Strecke zurücklegen, die fünf Weltumrundungen entspricht.

Faszination Biene

„Bienen sind faszinierende Tiere. Sie haben ein unglaubliches Kommunikationsvermögen und eine sensationelle Orientierung. Sie bauen millimetergenaue Waben an einem Tag. Zudem sind Bienen ein sehr reinliches Volk: Die Beine überzieht alles mit Propolis und hemmt damit das Bakterienwachstum“, erzählt Aldinger weiter.

Das Bienenvolk ist ein eigener Organismus, ein Volk umfasst 40. bis 50.000 Bienen mit einer fruchtbaren Königin, ihren Arbeiterinnen und bis zu 1.000 männlichen Drohnen, die nur eine Aufgabe haben: die Königin zu begatten. Danach, im Juli, werden die Drohnen von den Arbeiterbienen des Stockes verwiesen und verhungern. Diesen grausamen Prozess nennt man auch „Drohnenschlacht“.

 „Aber wir geben auch Kurse unter dem Motto „Wie werde ich die Alte los“, lacht Aldinger. "Denn junge Königinnen schwärmen weniger." (Wenn eine Bienenkönigin schwärmt, verlässt sie mit der Hälfte ihres Hofstaates die Bienenkiste, was auf Kosten der Honigproduktion geht, Anm. der Red.)

Weitere Informationen über das spannende Hobby, auch über das Kursangebot für angehende Imker, gibt es auf http://imker-memmingen.de/

Infos zu der Aktion des Projekts „Memminger Stadtbienen 2018“ gibt es unter www.stadtwerke-memmingen.de.