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Der guten Stube Hintersinn - Stellagen als "Schauplätze des Lebens" im Memminger Stadtmuseum

veröffentlicht am 14.11.2013

Kolonialwaren Ausbeutung damals wie heute: Im Kolonialwarenladen von Paul Goliath steckt eine dunkelhäutige Puppe im Jutesack.  Oder ist es gar ein Kind? Fotos: as

Memmingen (dl). „‘Verspielt‘ – Stellagen“ lautet Titel und Thema der diesjährigen Weihnachtsausstellung im Stadtmuseum Memmingen. Wie in den Jahren zuvor stehen Miniaturwelten wie Puppenstuben und Kaufläden im Mittelpunkt, diesmal jedoch neu in Szene gesetzt bzw. szenisch so arrangiert, dass aus dem Zusammenspiel der einzelnen Kulissen und Ausstattungsgegenstände etwas Neues, Ungewohntes entsteht. Hier und da kann der Hintersinn der guten Stuben dem Betrachter Rätsel aufgeben.  

Hackordnung In der Abteilung für "Küchensünden" findet man auch die "Hackordnung" .

Die fast 70 Stellagen aus der Sammlung der in Murnau am Staffelsee beheimateten kunst- und theaterinteressierten Sammlerin Roswitha Tafertshofer stammen aus den Jahren zwischen 1870 und 1970. Sie kombinieren Altes und Abgegriffenes mit Neuem, Klassisches mit Modernem. Das hat etwas erfrischend Respektloses. Die Inszenierungen von Stuben, Läden und Ställen brechen zudem mit unseren Sehgewohnheiten, gehen über das Plakative und Erkennbare hinaus, hinterfragen - mal augenzwinkernd, mal kritisch -  die Realität.

Mauerfall Befreiung oder Besetzung? Die Mauer fällt.

So wird nicht nur gezeigt, womit man früher und heute spielt(e). Die Frage muss eher lauten: „Was wird hier eigentlich gespielt?“.  Die Stellagen sind als kleine Schauplätze des Lebens zu verstehen, eingeteilt in verschiedene Themenbereiche wie "Geschichte", "Sehnsuchtsorte", "Fragwürdigkeiten", "Geschäfte" und "Merkwürdigkeiten". Diese Etiketten geben dem Betrachter gleichzeitig einen Hinweis darauf, was das wohl alles bedeuten soll.

Doch Vorsicht: Schon der Titel „verspielt“ ist doppeldeutig. Als Prädikat gelesen, steht er nicht für das Positiv-Kindliche, sondern bezeichnet eine Niederlage - zu sehen in der „Abteilung“ „Geschäfte“ in den Modellen „Leerstand“  oder Konkursmasse“ . Das Leben als Bühne -  In der Rubrik „Stillgelegt und aufgegeben“– befindet sich neben der Zuckerfabrik und dem Weißwäscheladen „Grünfeld“ auch ein Theater in Form einer  Guckkastenbühne. Ausrangiert wird auch die gute Stube, deren Inventar gerade auf einem Ochsenkarren weggeschafft wird. In moderner Version thematisiert das Modell „Getrennt von Tisch und Bett“ privates Scheitern in Gestalt von zwei getrennten Häuser, in deren Mitte der Hund wohnt.

Fragwürdigkeiten Verkehrte Welt: Das Federvieh köpft im Stall die Sonntagseier.

In „Fragwürdigkeiten“ stehen die Bäuerin als Henne auf dem Hof während das Federvieh es sich im Stall am gedeckten Tisch zum Sonntagsei gemütlich macht. Unter der Rubrik „Geschäfte“ wird der Preiskampf beim Wort genommen: Soldatenfiguren wühlen in einem Schlachtfeld aus Ziffern. Im Bereich „Geschichte“ spielt sich die Gründerzeit als militärisches Planspiel auf dem Tisch in Bismarcks guter Stube ab. "Im Kasten" auch die Machtergreifung Hitlers 1933, die Inflation 1923 und Wirtschaftskrise (1929). Auch unser modernes Konsum- und Freizeitverhältnis wird karikiert. Dann wiederum geht es um das Spiel mit Begriffen und Bildern. Metaphern wie die "Hackordnung" werden in konkrete Bilder übersetzt. Der "Mauerfall" bringt die Mauern einer Festung in Schräglage, während die Musikkapelle im Innenhof der Burg der neuen Ära bereits ein Ständchen bringt.

Führungen durch die Sonderausstellung gibt es am Sonntag, 15. Dezember, und Sonntag, 12. Januar 2014, jeweils um 11 und 15 Uhr.

Telefon und Fax: (08331) 850 -134
E-mail: stadtmuseum@memmingen.de

Öffnungszeiten:
Di-So/Feiertag 10 -13 Uhr und 14 -17 Uhr
Schließtage 24./ 25./ 26., 31.12.13

Eintrittspreise: Erwachsene 3,30 Euro, ermäßigt 2,20 Euro (Rentner, Schüler, Studenten, Schwerbehinderte), Jugendliche 2,00 Euro (13 –18 Jahre). Familienkarte 5,50 Euro. Kinder bis 8 Jahre frei.