"Ängste werden zu einer politischen Kraft"

„Fest der Demokratie und Menschenrechte“ auf dem Theaterplatz

veröffentlicht am 30.09.2019

„Fest der Demokratie und Menschenrechte": Demokratische Parteien und NGO´s hatten zu einer gemeinsamen Aktion auf dem Theaterplatz eingeladen. Foto: Würth

Memmingen (ew). Angesichts des politischen Rechtsrucks, verbunden mit einer Verrohung der Sprache, gründeten demokratische Parteien und NGO´s im Mai 2018 das Bündnis für Demokratie und Menschenrechte. Jüngste Aktion des Bündnisses war das „Fest der Demokratie und Menschenrechte“, das mit Unterstützung des Landestheaters Schwaben auf dem Theaterplatz stattfand.

Unsere gesellschaftliche Entwicklung zeige uns immer deutlicher auf, wie Demokratie und Menschenrechte in Gefahr geraten und man müsse sich der Verrohung der Gesellschaft stellen, meinte Susanne Hirschberger von der KAB in ihrer Ansprache. „Zwölf Partner aus Politik und Gesellschaft sind heute beteiligt und alle brennen dafür, sich die Freiheit, Gerechtigkeit und Einigkeit auch nicht nur im Ansatz nehmen zu lassen“, verkündete die KAB-Referentin optimistisch.

100 Jahre Demokratie in Deutschland

Die Demokratie in Deutschland werde in diesen Tagen 100 Jahre alt, führte der Schirmherr der Veranstaltung, Oberbürgermeister Manfred Schilder, aus. Gerade in unserem digitalen Zeitalter, seien Grundwerte und -überzeugungen für eine demokratisch verfasste Gesellschaft wichtig, "damit sie nicht in Gruppen verfällt, die nichts miteinander zu tun haben". Dazu benötige es Austausch und Dialog, so wie er hier bei diesem Fest stattfinden soll.

Der Rathauschef zitierte auch Winston Churchill, der sagte: „Die Demokratie ist die schlechteste Staatsform von allen, ausgenommen alle anderen. Die Demokratie hat laut Schilder durchaus ihre Schwächen und es stelle sich vielleicht dem ein oder anderen die Frage, ob es nicht doch eine bessere Staatsform gebe. Dem sei aber nicht so. Ein Grund für die derzeitige Schwäche der Demokratie bestehe im mangelnden Interesse an Politik, fügte Schilder hinzu. Die meisten Menschen würden nicht einmal mehr die einfachsten politischen Zusammenhänge verstehen. Bedrohlich seien auch wirtschaftliche und politische Interessen, die immer öfter die Demokratie untergraben.

Bedeutung des Memminger Freiheitspreises

Schilder wies auch auf die historische Bedeutung Memmingens durch die Bauernartikel und den damit verbundenen Memminger Freiheitspreis 1525 hin. Mit den Zwölf Bauernartikeln wurden damals in Memmingen erstmalig in der europäischen Geschichte grundlegende Freiheitsrechte eingefordert. Freiheit ist, so Schilder, "ein immerwährender Prozess, der das Gespräch mit allen Gruppen der Gesellschaft sucht". In diesem Sinne sei der Memminger Freiheitspreis nicht nur Erinnerung an die Vergangenheit, sondern auch "Aufforderung und Verantwortung für uns alle, für die Zukunft".

Angst als politische Kraft

Die ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm wies auf die tiefgreifende Veränderung der Gesellschaft hin. Die Welt sei aus den Fugen geraten, "die Konflikte nehmen zu und Ängste werden zu einer politischen Kraft". Stamm hob in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Grundgesetzes hervor. Das Grundgesetz sei voller Werte, eine Betriebsanleitung für unser humanes Handeln und ein Handbuch für unsere Demokratie.

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes hätten nach dem zweiten Weltkrieg aus der Vergangenheit gelernt. Heute aber sei es schon wieder soweit, dass jüdische Kinder Angst haben, in die Schule zu gehen. In solchen Zeiten sei es wichtig, "als Demokraten zusammenzustehen und unsere Gemeinsamkeiten zu erkennen und zu verteidigen". Man dürfe nicht zusehen und glauben „dass diese Partei jetzt auch im bayerischen Landtag sitzt, (gemeint ist die AfD, Anm. d. Red.), das geht schon wieder vorüber“.

Klare Abgrenzung von der AfD

Man könne nicht so tun, als ob das nur eine Erscheinung ist, sondern: „Wir müssen uns ganz klar abtrennen von denen, die in dieser Partei das Sagen haben“, so Stamm weiter. Als einen der wichtigsten Punkte in der Demokratie sieht die ehemalige Landtagspräsidentin die politische Kommunikation an runden Tischen. Runde Tische haben für sie eine ganz große Bedeutung: "Dort finden alle Platz, auch wenn sie unterschiedlicher Meinung sind." Stamm deutete dabei auf den ehemaligen Landtagsabgeordneten Herbert Müller und fügte hinzu. „Was haben wir gerungen und miteinander diskutiert, aber wir haben uns immer gegenseitig geschätzt und sind aufeinander zugegangen“, was Müller mit einem Nicken bestätigte.

Als Beispiel nannte Stamm das Volksbegehren zum Artenschutz und fragt, "was ist da falsch gelaufen?". Ganz einfach, man hätte sich vorher zusammensetzen sollen, dann hätte es das Volksbegehren nicht gebraucht. Barbara Stamm nahm auch auf dem roten Sofa der SPD Platz und unterhielt sich angeregt nicht nur mit den „Genossen“, sondern auch mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern.

Musikalisch begleitet wurde das Fest vom Duo Allegro Mundo und der PiK Jazzband.