Bayerische Kommunen bitten Anwohner zur Kasse

Anlieger sollen sich zu 90 Prozent am Endausbau alter Straßen beteiligen

veröffentlicht am 03.09.2018

Am Endausbau alter Straßen in Bayern sollen sich die Anwohner nun mit 90 Prozent beteiligen. Doch diese wehren sich. Foto: Rainer Sturm/pixelio

Bayern/Memmingen (as/dl). In vielen bayerischen Städte und Gemeinden brodelt es derzeit, so auch in Memmingen: Nachdem die Straßenausbaubeiträge zum 1. Januar diesen Jahres abgeschafft wurden, erhitzen nun Erschließungsbeiträge für den Endausbau alter Straßen die Gemüter.

Nachdem die Anlieger vielerorts bereits erleichtert aufgeatmet haben, weil die Straßenausbaubeiträge endlich abgeschafft wurden, werden derzeit Anwohner verstärkt zur Kasse gebeten – und zwar für Straßen, die teilweise bereits seit Jahrzehnten genutzt werden, aber noch nicht „endausgebaut“ sind. An diesen Baumaßnahmen sollen sich die Anwohner mit 90 Prozent beteiligen.

Schuld ist eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes, die besagt, dass eine Kommune nach 25 Jahren keine Erschließungsbeiträge mehr einfordern darf. Diese Höchstfrist von 25 Jahren, gilt ab 1. April 2021. Bis zu diesem Termin müssen die betreffenden Straßen fertig ausgebaut und mit den Anliegern abgerechnet sein.

Auch die Städte und Gemeinden sind im Zugzwang, denn freiwillig verzichten dürfen sie auf die Einnahmen nicht, da sie von Gesetz wegen verpflichtet sind, Mindereinnahmen zu vermeiden. Also versuchen viele Städte und Gemeinden in Bayern nun, ihre Straßen noch rechtzeitig zu Ende zu bauen und bitten die Anwohner zur Kasse.

Diese wiederum wehren sich gegen die finanzielle Beteiligung, zumal sie die fraglichen Straßen bereits seit  vielen Jahren nutzen. Empört sind auch die 20 Anlieger des 1961 errichteten Steinheimer Aumühlweg Ost, die gemeinsam 90 Prozent der geschätzten Baukosten von 300.000 Euro zahlen müssen.  

Betroffen vom Endausbau sind außerdem folgende Straßen und Wege:

Bauernjörgweg (geschätzte Kosten: 280.000), Bergwangweg (250.000), Husarenstraße (90.000), Peutingerweg (430.000), Pfälzerstraße (360.000), Römerstraße (510.000), Schererstraße (60.000), Silcherweg (220.000), Unterer Prielweg (270.000 Euro), Waimerstraße (130.000).

"Im Amendinger Siechenreuteweg wird im Oktober 2018 die letzte Teerschicht gelegt. Hier liegen die geschätzte Kosten bei 360.000 Euro. Des weiteren wurde die Strigelstraße, 2014 begonnen, in diesem Jahr 'endausgebaut'", informierte Werner Glatz aus Steinheim die Lokale. "Die dortigen Hauseigentümer oder Grundstücksbesitzer wurden im April 2018 mit Zahlungsbescheiden der Stadt Memmingen aufgefordert, innerhalb von vier Wochen ihren Anteil, zum Teil bis zu 40.000 Euro, zu bezahlen", berichtet Glatz. 

Im Frühjahr wird der Stadtrat über weitere sechs Straßen beraten, die noch nicht endausgebaut sind. Die Straßennamen möchte Tiefbauamtsleiter Gernot Winkler im Vorfeld nicht nennen.

Bezirksrätin Christine Degenhart (Freie Wähler) aus Rosenheim startete eine Petition, die noch bis 20. Oktober 2018 läuft:

 https://www.openpetition.de/petition/online/strabs-abschaffen-aber-richtig/unterschreiben/adresse

Degenhart und ihre Mitstreiter fordern unter anderem, dass für Straßen, die älter als 25 Jahre sind, keine Erschließungsbeiträge mehr gezahlt werden müssen – und das nicht erst ab dem 1. April 2021, sondern rückwirkend zum 1. Januar 2018.Wer das Anliegen unterstützen möchte, kann die Petition unterzeichnen.