„Digitalisierung macht nicht dement, aber oberflächlich“

10. Wirtschaftsforum Memmingen-Unterallgäu im Autohaus Rabus

veröffentlicht am 11.02.2020

Priv.-Doz. Dr. med. habil. Volker Busch, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsklinik Regensburg, informierte und amüsierte die Gäste im Autohaus Rabus mit seinem Vortrag zum Thema „Gehirn unter Strom". Foto: Sonnleitner

Memmingen (as). Wirtschaftsförderer Michael Haider begrüßte an die 200 Gäste im Autohaus Rabus zum zehnjährigen Jubiläum des Wirtschaftsforums Memmingen-Unterallgäu. Ebenso amüsanter wie lehrreicher Höhepunkt des Abends war der Vortrag "Gehirn unter Strom - Vom Umgang mit digitalem Alltagsstress" des Neurowissenschaftlers, Arzt und Profi-Redners Dr. med. habil. Volker Busch aus Regensburg.

Nachdem Landrat Hans-Joachim Weirather und Oberbürgermeister Manfred Schilder in ihren Grußworten die große Leistungsfähigkeit der Unternehmen und die prosperierende Wirtschaftsstruktur in Stadt und Landkreis hervorgehoben hatten, gab Gastgeber Gerhard Rabus den Teilnehmern einen kurzen Einblick in die Geschichte seines Autohauses, das 1969 mit einer kleinen PKW-Werkstatt in Lauben seinen Anfang nahm.

Dann präsentierte der Hausherr Zahlen und Fakten einer Studie der Hochschule Kempten, um mit Fake News über E-Mobilität aufzuräumen. „Wir brauchen E-Mobilität“, so der Nissan-Vertragshändler - nicht zuletzt, um die milliardenschweren CO2-Strafzahlungen zu vermeiden, die Autobauern laut EU-Verordnung ab 2021 drohen. „Das E-Auto kann die Zukunft sein. Es braucht nur mutige und risikofreudige Leute, um die Entwicklung voranzutreiben“, hofft Rabus auf eine Wende.

Der Neurowissenschaftler, Arzt und Profi-Redner Dr. med. habil. Volker Busch.

"Es ist nicht alles schlecht, was einen Bildschirm hat“

Wie wirkt sich die Digitalisierung auf das menschliche Gehirn aus? Diese auch für die Wirtschaft nicht unwichtige Frage erörterte der Gastredner, Privatdozent Dr. med. habil. Volker Busch, in einem spannenden Vortrag. Dabei wolle auch er mit Fake-News aufräumen: „Es ist nicht alles schlecht, was einen Bildschirm hat“, so Busch.

Amüsant und anschaulich legte der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie die Vor- und Nachteile des Einflusses digitaler Medien auf unser Denken dar. Dabei stehen Chancen wie ein erleichterter Wissenszugang und mehr Kommunikationsmöglichkeiten gegen Risiken wie Schlafstörungen, Kurzsichtigkeit und Konzentrationsmangel. Vor allem Letzteres, die „Verrohung“ von Konzentration und Fokus, der Aufmerksamkeitsschwund durch zu viel mediale Ablenkung, Zerstreuung, Unterbrechungen und Multi Tasking ist ein gravierendes Risiko in allen Lebensbereichen. Denn die Fähigkeit zu fokussieren ist verknüpft mit logischem Denken, mit Lernen, Intuition und Einfühlungsvermögen. „Digitalisierung macht nicht dement, aber oberflächlich“, konstatiert Busch.

Permanenter „Aufmerksamkeitsklau“

Der permanente „Aufmerksamkeitsklau“ wirke sich auch im Arbeitsleben aus, da jede Unterbrechung zu „Umschaltverlusten“ führe, Arbeitnehmer, Azubis, Studenten und auch Schüler haben weniger Zeit und machen mehr Fehler. Studien zufolge steige die Schulleistung um elf Prozent, wenn Kinder die Handys zuhause lassen. „Besonders in Grundschulen haben Handys nichts zu suchen, da die Konzentrationsfähigkeit der Kinder sich erst noch entwickelt“, betont der Dozent.

Der Rat des Experten an seine sehr aufmerksamen Zuhörer: „Nehmen sie sich eine Stunde Fokuszeit am Tag, um wichtige Aufgaben konzentrierter und effizienter zu erledigen und letztendlich zufriedener zu sein“, denn: „Entspannung für das Gehirn tritt durch Tiefe auf“. Die Fokuszeit bringt also beides: um bis zu 25 Prozent mehr geistige Leistung und Entspannung. „Aufmerksame Menschen sind geistig erfolgreicher“, informiert Volker Busch.

Mehr Kreativität durch geistige Pausen

Ebenso wichtig ist das geistige „Offline-gehen“: Das Gehirn braucht Zeiten ohne Input, Phasen der Ruhe und Kontemplation, um sich zu sortieren, also um Informationen und Eindrücke aufräumen, löschen oder verknüpfen zu können. Wenn das Denken zur Ruhe kommt, habe auch die Kreativität wieder Platz - und damit die auch in der Wirtschaft gefragte Innovationskraft.

„Was Menschen vor Maschinen auszeichnet, ist, dass wir analog zwischen zwei Polen schwingen“, erklärt Busch, er nennt sie Fokus und Panorama. „Gesundheit entsteht in der Schwingung“.

Info: Das Wirtschaftsforum findet seit 1999 etwa alle zwei Jahre in Memmingen oder im Landkreis Unterallgäu statt. Es dient als gemeinsame Plattform für regionale Unternehmen und Politik, um sich auszutauschen und zu netzwerken. Organisatoren sind die IHK Schwaben, die Kreishandwerkerschaft Memmingen-Mindelheim, die Stadt Memmingen, ProNah e.V. der Landkreis Unterallgäu sowie die Volksbanken und Raiffeisenbanken im Unterallgäu.