„Glimpflich durch den Winter gekommen“

Stimmung in der Wirtschaft hellt sich weiter auf

veröffentlicht am 24.05.2023

Gerhard Pfeifer (links) und Dr. Marc Lucassen (rechts) bei der Vorstellung der IHK-Konjunkturumfrage Frühjahr 2023. Foto: IHK

Memmingen/Schwaben (sg/dl). Während die Stimmung in der Dienstleistungsbranche gut ist, steht die heimische Industrie auf wackeligen Beinen. Der Arbeits- und Fachkräftemangel sowie die Energie- und Rohstoffpreise bleiben branchenübergreifend die größten Risiken. Das ergab die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage von 800 Unternehmen. Diese bildet ein repräsentatives und dennoch punktuelles Stimmungsbild ab. Gerade in Krisenzeiten kann sich die Lage sehr schnell verändern, wie die Erfahrung der letzten drei Jahre gezeigt hat.

„Die im letzten Herbst befürchtete Rezession ist vorerst ausgeblieben. Wir sind glimpflich durch diesen Winter gekommen. Die Stimmung in der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft hellt sich im Frühjahr 2023 weiter auf“, kommentiert Dr. Marc Lucassen, Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben, die aktuellen Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage.

Dienstleistung boomt

Die Unterschiede zwischen der Geschäftslage und den Erwartungen der Branchen sind zwar nicht mehr so groß wie zu Beginn der Corona-Krise, sie bleiben allerdings spürbar. Weiterhin am besten ist die Stimmung in der Dienstleitungsbranche. Blickt man ausschließlich auf die aktuelle Geschäftslage, ist diese in der gesamten Wirtschaft positiv. Dennoch gibt es auch hier Unterschiede zwischen den Branchen. Über dem Durchschnitt liegen die Dienstleistungen sowie das Transportgewerbe, unter dem Durchschnitt das Reise- und Gastgewerbe, der Großhandel, das Baugewerbe, die Industrie und der Einzelhandel.
Der Arbeits- und Fachkräftemangel trägt dazu bei: Denn Restaurants und Ladengeschäfte müssen zeitweise schließen, LKWs und Busse stehen bleiben und Produktionsschichten in der Industrie ausfallen.

Wohlstandsverlust?

„Die Wirtschaftsprognosen gehen 2023 von einer leicht wachsenden Weltwirtschaft aus. Ob und in welchem Umfang die heimische Industrie profitieren wird, ist angesichts vieler Unwägbarkeiten allerdings nicht absehbar. Auch der erhoffte Investitionsschub im Nachgang der letzten Krisenjahre bleibt aus“, so Lucassen. Die Gründe für die geringe Investitionsabsicht der heimischen Wirtschaft im Inland sind vielfältig: geopolitische Risiken, steigende Finanzierungskosten oder unklare Rahmenbedingungen der Energie- und Klimawende wirken sich negativ auf das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort aus.
„Die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Bayerisch-Schwaben hängt entscheidend von den heutigen Investitionsausgaben ab. Ohne Investitionsschub droht eine schleichende Erosion der industriellen Substanz, die in den kommenden Jahren zu Wohlstandsverlusten führen wird“, erklärt Lucassen nachdrücklich. Dabei stellen die sinkende Inlandsnachfrage, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und steigende Arbeitskosten schon jetzt für rund jedes zweite Unternehmen ein wirtschaftliches Risiko dar.

Appell an die Politik

Der IHK-Präsident Gerhard Pfeifer stellt daher klare Forderungen: „Gerade im internationalen Vergleich verliert unser Standort an Wettbewerbsfähigkeit. Die Politik hat nun die dringliche Aufgabe, hier entschieden umzusteuern. Konkret heißt dies: unsere Infrastruktur zu modernisieren, den Bürokratieabbau nicht nur anzukündigen, sondern auch anzupacken, die Steuerlast auf ein international vergleichbares Niveau zu bringen, verlässliche Regeln für die digitale und energetische Transformation aufzustellen und alle in- wie ausländischen Potentiale für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu heben.“