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„Ich wünsch mir eins“ : Intensives Spiel um Einsamkeit und Sehnsucht nach Nähe

veröffentlicht am 22.03.2015

bu Leila (Barbara Weiß) fühlt sich einsam und lässt sich auf eine aufreibende Beziehung mit George (Dino Nolting) ein. Foto: Forster/Landestheater Schwaben.

Memmingen (sfü): Am 20. März feierte das Stück der Deutsch-Iranerin Azar Mortazavi im ausverkauften Studio des Landestheater Schwaben Premiere. Regisseurin Eva Niedermaier inszenierte ein intensives Spiel über Einsamkeit, Sehnsucht nach Nähe und die Suche nach der eigenen Identität.

Die junge, arabischstämmige Leila (Barbara Weiß) lebt alleine. Ihr Vater hat sie und die Mutter schon früh verlassen, eine Tatsache, für die Leila die Mutter verantwortlich macht und folglich ihren Vater idealisiert. Leila identifiziert sich mit der fremden Herkunft ihres Vaters und träumt davon, dass er eines Tages zurückkommt und sie in seine Welt mitnehmen wird.

In einer Bar trifft sie den älteren George (Dino Nolting), einen Mann, der seiner Jugend hinterher trauert und mit seinem Leben hadert. Die beiden beginnen eine aufreibende Beziehung, in der sich Momente der Nähe und der verbalen und emotionalen Gewalt in einem immer wiederkehrenden Kreislauf aneinander reihen.

Sehnsucht nach besseren Zeiten

Eine weitere Rolle in Leilas Leben spielt ein kleiner Junge, der mit seiner Mutter Sybille (Anke Fonferek) in der Wohnung über ihr lebt. Sie fühlt sich ihm verbunden, ohne zu wissen, dass er ihr Halbbruder ist, denn Sybille und Leilas Vater Sahid (Fridtjof Stolzenwald), waren einst miteinander liiert. Auch George kennt Sahid aus gemeinsamen Jugendtagen, weiß jedoch zunächst nicht, dass Leila dessen Tochter ist. So ergibt sich ein diffizil miteinander verwobenes Quartett aus Charakteren, die allesamt mit der Realität und sich selbst ringen und sich wie Sybille oder George entweder nach besseren vergangenen Tagen, oder, wie Leila, nach einer glücklicheren Zukunft sehnen.

Eine junge Frau mit Vaterkomplex, eine desillusionierte alleinerziehende Mutter, ein Vater, der seiner Verantwortung entflieht und ein alleinstehender Mann mit Bindungsängsten; auf den ersten Blick muten die Charaktere in Mortazavis Drama stereotyp und plakativ an, doch die expressive, bisweilen derbe Sprache und das intensive Spiel der Schauspieler hauchen jeder Figur Individualität, Subjektivität und Glaubwürdigkeit ein.

Vor allem Barbara Weiß vermag es auf beeindruckende Weise, den paradoxen Charakter Leilas absolut authentisch darzustellen. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft ermöglicht es ihrer Figur letztlich, sich weiterzuentwickeln: „Ich muss hier weg, sonst bleibt alles, wie es ist!“, ruft Leila, bevor sie auf eigene Faust den Schritt in ein neues Leben wagt und damit den Schritt von der Wunschvorstellung zum realen Aufbruch.

Info: Azar Mortazavi, geboren 1984 in Wittlich, ist die Tochter einer Deutschen und eines Iraners. 2007 wurde sie in das internationale Förderprogramm für junge Dramatiker „Interplay Europe“ aufgenommen. Ihr Stück „Todesnachricht“ wurde mit dem Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis ausgezeichnet. „Ich wünsch mir eins“, ihr zweites Stück, wurde 2013 uraufgeführt.

Weitere Vorstellungen am 23. und 31. März sowie am 7., 10., 12., 17. und 19. April. Kartenreservierung unter Telefon 08331/ 9459-16.