
Memmingen (rad). Das Flüchtlingsthema wird uns noch längere Zeit beherrschen. Auch hier in Memmingen, wo die Bevölkerung mit einer nicht unerheblichen Anzahl von Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern konfrontiert wird. Die Lokale hat sich mit Memmingens Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger unterhalten, der in seinem letzten Amtsjahr vor einer großen Herausforderung steht.
„Ja, das ist gewaltig. Vor allem für Deutschland, wenn man bedenkt, dass 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht sind. Da wird uns das Thema noch jahrelang beschäftigen“, sagt Holzinger, der auf machbare und schnell umzusetzende Konzepte der verantwortlichen Politiker drängt. Auch auf Memmingen sieht er problematische Zeiten zukommen. Zwar sei die Stadt in puncto Wohnungsmarkt auf einem guten Weg, meint Holzinger und verweist auf die Wohnbaugebiete Dobelhalde, Steinheim, Amendingen und Silcherweg und auf das noch vernünftige Mietniveau. Aber er verhehlt auch nicht, dass sich die Lage am Wohnungsmarkt künftig verschlechtern wird, „auch weil es in den letzten Jahren – zum Teil wegen der hohen Standards – kaum sozialen Wohnungsbau gegeben hat“. Zurzeit sind in Memmingen 462 Asylbewerber und Flüchtlinge untergebracht und die Stadt bekommt derzeit jede Woche 27 neue Asylbewerber zugewiesen.
„Kein automatischer Familiennachzug“
Integration heißt das Schlagwort, umzusetzen haben es die Kommunen und die Bevölkerung. „Das müssen wir in den Griff bekommen, vor allem im schulischen Bereich“, meint der Oberbürgermeister in Hinblick auf die notwendigen finanziellen Mittel. „Die Kommunen dürfen mit diesen Lasten nicht allein gelassen werden.“ Zumal die Kosten noch steigen, wenn die Familien der anerkannten Flüchtlinge zusätzlich ins Land kommen. Hier fordert der OB, den Familiennachzug nicht automatisch zu ermöglichen sondern orientiert an den Wohnungs- und Beschäftigungssituationen vor Ort. „Einfach deshalb, weil wir an die Grenze des Machbaren stoßen und diese Menschen würdig unterbringen und integrieren müssen.“
Wenige zusätzliche Fachkräfte
Die Arbeitsagenturen böten sinnvolle und gute Programme. Holzinger begrüßt ausdrücklich die staatliche Finanzierung von Sprachprogrammen. „Die Menschen müssen erst einmal Deutsch lernen.“ Auch sei die fachliche Ausbildung der meisten nicht für den „Fachkräftemangel“ in Deutschland nutzbar. Nach Angabe von Experten haben nur zehn bis 15 Prozent der Flüchtlinge die nötigen Qualifikationen und Voraussetzungen hierfür. Was im Umkehrschluss heißt, dass etwa 85 Prozent der Menschen langfristig eben nicht selbst für sich und ihre Familien sorgen können.
„Trotz allem, in unserer Region ist die Hilfsbereitschaft und das Engagement der ehren- wie hauptamtlichen Kräfte und Helfer weiterhin unglaublich hoch“, freut sich Holzinger über die Hilfsbereitschaft der einheimischen Bevölkerung, der Verwaltungs- und Hilfskräfte.
Und warnt gleichzeitig vor einer drohenden Überforderung: „Wir können noch gar nicht ermessen, was auf uns zukommen wird.“ Holzinger sieht die Bundesrepublik und ihre Bevölkerung vor einer in Form und Umfang noch nie erlebten Belastungsprobe.