Der Generalissimus ist wieder da!

Der 11. Wallensteinsommer hat begonnen

veröffentlicht am 24.07.2022

Die elfte Historische Wallenstein-Festspielwoche ist eingeläutet. Bei brütender Sommerhitze zogen über 4.000 Akteure auf den Marktplatz ein. Fotos und Galerie: Sonnleitner

Memmingen (as): „Wallenstein 1630 in Memmingen – Bürger der Stadt spielen ihre Geschichte“ – endlich ist es wieder soweit: Bei rekordverdächtigen Temperaturen erlebten Tausende von Besuchern aus Nah und Fern den spektakulären Einzug des legendären Generalissimus Wallenstein, heuer verkörpert von Robert Junger, in die Innenstadt.

Die Honoratioren mit dem Schirmherrn, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (3.v.re): Dritter Bürgermeister Hans-Martin Steiger, Zweite Bürgermeisterin Margareta Böckh, Oberbürgermeister Manfred Schilder, Michael Ruppert, 1. Vorsitzender Fischertagsverein (von links). Rechts neben Söder: Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek und Karin Schilder.

Beim dritten Anlauf hat es endlich geklappt: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, seit 2016 Schirmherr der Wallensteinspiele, eröffnete gemeinsam mit Memmingens Oberbürgermeister Manfred Schilder die 11. Historische Festwoche. In bewährter Manier moderierte Jürgen Kolb die Mammutveranstaltung und flocht dabei nicht nur historisch Wissenswertes ein, sondern lenkte den Fokus auch immer wieder auf den bemerkenswerten Einsatz der über 4.000 Akteure des rein ehrenamtlich geführten Fischertagsvereins.

Während die Zuschauer auf den vollbesetzten Tribünen und an den Absperrungen gespannt auf die Spielleute, Gaukler, Zündler und Tänzerinnen warteten, die den Zug anführten und die Stadtoberen und Räte in ihrer schwarzen, spanischen Tracht würdevoll vor dem Steuerhaus schwitzten, führte Kolb dem Publikum auch den Aufwand vor Augen, der nötig ist, um die Festspiele mit ihrem erlebnisorientierten Rahmenprogramm auf die Beine zu stellen – angefangen von den originalgetreuen Kostümen, die regelmäßig inspiziert, repariert und erneuert werden müssen, bis hin zu den 300 tierärztlich begleiteten Pferden, die teils von weit her in die Innenstadt gebracht werden müssen.

Robert Junger gibt den Generalissimus im Wallensteinsommer 2022.

Dann kommt der Einzug in Schwung. Schon trabt die schwere Reiterei in schwarzer Rüstung auf den Marktplatz, es folgen weitere stolze Gesellen wie die Rontartschiere, Pikeniere (die größte Gruppe), schmucke Musketiere, Generäle und Kommissare sowie einige Trosse (ihnen obliegen die Unterstützungsaufgaben im Versorgungs- und Transportbereich eines Heeres) bis die berittene Leibwache Wallensteins in seiner Prunkkutsche in Sicht kommt – immerhin rund 50 Männer, während der Ministerpräsident sich mit vier Leibwächtern begnügen muss, wie Jürgen Kolb augenzwinkernd anmerkt.

Auf den Hofstaat, des Feldherrn folgten die Kutschen des Dänenprinzen Ulrich mit seiner Leibgarde und so geht es zügig weiter, bis alle 32 Gruppe sich präsentiert haben. Winken durfte einzig der Rathauschef, alle anderen Mitwirkenden halten sich streng an die Etikette der einen gewissen Ernst erfordernden Historientauglichkeit. Wie Moderator Kolb erklärte, habe man sich ein hohes historisches Niveau auf die Fahnen geschrieben, jegliche modernen Utensilien wie Uhren, Schmuck oder gar Tattoos sind tabu.

Die Spielleute verbreiten als erste Gruppe gute Stimmung unter den Zuschauern.

Kolb betonte auch, dass der Fischertagsverein sich mit der Figur des Generalissimus Wallenstein, der im Jahr 1630 vier Monate lang die Stadt besuchte (nicht etwa belagerte), durchaus kritisch auseinandersetze, sei dieser doch durch den Krieg reich und mächtig geworden. Einem Chronisten zufolge war die Zeit „glück und heil gewest“, eine Atempause für die Reichsstadt mitten im Dreißigjährigen Krieg. Auch dem Feldherrn, der 1634 von seinen eigenen Leuten gemeuchelt wurde, wird Memmingen in lebhafter Erinnerung geblieben sein, erhielt er doch hier seine Absetzungsurkunde.

Der Einzug war ein beeindruckendes Spektakel - sehenswert waren sie alle, ob Edeldamen Marketenderinnen oder Huren, Jäger mit ihrer Beute oder Kaufleute in ihren bunten Kostümen. Mit viel Applaus bedacht wurde auch die Reitergruppe Arturius und die Magyaren, eine kroatische Söldnertruppe, die sich am Abend mit den Kürissern bei den beliebten Reiterspielen im Reichshain messen durfte. Auf die schmucken Gallas Dragoner folgten die Kanoniere, die das schwerste Geschütz im Dreißigjährigen Krieg, die etwa sechs Tonnen schwere Nachtigall, auffuhren. Den Schlusspunkt des Zugs setzten die Bettler (die für das Kinderhilfswerk Der Bunte Kreis sammelten) und die geradezu gruselig zugerichteten Marodeure.

Alle Veranstaltungen bis zum Auszug am 31. Juli gibt es unter wallenstein-mm.de. Infos zur Stadtführung „memmingen im Sommer 1630“ unter erlebe-wallenstein.de.