"Wichtige Hilfestellung für den mündigen, gut informierten Patienten"“

16. Memminger Gesundheitstage in der Stadthalle eröffnet

veröffentlicht am 11.11.2017

Von seiner sportlichen Seite zeigte sich Oberbürgermeister Manfred Schilder bei Eröffnung der Gesundheitsmesse. Am AOK-Stand erstrampelt er sich, auf dem Fitness-Rad einen frisch gespressten Orangensaft. Auf dem Vorschaubild erklärt eine Mitarbeiterin des Memminger Klinikums  dem OB ein Diagnosegerät. Fotos: Sonnleitner

Memmingen (dl). Zur Eröffnung der 16. Memminger Gesundheitstage in der Stadthalle hob Oberbürgermeister Manfred Schilder die hohe Bedeutung körperlichen und seelischen Wohlbefindens als elementares Bedürfnis des Lebens hervor. “Was können wir tun? - Antworten geben die Gesundheitstage mit einer breiten Palette medizinischen Angebots, informativen Vorträgen und einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm“, sagte der OB mit einem Dank an die Mitveranstalter AOK und Memminger Klinikum, deren Vertreter ihrerseits die Gäste im kleinen Saal begrüßten.

Professor Doktor Albrecht Pfeiffer, Ärztlicher Direktor des Klinikums, bemängelte das man über Gesundheit meist im Wirtschaftsteil der Zeitungen lese, wo wirtschaftliche Verluste mit schwachen Leistungen der Krankenhäuser gleichgesetzt würden. Das Gegenteil sei der Fall: “Hohe Leistungsfähigkeit und ein breites Leistungsspektrum kosten Geld und verhindern eher Gewinne, als sie zu generieren“, erklärte Pfeiffer. Umso mehr freue er sich, dass das Klinikum sich hier mit dem breiten Spektrum seiner Leistungsfähigkeit präsentieren könne. Er verwies auch auf die „ausgewogenen Vorträge der Chef- und Oberärzte“ im Rahmenprogramm der Gesundheitstage.

Die diesjährigen Schwerpunkte,  Leber und Bauchspeicheldrüse, werden anhand eines überdimensionales Organmodells vorgestellt.

Für sie persönlich und für immer mehr Verbraucher stehe die gesunde Ernährung mit frischen regionalen Erzeugnissen im Vordergrund, erklärte AOK-Direktorin Regina Merk-Bäuml (links im Bild), die auf das Motto der Messe „Gesund in der Region“ Bezug nahm. Die AOK als Kooperationspartner der 1. Stunde unterstütze dieses Motto mit vielen Kostproben und Tipps. „Die Gesundheitstage stehen für Information und Prävention und liefern eine wichtige Hilfestellung für den mündigen, gut informierten Patienten“, so Merk-Bäuml.

Eröffnungsvortrag "Multiresistente Bakterien"

Dr. Christoph Pöhlmann, Chefarzt für Hygiene und Mikrobiologie am Klinikum.

Hochaktuelles Thema des sehr informativen Eröffnungsvortrags von Dr. Christoph Pöhlmann waren „Multiresistente Bakterien“.  Dr. Pöhlmann, seit knapp zwei Jahren Chefarzt für Hygiene und Mikrobiologie am Klinikum Memmingen, untersuchte die Frage, für wen die Problemkeime gefährlich sind und warum sie sich ausbreiten.

 „Das Thema gewinnt zunehmend an Bedeutung und treibt Fachleute weltweit um“, erklärte der Spezialist. Nicht zuletzt, da Antibiotika in vielen Ländern frei verkäuflich sind, und in Schwellen- und Entwicklungsländern häufig eingesetzt werden, vermehren sich resistente Keime. Besonders MRGN (Multiresistente gramnegative Stäbchenbakterien, v.a. Darmkeime) können zum „Mitbringsel“ von im Ausland behandelten Patienten, aber auch von Asien-,  Indien- oder China-Urlaubern werden, die nicht mit dem dortigen Gesundheitswesen in Berührung gekommen sind.

Eine weitere Gruppe, die MRSA (Multiresistente Staphylococcus aureus) wird in Schlagzeilen oft als Krankenhausbakterien gehandelt, was jedoch irreführend sei, erklärte der Referent. Von den 7-800 Tonnen Antibiotika, die in Deutschland 2015 verordnet wurden, wurden 60 Prozent in der Tier- und 40 Prozent in der Humanmedizin angewandt. Von diesen 40 Prozent wurden 85 Prozent ambulant und nur 15 Prozent stationär verordnet.

Kein Risiko für gesunde Menschen

Die resistenten Keime kommen also in Kliniken nicht häufiger vor, können aber bei geschwächten, kranken Patienten mehr Schaden anrichten. Generell gefährdet seien vor allem sehr junge, sehr alte und kranke Menschen. Bei gesunden Menschen bestehe kein Erkrankungsrisiko, selbst wenn sie Träger der resistenten Keime sind.

Pöhlmann betonte, dass Bakterien lebende Organismen seien, und als solche sehr erfinderisch, wenn es darum geht, den Zelltod durch Medikamente zu umgehen. Treiber der globalen Resistenzentwicklung sind neben Antibiotika vor allem auch Biocide (Pflanzengifte), die ins Grundwasser gelangen. „Resistenten gibt es seit Jahrmillionen, doch die massive Verbreitung geht auf den Menschen bzw. auf den häufigen Gebrauch von Antibiotika zurück.“

Ein „Wettrüsten“ habe begonnen, bei dem die Bakterien im Vorteil gegenüber der medizinischen Forschung seien, da die Entwicklung von Antibiotika mit der Resistenzentwicklung nicht Schritt halten könne. „“Wir werden den Krieg gegen die Bakterien allein mit Antibiotika nicht gewinnen können“, prognostizierte der Hygiene-Facharzt.

Strenge Hygienemaßnahmen

Mit dem Infektionsschutzgesetzes IfSG und seiner Novellierung, die unter anderem strenge Präventionsmaßnahmen in Krankenhäusern verordnet, habe der Gesetzgeber ein dickes Brett gebohrt.

Da die Bakterien außer über Gegenstände und Lebensmittel vor allem über die Hände übertragen werden, ist die Händedesinfektion das A und O der Prävention. Neben der Flächendesinfektion sei in Krankenhäusern deshalb die der Hände für Personal, Patienten und Besucher Pflicht.

Insgesamt gesehen sei ein rationaler Umgang mit Antibiotika nach dem Motto “so wenig möglich, so viel wie nötig“ erforderlich. „Wir brauchen die Bakterien für unsere Existenz, sie uns jedoch nicht“, gab Doktor Pöhlmann den etwa hundert Zuhörern augenzwinkernd zu bedenken.

Die Messe ist am morgigen Sonntag, 12. November,  von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Hier einige Eindrücke von der Eröffnung der 16. Memminger Gesundheitstage (Galerie Sonnleitner) :