"Lockdown. Das ist zu kurz gesprungen" - Die Wut wächst

Ernüchternde Konkunkturumfrage der IHK-Schwaben

veröffentlicht am 09.02.2021

Augsburg (dl). Die jüngste IHK-Konjunkturumfrage zeigt deutlich, dass die Wirtschaft in Bayerisch-Schwaben vor einem weiteren Krisenjahr steht. Dabei sind Handel und Gastgewerbe besonders schwer betroffen. Die Politik muss endlich die Diskussion über eine konkrete Öffnungsperspektive zulassen, fordert die IHK.

„Viele Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt IHK-Präsident Dr. Andreas Kopton. „Die Akzeptanz für das Krisenmanagement der Politik sinkt, die Wut wächst. Sie darf die Unternehmen nicht von einer Lockdown-Verlängerung in die nächste schicken.“

„Die Wirtschaft braucht endlich eine ergebnisoffene Diskussion mit der Politik über Perspektiven“, fordert der IHK-Präsident. Ziel muss eine Öffnungsstrategie sein, die sich an verlässlichen Kriterien orientiert. „Seit elf Monaten befinden wir uns in dieser Ausnahmesituation. Und seit elf Monaten lautet die Antwort der Politik: Lockdown. Das ist zu kurz gesprungen“, sagt Kopton.

Die Last der Corona-Krise wird auf der Wirtschaft, auf einzelnen Branchen und Unternehmen abgeladen – mit verheerenden Folgen. „Die Politik muss alle Möglichkeiten einer Öffnung prüfen. Sie darf nicht nur die Risiken sehen“, sagt Kopton

Schnelle Erholung nicht in Sicht

„Viele Unternehmen stecken seit mehr als drei Monaten im erneuten Lockdown und damit in der Sackgasse“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen. „Eine schnelle Erholung rückt in weite Ferne.“ Das Phänomen dieser Krise: „Noch nie gab es eine so starke Polarisierung innerhalb der Wirtschaft“, sagt Lucassen. Entsprechend bewerten die Unternehmen ihre Geschäftslage äußerst unterschiedlich: Jeweils ein gutes Drittel der Unternehmen spricht von einer guten oder befriedigenden Situation, beim Rest laufen die Geschäfte schlecht.

Dramatische Lage im Reise- und Gastgewerbe und im Einzelhandel

Dramatisch ist die Lage in den Branchen, die besonders von Betriebsschließungen betroffen sind: im Reise- und Gastgewerbe sowie im Einzelhandel. Inzwischen ist die Situation für jeden fünften Hotelier oder Gastronom existenzbedrohend. Differenzierter ist die Lage im Einzelhandel. Hier gibt es auch Unternehmen, die bislang gut durch die Krise gekommen sind. Ein Viertel der Händler steigerte den Umsatz, 50 Prozent mussten Verluste verkraften. Während der Online- oder Lebensmittelhandel oftmals gute oder sehr gute Geschäfte verzeichnet, ist das Geschäft beispielsweise im stationären Handel mit Saisonware komplett eingebrochen.

Industrie und Bauwirtschaft sind der Motor der Konjunktur

Motor der konjunkturellen Entwicklung ist derzeit die Industrie. Im ersten Lockdown hatte die Branche unter dem Zusammenbruch der internationalen Lieferketten gelitten. Jetzt profitiert Bayerisch-Schwaben von der starken Exportorientierung seiner Produktionsunternehmen. Die Nachfrage insbesondere aus China zieht stark an. Dagegen schwächeln die europäischen Märkte weiter.

Ihre Hoffnungen ruhen weiter auf Fernost. 40 Prozent der Unternehmen erwarten hier einen Umsatzzuwachs. Die Bauwirtschaft hat in den vergangenen Monaten den Auftragsstau aus der Zeit vor der Corona-Krise abgearbeitet. Nun fürchtet man, dass neue Aufträge von privater, gewerblicher und staatlicher Seite zurückgehen könnten. Das drückt die Stimmung.

Unternehmen leiden unter Personalausfall

Die Corona-Krise wirkt sich bei den Unternehmen nicht nur unmittelbar auf Umsätze und Aufträge aus. Zum Problem wird zunehmend der Ausfall des Personals wegen Krankheit, Quarantäne oder Kinderbetreuung. 38 Prozent der Unternehmen gaben an, dass ihr Geschäft dadurch beeinträchtigt werde. Im Frühjahr waren es nur 15 Prozent. „Die Umfrage zeigt wie vielschichtig die Folgen der Corona-Krise für die Wirtschaft sind“, sagt Kopton. „Ein ‚Weiter so‘ reicht nicht mehr aus. Wir müssen schneller lernen und handeln.“

Die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage Winter 2020 / 2021 finden Sie auf schwaben.ihk.de unter der Nummer 5028140.