
Memmingen (as). Die großen Ferien nahen und alle freuen sich auf viel Sonne und Badespaß. Für Jürgen Bonnemann und seine Kollegen von der DLRG Memmingen/ Unterallgäu ist die Badesaison eine weniger entspannte Zeit. Viele Menschen geben sich zum einen aus Unwissenheit und Leichtsinn in Gefahr und zum anderen ist es auch um die Schwimmkünste insbesondere der Kinder wenig gut bestellt.
Gerade einmal die Hälfte der Viertklässler in Deutschland verfüge über ein Freischwimmerabzeichen. Um 1990 waren es noch mehr als 90 Prozent. Eine der Ursachen für diese Entwicklung sieht die DRLG (Deutsche Lebensrettungsgesellschaft) in einem Mangel an Lehrschwimmbecken. Nach Angaben der DLRG sind seit 2007 in Deutschland fast 300 Bäder geschlossen worden, mehr als 500 sind derzeit vom Aus bedroht.
"Das Seepferdchen allein macht Kinder nicht schwimmsicher"
„Tests mit Grundschulkindern, die, laut Aussage der Eltern, schwimmen konnten, ergaben, dass diese sich gerade mal über Wasser halten konnten“, berichtet Bonnemann. „Wenn ein außergewöhnlicher Umstand ins Spiel kommt, ist es damit vorbei. Das Seepferdchen allein macht Kinder nicht schwimmsicher".
Und die Schulen? Die Lehrpläne sind eng, viele Sportlehrer unterrichten Schwimmen höchstens im Nebenfach. Und das städtische Hallenbad ist ausgelastet. "Die Grundschulen aus der Memminger Umgebung haben keine Möglichkeit, dort untergebracht zu werden. Daher würde ich im ländlichen Raum von einer höheren Nichtschwimmerquote ausgehen“, erklärt Bonnemann.
"Wir erhalten auch keine Zeiten im Hallenbad"
Werner Sprick, Rektor Grundschule und Mittelschule Memmingerberg, teilt die Sorge um die sinkende Schwimmfähigkeit der Schüler: „Wir haben genügend qualifizierte Lehrer, können den Sportunterricht aber nicht, wie die Memminger Schulen, im Bad stattfinden lassen. Wir bräuchten mehrere Busse an mehreren Tagen, um die Kinder hin- und zurück zu fahren." Der Transfer sprenge zudem den Zeitrahmen der Sportstunden. Doch abgesehen davon: "Wir erhalten auch keine Zeiten im Hallenbad". Das reicht gerade einmal für die Memminger Schulen aus.
Es gibt insgesamt zu wenig Wasserfläche, meint auch Anja Tederahn, stellv. Leiterin Ausbildung der DLRG „Es reicht nicht, dass die Kinder schwimmen lernen, sie müssen es auch üben. Und im Freibad gibt es den Sommer über gar keinen Schwimmunterricht", erklärt Tederahn.
„Höchste Zeit, gegenzusteuern,“ meint Bonemann und warnt: „Wenn wir so weitermachen, müssen wir uns nicht wundern, wenn in Zukunft wieder mehr Menschen ertrinken."
Am heißesten Juli-Wochenende ertranken mindestens 18 Menschen zwischen 8 und 88 Jahren in deutschen Gewässern. 21 Badende konnten von den Schwimmern des DLRG gerettet werden. Wie auch zwei Kinder, 9 und 10 Jahre alt, am Strand des Ostseebades Warnemünde. Sie waren beim Planschen abgetrieben und konnten nicht schwimmen.