Beschlussvorlage der Stadtverwaltung wenig zielführend

Stadtrat berät über Planungsgrundlagen für das Rosenviertel

veröffentlicht am 01.10.2020

Die Vorstellungen von Bürgerschaft und Stadtverwaltung gehen bei der Neugestaltung des Rosenviertels weit auseinander. Foto: Elmar Würth

Memmingen (ew). Die Planungen für das in „Rosenviertel“ umbenannte Bahnhofsareal kamen in den vergangenen Monaten wegen der Pandemie etwas in den Hintergrund. Die zweite Themenwerkstatt wurde deshalb vergangenen Sommer in Form einer Online-Befragung der Bürgerschaft durchgeführt.

Die Ergebnisse dieser Befragung liegen nun auf dem Tisch und auch das von der Verwaltung in Auftrag gegebene Einzelhandelsgutachten der Beratungsgesellschaft „CIMA“ liegt vor. Beide Ergebnisse wurden in der jüngsten Stadtratssitzung ausführlich vorgestellt und es zeigte sich, dass sie sich schon in den Grundzügen doch deutlich unterscheiden. Während die CIMA zu dem Ergebnis kommt, dass im Rosenviertel großformatige Einzelhandelsnutzungen sinnvoll wären, zeigt die Bürgerbefragung, dass die Menschen dort mehr Wohnraum und eine gute Aufenthaltsqualität mit Gastronomie und Grünflächen wollen.

Die Stadtverwaltung setzt in ihrem Beschlussvorschlag allerdings ausschließlich auf das CIMA Einzelhandelskonzept und will dieses als Grundlage für den städtebaulichen Wettbewerb, der die Vorgaben für die Planungsbüros definiert, aufnehmen. Das Ergebnis der Online-Befragung dagegen solle vom Stadtrat lediglich zur Kenntnis genommen werden. Wirtschaftsförderer Michael Haider und der Leiter des Stadtplanungsamtes, Uwe Weißfloch, sehen die Gefahr, dass im Rosenviertel ein Verdrängungswettbewerb zur restlichen Altstadt entstehen könne, wenn man den Bürgerwillen als Grundlage nimmt. Beide wollen auf dem Areal einen großen Lebensmittelmarkt und ein oder zwei große Sport- oder Modegeschäfte sehen. Dem Thema „Wohnen im Erdgeschoß“ erteilte Weißfloch eine klare Absage.

Stadträte wollen mehr Wohnraum

Das sahen die Stadtratsfraktionen in der anschließenden Diskussion allerdings völlig anders. Matthias Ressler (SPD) sprach sich für deutlich mehr Wohnraum aus, der auch bezahlbar sein müsse. Er hält die diesbezüglichen Formulierungen der Verwaltung für „zu schwammig“ und wies auch auf das Schreiben des „Bürgerforums Altstadt“ hin, in dem es heißt: „Es war der vielfache Wunsch der beteiligten Bürger, vor allen Dingen für ausreichend Wohnraum zu sorgen – und eben nicht, größere Märkte anzusiedeln, wie das bei Ten Brinke der Fall gewesen wäre“.

Dieser Meinung schloss sich auch Prof. Dr. Dieter Buchberger (Bündnis 90/Die Grünen) an. Er schlug eine Festschreibung von mindestens 60 Prozent Wohnraum im Auslobungstext vor. Viel zu kurz kommt für Buchberger auch das Thema Verkehr. Er regte an, sich über eine verkehrsberuhigte platzartige Bahnhofstraße, die Bahnhof, Kunsthalle und Rosenviertel zu einer Einheit verschmelzen lässt, nachzudenken.

Auch Horst Holas (CSU) und Gottfried Voigt (FW) wollen den Planern bei ihren Überlegungen deutlich mehr Freiheit gewähren, als es das CIMA Gutachten vorsieht.

Schon im Vorfeld meldete sich das „Architekturforum Allgäu“ mit einem Brief an Oberbürgermeister Schilder zu Wort und kritisiert die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung als wenig zielführend. Das Einzelhandelsgutachten der CIMA als Grundlage für den Auslobungstextes zu nehmen, führe zurück zu der Problematik des Vorschlags von Ten Brinke, der genau deswegen vom Bürgerforum gekippt wurde.

Eine weitere Bürgerbeteiligung geplant

Die endgültige Formulierung des Auslobungstextes wird nun nicht von der Stadtverwaltung alleine erstellt. Vielmehr wirkt eine Arbeitsgruppe, die mit Stadträten aus allen Fraktionen besetzt wird, daran mit. Bevor das Wettbewerbsverfahren mit den Architekturbüros beginnt, soll es noch eine weitere Bürgerbeteiligung geben.