„Unsicherheit auf Unternehmerseite wächst“

IHK Schwaben fordert deutliche Signale der Politik

veröffentlicht am 20.10.2021

Dr. Marc Lucassen, IHK-Hauptgeschäftsführer (links), und Reinhold Braun, stv. IHK-Präsident. Foto: Peter Fastl / IHK Schwaben

(dl). Die Wirtschaft in Bayerisch-Schwaben setzt ihren Aufschwung fort – und das mit ordentlichem Tempo. Laut der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage wurde das Vor-Corona-Niveau zum Herbst 2021 deutlich übertroffen. Allerdings wachsen die Zweifel, ob die Krise damit vorbei ist. Der Fachkräftemangel, die hohen Energie- und Rohstoffpreise oder auch die unsicheren wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen dämpfen die Erwartungen.

„Wir haben uns aus der Umklammerung der Corona-Krise befreit“, sagt der stellvertretende IHK-Präsident Reinhold Braun. „Jetzt holen uns allerdings viele, von der Politik bislang vernachlässigte Probleme wieder ein. Zudem schlagen nun die langfristigen Folgen der globalen Corona-Notbremse voll durch.“ Braun fordert daher: „Die neue Bundesregierung muss jetzt die Chance nutzen und die wirtschaftspolitischen Zukunftsthemen wieder stärker in den Fokus nehmen.“

Der IHK-Konjunkturindex ist seit dem Frühjahr um 14 Punkte auf einen Wert von 129 gestiegen. Der Index gibt an, wie die bayerisch-schwäbischen Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen ihre aktuelle und zukünftige Geschäftslage beurteilen. Mit dem erreichten Wert übertrifft die bayerisch-schwäbische Wirtschaft das Vor-Corona-Niveau deutlich. Im Herbst 2019 lag dieser bei 118 Punkten. Sogar das Mittel der vergangenen zehn Jahre (124) wurde übertroffen.

Reise- und Gastgewerbe holt deutlich auf

Besonders erfreulich: Die Erholung zeigt sich in allen Branchen. „Nachdem im Sommer das Infektionsgeschehen nachgelassen hat und die weitreichenden staatlichen Beschränkungen gefallen sind, konnte sich auch das von der Krise besonders hart getroffene Reise- und Gastgewerbe erholen“, berichtet Braun. So hat der Tourismusstandort Bayerisch-Schwaben eine bemerkenswerte Aufholjagd hinter sich. Der branchenspezifische Index stieg gegenüber dem Frühjahr um 90 Punkte. Auch der Handel hat sich nach einer Berg- und Talfahrt wieder stabilisiert.

Nachfrage im In- und Ausland zieht weiter an

Fast jedes zweite bayerisch-schwäbische Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen bewertet die aktuelle Geschäftslage derzeit als gut. Das sind sieben Prozentpunkte mehr als im Frühjahr. Nur noch elf Prozent berichten von einer schlechten Geschäftslage. Eine deutliche Verbesserung zeigt sich auch bei der Kapazitätsauslastung und der Auftragslage der Betriebe: 43 Prozent der Unternehmen geben an, vollständig ausgelastet zu sein. Von einem gestiegenen Auftragsvolumen im Inland berichten 44 Prozent der Befragten. Jedes zweite Unternehmen verzeichnet eine steigende Auslandsnachfrage.

Hemmnisse und Risiken belastet konjunkturellen Aufschwung

Der stellvertretende IHK-Präsident Reinhold Braun und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen warnen trotz dieser guten Nachrichten vor zu viel Euphorie. „Die Unsicherheit auf Unternehmerseite wächst“, sagt Lucassen. „Nicht nur die Sorgen vor der nächsten Infektionswelle und möglichen neuen Corona-Einschränkungen trüben die Stimmung ein. Auch kämpfen die Unternehmen bereits jetzt mit konkreten Herausforderungen. Zahlreiche Lieferprobleme, stark steigende Energiepreise und vermehrt unbesetzte Stellen setzen den Unternehmen schon jetzt zu“, so Lucassen.

Das spiegelt sich auch in den Umfrageergebnissen wider: Der Fachkräftemangel, steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden von den Unternehmen als die drei größten konjunkturellen Risiken genannt. „Wir brauchen jetzt deutliche Signale der Politik, wie sie diese Herausforderungen angehen will. Dazu ist eine zügige und stabile Regierungsbildung dringend erforderlich. Sonst droht der von den Unternehmen getragene Aufschwung abgewürgt zu werden“, warnt Lucassen.

Politik muss Fachkräftemangel endlich ernst nehmen

„Die Politik muss jetzt mit klaren Weichenstellungen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes nachhaltig sichern“, fordert Braun. Themen wie die Fachkräftesicherung müssten endlich konsequent angegangen werden. „Wenn es nicht gelingt, die Attraktivität der dualen Berufsausbildung weiter zu steigern, digitale Kompetenzen zu fördern und neue Potentiale am Arbeitsmarkt zu heben, fehlen unseren Unternehmen die Fachkräfte, die sie für ihre wirtschaftliche Entwicklung dringend benötigen“, sagt Braun.

Digitalisierung und Entbürokratisierung

Auch bei den Energiekosten, deren Höhe zum großen Teil von staatlichen Abgaben und Umlagen bestimmt wird, sieht der stellvertretende IHK-Präsident ebenso wie bei der Digitalisierung und der Entbürokratisierung dringenden Handlungsbedarf. Braun: „Die bereits beschlossene Absenkung der EEG-Umlage auf 3,723 Cent je Kilowattstunde ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ihm müssen nun weitere Maßnahmen folgen.“