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Zwei Herren, zwei Koffer und ein knurrender Magen

Riesenbeifall für "Der Diener zweier Herren“ im Stadttheater

veröffentlicht am 27.09.2025
Goldoni LTS

Truffaldino (Felix Bronkalla) schützt seine Herrin Beatrice (Delia Rachel Bauen) vor dem aufgebrachten Silvio Lombardi (Michael Naroditski). Pantalone (Harald Schröpfer, rechts) hat überall seine Finger im Spiel. Fotos: Antje Sonnleitner

Memmingen (as). Zwei Herren, zwei Jobs – aber nur ein knurrender Magen: Truffaldino will eigentlich nur satt werden, stolpert dabei aber mitten hinein in das größte Chaos, das Venedig zu bieten hat. Alice Asper präsentiert Goldonis Komödie von 1746 als rasantes und turbulentes Spiel im Spiel mit, bei aller Exzentrik, zauberhaften Protagonisten.

Goldoni LTS

Clarice Pantalone (Roberta Monção) und die verkleidete Beatrice (Delia Rachel Bauen) als vermeintliches Brautpaar.

Eine Schauspieltruppe will ausgerechnet da proben, wo Truffaldino (singt und spielt sich als schusselig-naiver Diener in die Herzen der Zuschauer: Felix Bronkalla) mit seiner Musikstation dem italienischen Schlager und der Oper huldigt. Da die Hauptfigur des Stücks noch nicht besetzt ist, wird Truffaldino kurzerhand zum „Diener zweier Herren“ und das irrwitzige Verwirrspiel im Stegreifcharakter der Commedia dell’arte nimmt seinen Lauf.

Worum geht es?

Im Haus des Kaufmanns Pantalone (herrlich hysterisch und mit geierhafter Schnabelmaske: Harald Schröpfer) steht die Hochzeit seiner Tochter Clarice (schrill mit blondem Bob und Sonnenbrille, doch nur scheinbar kindlich und puppenhaft: Roberta Monção) mit ihrem Geliebten Silvio (verwöhnt und verliebt: Michael Naroditski) bevor. Doch mitten in die Feier platzt Federigo Rasponi – offiziell tot, nun aber quicklebendig und zudem Clarices eigentlicher Verlobter. Aus kaufmännischen Erwägungen heraus will Pantalone umdisponieren - und provoziert Tränen und Racheschwüre.

Hinter dem vermeintlichen Rasponi steckt jedoch Beatrice (als Mann maskiert aber als Frau bewährt: Delia Rachel Bauen), die ihrem Geliebten Florindo (Harald Schröpfer) nachreist, dem man den Mord an Federigo anhängt. Auch Florindo erscheint bald in Venedig – Dreh- und Angelpunkt mittendrin ist der stets hungrige Diener und ewig Koffer schleppende Truffaldino. Um endlich mehr zu essen zu bekommen, heuert er bei beiden an, ohne zu merken, dass er Beatrice und Florindo zugleich dient. Es folgen vertauschte Briefe, doppelte Aufträge und Mahlzeiten, die Truffaldino fast zur Verzweiflung treiben.

Goldoni LTS

Clarice (Roberta Monção) jubelt, als sie vom angeblichen Tod ihres Bräutigams erfährt. Gedeckter Tisch: Der Wirt Brighella (Harald Schröpfer) präsentiert einen Kerzenleuchter mit Saucen und Pasta wie eine Ikone.

Turbulentes Verwirrspiel

Goldonis Komödie von 1746 ist ein turbulentes Verwechslungsspiel voller Liebeswirren, Maskerade und Situationskomik. Die Knoten lösen sich, als die beiden Frauen der Maskerade ein Ende setzen und einen unverbrüchlichen Pakt schließen, der zum entscheidenden Wendepunkt wird. Doch finden die Liebenden zueinander? Und bekommt Truffaldino endlich etwas Ordentliches zu essen?

Lustvoll-klischeehafte Ausstattung

Masken, Fächer, Lampions und ein Schlauboot statt Gondeln - eine Säule mit dem gefiederten Löwen deutet den Markusplatz an, ein Holzsteg mit Gaze-Vorgang die berühmte Rialtobrücke. Dazu ertönen italienische Urlaubsschlager wie „Azzurro“, „Buona Sera, Signorina“ und „Volare“. Das Bühnenbild von Monika Gora bedient lustvoll und ironisch alle Venedig-Klischee und legt in den Partyszenen der Liebenden Silvio Lombardi und Clarice Pantalone noch eine Prise 70er Jahre-Discoflair obendrauf.

Pantalone? Das war doch der … - Ja, genau. Carlo Goldonis berühmtes Stück ist nicht nur eine der größten Komödien der Theatergeschichte, sondern auch ein Klassiker der Commedia dell’Arte. Die zentrale Figur Truffaldino ist der naive, stets hungrige und schlitzohrige Harlekin („Arlecchino“). Klassiker sind auch der Dottore, Silvios Vater, und der geizige Kaufmann Pantalone: Die beiden "Alten" („Vecchi“) liefern sich in traditionellem Hass aufeinander einen regen Schlagabtausch, den Alice Asper als Schattenspiels inszeniert.

Liebenswerte Charaktere

Goldoni hat aus den Stereotypen der Commedia menschliche und trotz aller Lächerlichkeit liebenswerte Charaktere geschaffen, die in der Inszenierung noch vielfältige Akzente erfahren. Allen voran der dreifach besetzte Harald Schröpfer, der mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik und mit wenigen Handgriffen zwischen dem exzentrischen, tänzelnden Gastronom Brighella und dem verschlagenen, geldgierigen Pantalone hin und her wechselt und nebenbei - respektheischend, maskulin und schwermütig – den vermeintlichen Mörder und Liebenden Florindo Aretusi gibt.

„Die Zuschauer mögen verzeihen, der Absonderlichkeit der Geschichte halber“, bittet Truffaldino am Schluss. Diese belohnten die gelungene Inszenierung und das mitreißende Spiel des Darsteller-Teams mit begeistertem und lang anhaltenden Applaus.

Infos und weitere Termin unter www.landestheater-schwaben.de

Goldoni LTS

Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist Truffaldino (Felix Bronkalla), hier mit Clarice (Roberta Monção) und Brighella (Harald Schröpfer).