Bauantrag für Minarett wird erneut abgelehnt

Knappe Abstimmung im Memminger Stadtrat

veröffentlicht am 29.01.2024

In Memmingen wird es - vorerst - kein Minarett an der bestehenden Moschee in der Schlachthofstraße geben. Der Stadtrat hat den Bauantrag nun erneut abgelehnt. Archivfoto: DL

Memmingen (sg). Im Bauausschuss wurde bereits vergangene Woche über den geplanten Bau des Minaretts bei der Moschee in der Schlachthofstraße abgestimmt und mit Stimmgleichheit abgelehnt. Oberbürgermeister Jan Rothenbacher ließ nun den Gesamtstadtrat in einer öffentlichen Sitzung darüber abstimmen – mit erneuter Stimmengleichheit und damit der erneuten Ablehnung.

Rund 70 Gäste aus der Stadtgesellschaft füllten neben den Stadträten das Maximilian-Kolbe-Haus, darunter einige Vertreter der Türkisch-Islamischen-Gemeinde.

Der Bau des Memminger Minaretts ist dabei längst nicht mehr nur regionales Thema, sondern hat bereits deutschlandweit in den Medien Aufmerksamkeit erregt.

Keine baurechtliche Beanstandung

Nachdem Uwe Weißfloch, Leiter des Stadtplanungsamtes, nochmals dargelegt hatte, warum der Antrag baurechtlich nicht zu beanstanden sei, stellte Rechtsamtsleiter Martin Mittenhuber die beiden zur Abstimmung stehenden Wege vor: Entweder werde das Bauvorhaben oder eine circa eineinhalbjährige Veränderungssperre durch das Erstellen eines neuen Bebauungsplanes (mit einer Höhenvorgabe von 16 Metern) befürwortet.

Dass nicht nur die rechtliche Beurteilung und der Eid auf Gesetzestreue, sondern auch Bauchgefühl, gesellschaftliche Gründe und ein – in verschiedenen Generationen unterschiedliches – Stimmungsbildung der Bürger die Abstimmung der 39 anwesenden Stadträte beeinflusst hat, wurde in ausführlichen Redebeiträgen deutlich.

Gegenstimmen

Bei der Errichtung der Moschee sei die Zusage gegeben worden, kein Minarett zu errichten, betonte Fraktionsvorsitzender Horst Holas. Die CSU-FPD-Fraktion stimme daher mehrheitlich gegen beide von Mittenhuber vorgestellten Varianten. Zu groß sei derzeit die Sorge in der Stadtgesellschaft wahrzunehmen. Holas appellierte an die Türkisch-Islamische Gemeinde: „Überdenken Sie Ihren Bauantrag und geben Sie uns Zeit. Suchen Sie den Dialog.“

Bezugnehmend auf den Bau der Moschee und die höher als genehmigt gebauten Türme, bezog auch AfD-Stadtrat Christoph Maier Stellung: „Wer sich nicht an Vorschriften halten möchte, muss sich auch jetzt nicht auf Recht und Ordnung berufen.“ Ein Minarett sei zudem für die Ausübung der Religion nicht notwendig – vielmehr sei es ein Machtsymbol, so Maier. Weiterhin forderte er, die verpassten Gespräche zwischen Stadt, Ditip und Bürgern zu dem Thema nachzuholen.

Den Bau derzeit zu stoppen, um nach Lösungen zu suchen und in den Dialog zu kommen, hält auch Gottfried Voigt von den Freien Wählern für richtig.

Befürworter

Zustimmung findet der Bau bei Linken und Grünen, die auf Integration, Vielfalt in der Stadtgesellschaft und die Toleranz der jungen Generation setzen.

Für die Durchsetzung geltenden Baurechts stimmte auch die SPD-Fraktion, denn „sich an gesetzliche Vorgaben statt Bauchgefühl zu halten“ schaffe Vertrauen in unruhigen Zeiten, so der Fraktionsvorsitzende Matthias Ressler. Jedoch spricht sich die SPD-Fraktion, zu der auch Rothenbacher zählt, gegen Gebetsrufe aus. „Wir sind uns bewusst, dass das Minarett ein kleines Bauprojekt mit großer Diskussion ist und mehr Ablehnung als Zustimmung hat. Auch wir sehen den politischen Islam kritisch und befürchten, dass die türkische Regierung die Glaubensgemeinschaften missbraucht, um Israelfeindlichkeit durch Imame aus der Türkei in unsere Gesellschaft zu tragen“, so Ressler. Diese Fragestellungen müssten jedoch an höherer Stelle von den Landesregierungen und der Bundesregierung angegangen werden.

Gespalten zeigte sich die ÖPD. Die Entscheidung „Baugefühl gegen Baurecht“ falle nicht leicht, so Stadtrat Michael Hartge. Er werde sich jedoch an geltendes Recht halten und könne sich zudem ein weniger hohes Minarett (16 statt 24 Meter) vorstellen. So hält es auch der Christliche Rathausblock (CRB), der ein 16 Meter hohes Minarett ohne Gebetsrufe anerkennen würde.

Ablehnung bei Stimmengleichheit

Die Erstellung eines neuen Bebauungsplanes wurde mit 29 zu 11 Stimmen klar abgelehnt. Die Abstimmung zum Bauvorhaben endete mit 20 zu 20 Stimmen und damit - erneut - gegen den Bauantrag für das Minarett. „Wir lassen das sacken und werden gemeinsam über das weitere Vorgehen nachdenken“, reagierte Rothenbacher auf die Entscheidung.

Nun könne seitens der Türkisch-Islamischen Gemeinde geklagt werden, um doch noch bauen zu dürfen.