"Ein Spielplan, der berühren und beglücken soll"

„Zwischen den Zeiten“ - Landestheater Schwaben mit ganz neuem Programm

veröffentlicht am 15.05.2020

Radikales Umdenken in schwierigen Zeiten: Unter dem Motto „Zwischen den Zeiten“ hat das Team des Landestheaters Schwaben innerhalb von zwei Wochen ein komplett neues Programm für die Spielzeit 2020/21 erarbeitet. Foto: Sonnleitner

Memmingen (as). Einen konsequenten Weg hat das Landestheater Schwaben eingeschlagen, um aus der Corona-Misere das bestmögliche zu machen: Unter dem Motto „Zwischen den Zeiten“ hat das Landestheater-Team innerhalb von zwei Wochen ein komplett neues Programm auf die Beine gestellt. Weit mehr als nur ein Interimsprogramm, entwickelt der Spielplan als „Theater jenseits alles Gewohnten“ eine ganz eigene Qualität. Besonderer Auftakt ist eine theatrale Stadtraumbespielung.

Landestheater-Intendantin Dr. Kathrin Mädler. Foto: Sonnleitner

In dieser auch für Kultur und Kunst destruktiven Zeit sind kreative, aber gleichzeitig auch pragmatische Lösungen gefragt - was in diesem Fall ein radikalen Umdenken bedeutet: Anstatt die eigentlich für die Spielzeit 2020/21 geplanten Produktionen künstlerisch abzuspecken und auf Corona-Tauglichkeit herunterzubrechen, entschloss sich das Landestheater-Team, den gesamten ursprünglich geplanten Spielplan unter dem Motto „Reset now“ um ein Jahr auf die Spielzeit 2021/22 zu verschieben.

Außergewöhnliche Formate

„Zwischen den Zeiten“ dürfen sich Theaterfans nun auf stattliche 16 Premieren freuen, davon fünf Ur- und Erstaufführungen, zwei Stücke für das junge Publikum, sowie ein musikalischer Balladenabend. Außergewöhnliche Formate im Studio und im Stadtraum prägen diese besondere Spielzeit.

Bei einer Pressekonferenz, die auch auf youtube übertragen wurde, stellten Intendantin Dr. Kathrin Mädler gemeinsam mit Chefdramaturgin Anne Verena Freybott und Dramaturg Thomas Gipfel das neue Programm nun vor. (Die Pressekonferenz ist unter folgendem Link zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=OxTj8Rlejzg&feature=youtu.be)

Spielfreudig und ästhetisch anspruchsvoll

Der frisch entworfene neue Spielplan macht aus der viral diktierten Not eine kreative Tugend. Nicht minder spielfreudig, inhaltlich herausfordernd und ästhetisch anspruchsvoll wird das neue Angebot ab Herbst sein. Einen Spielplan der berühren und beglücken soll, „mit mehr Wärme und Umarmung als sonst“ verspricht Intendantin Dr. Kathrin Mädler. „Zwischen den Zeiten“ bietet es sich an, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die in Corona-Zeiten neues Gewicht erfahren haben: Was macht mich einsam? Was fehlt? Was ist Solidarität? Wie finde ich aus dem Abseits zurück in die Gemeinschaft?

"Monologe ohne alles"

Alle für die kommende Spielsaison eingeladenen Regieteams haben sich bereit erklärt, neue Produktionen für 2020/2021 zu konzipieren. Da das Proben mit größeren Besetzungen durch die geltenden Abstandsregeln nicht möglich ist, stehen nur ein oder zwei Schauspieler auf der Bühne – was das Spiel noch intensiver macht. „Ein Format für die Ausnahmesituation ist ‚Monologe ohne alles‘, in denen SchauspielerInnen mit einfachsten Mitteln eine komplette Welt in das Landestheater zaubern“, erklärt Kathrin Mädler.

Um auch den Zuschauern den erforderlichen Platz bieten zu können, finden fast alle Produktionen im großen Haus statt. Denn auch im Herbst, wenn die Theater voraussichtlich wieder öffnen dürfen, bleibt die Lage ungewiss. Die Auflagen zur Coronaprävention bleiben bestehen und erschweren nicht nur die Proben, sondern sorgen durch die Abstandsregelung dafür, dass das Geschehen auf der Bühne nur von 80 bis 100 Zuschauern im Großen Haus und von 10 bis 15 im Studio verfolgt werden kann.

Genaue Premierendaten stehen noch nicht fest

„Wir hoffen auf Entspannung und mehr Publikum“, so die Intendantin, auf jeden Fall müssen wir flexibel sein, das Programm muss jederzeit umplanbar sein.“ Darum stehen auch genaue Premierendaten noch nicht fest. Phantasievolle aber schnell umbaubare Bühnenbilder gewährleisten Flexibilität, um jederzeit umdisponieren zu können, falls sich an der Gesamtsituation wieder etwas ändert.

Schwere Zeiten für Kunst und Theater

Bei allem künstlerischen Optimismus betont Mädler aber auch, dass dies wirklich schwere Zeiten für Kunst und Theater sind und das Landestheater hohe Einnahmeverluste zu verkraften hat. Diese werden sich, bedingt durch die Abstandregeln, auch im Herbst fortsetzen. Mit Blick auf die Haushaltsdebatten betont sie „dass Theater und Kultur kein Luxus- und Freizeitgut ist, das man sich eben mal absparen kann. Gerade in dieser Zeit merken wir, wie wichtig es ist, sich im Theater und in der Kultur darüber zu verständigen, wer wir als Gesellschaft sein wollen, wie wir Gemeinsamkeit begreifen und stiften wollen. Hier kommt dem Theater eine ganz zentrale Rolle in der Gesellschaft zu, das dürfen wir keinesfalls vergessen", erklärt Kathrin Mädler nachdrücklich. "Deshalb spielen wir – und deshalb spielen wir auch unter verschärften Bedingungen.“

Den AbonnentInnen wird in dieser Spielzeit ein flexibles Anrechtskarten-System angeboten. „Wir hoffen, dass unsere Abonnementen an ihren Abos festhalten und wir gemeinsam durch diese Spielzeit gehen können“, so Mädler. Außerdem werden Einlassprozeduren und Abstandsmöglichkeiten im Zuschauerraum erarbeitet, damit die aktuellen Hygiene- und Sicherheitsanforderungen erfüllt werden und sich das Publikum gut aufgehoben fühlen kann.

Große Stoffe - neu erzählt

Doch nun zu den Stücken. Wie gewohnt erwartet das Publikum viel Zeitgenössisches, große Stoffe der Weltliteratur - neu erzählt für die Zwischenzeit. Auch in schwierigen Zeiten soll der regionale Bezug erhalten bleiben: Das Autorenduo Klüpfl & Kobr schreibt für das Landestheater eine futuristische Retrospektive über das Allgäu. Auch die Reihe „Theater und Kirche“ wird fortgesetzt.

37. Bayerische Theatertage werden nachgeholt

Die Intendantin kann noch eine weitere frohe Botschaft verkünden: Die 37. Bayerischen Theatertage, das größte bayerische Theaterfestival, das corona-bedingt dieses Jahr ausgefallen ist, wird vom 12. bis 23. Mai 2021 nachgeholt. „Das geplante Programm wird mit kleinen Veränderungen sicherlich ebenso spannend und aufregend wie das jetzige ausfallen“, verspricht Mädler.

Hier nun ein Überblick über die geplanten Premieren der neuen Spielzeit:

HELDEN* / HELDINNEN*
Eine theatrale Stadtraumbespielung
Mitte Juli 2020 / Ende August 2020

Direkt vor den Theaterferien und zu Beginn der neuen Spielzeit bevölkern einzigartige Figuren den Memminger Stadtraum und erzählen von ihren außeralltäglichen Erlebnissen: HELDEN* und HELDINNEN* aus der Geschichte, aus religiösen Schriften, nordischen Sagen, antiken Dramen, Comicbüchern, Filmen, Romanen und nicht zuletzt aus unserem aktuellen Zeitgeschehen berichten einem exklusiven Publikum in der Kulisse Memmingens von ihren außergewöhnlichen Taten. Auf den theatralen Stadtspaziergängen HELDEN* (Juli 2020) und HELDINNEN* (August 2020) geht das Publikum mit den Ensemblemitgliedern des Landestheaters Schwaben auf Forschungsreise: Wenn wir tatsächlich im sogenannten „postheroischen Zeitalter“ leben – warum hat dann die Sehnsucht nach Helden und Heldinnen Hochkonjunktur?

EVENT
von John Clancy
Deutsch von Frank-Patrick Steckel
Inszenierung: Peter Kesten
Premiere: September 2020, Großes Haus

Ein Schauspieler steht im gleißenden Scheinwerferlicht auf der Bühne und spricht zu uns über sich und die Zuschauer. Er spricht über dieses Ereignis, das wir »Theater« nennen und so vielen Regeln und Ritualen unterworfen ist, zu dem wir uns versammeln, das Gemeinschaft stiftet…
Der amerikanische Autor John Clancy hat mit EVENT eine wundervolle Theatereflektion geschaffen, die sich leichtfüßig und meditativ zugleich damit auseinandersetzt, was das Theater über das Leben sagen kann und was unser Leben mit dem Theater zu tun hat.

Der erste "Monolog ohne alles", in denen ein Ensemblemitglied mit einfachsten Mitteln für eine sehr geringe Anzahl von ZuschauerInnen eine komplette Welt in das Landestheater zaubert.

DIENSTAGS BEI KAUFLAND
von Emmanuel Darley
Deutsch von Klaus Gronau
Inszenierung: Kathrin Mädler
Premiere: September 2020, Studio

Jeden Dienstag macht sich Roberta auf den Weg in die Stadt, in der sie aufgewachsen ist und die sie irgendwann hinter sich gelassen hat, genauso wie ihr altes Ich. In ihrer Heimatstadt kennt man sie noch als Robert. Sie besucht dort ihren Vater, der seit dem Tod der Mutter allmählich zu vereinsamen scheint und mehr und mehr die Kontrolle über sein Leben verliert. Vor allem jedoch kann er nicht akzeptieren, dass er keinen Sohn mehr hat, sondern von nun an eine Tochter. Warmherzig, melancholisch und sensibel beschreibt Emmanuel Darleys Monolog das Spannungsverhältnis Robertas zwischen Unsicherheit und behauptetem Stolz, Verletzung und dem Versuch, wieder eine Nähe zum Vater entstehen zu lassen.

DIENSTAGS BEI KAUFLAND ist die zweite Produktion der Reihe "Monologe ohne alles".

IN DER DÄMMERUNG (DSE)
Schauspiel von Zinnie Harris
Deutsch von Karen Witthun
Inszenierung: Ingrid Gündisch, B & K: Franziska Isensee
Premiere: September 2020, Großes Haus

Zwei Frauen kriechen an Land auf einer einsamen Insel. Robyn und Helen sind bis auf die Haut durchnässt, Adrenalin rauscht durch ihre Adern, sie klammern sich aneinander. Ihr Boot ist gekentert, doch auf wundersame Weise haben sie beide das Unglück unversehrt überlebt. Während Helen optimistisch bleibt – bestimmt wird man sie bald retten –, ist Robyn am Rande der Verzweiflung. IN DER DÄMMERUNG von Zinnie Harris beginnt als klassische Robinsonade, entwickelt sich jedoch bald zu einem Vexierspiel über Erinnerung und Wahrnehmung, einer anrührenden Erzählung über Liebe, Verlust und Trauer und einer eindringlichen Variation des „Orpheus und Eurydike“-Mythos.

DON QUIJOTE
nach dem gleichnamigen Roman von Miguel de Cervantes
Deutsch von Susanne Lange
Inszenierung: Anne Verena Freybott, B & K: Franziska Isensee
Premiere: Oktober 2020, Großes Haus

Ein verarmter Landjunker schmückt seinen tristen Alltag damit aus, sich in die Welt seiner geliebten Ritterromane zu träumen. Freunde und Nachbarn versuchen so verzweifelt, ihn von der gefährlichen Literatur fernzuhalten, dass er schließlich mit einem zwangsverpflichteten Knappen in die große weite Welt zieht, um nun endlich große Heldentaten zu begehen: Don Quijote und Sancho Panza sind geboren! Der verträumte Idealist, der Windmühlen als zu bekämpfende Riesen sehen will, und der pragmatische Realist, der seinem Freund und Herrn in die verrücktesten Abenteuer folgt. Miguel de Cervantes weltberühmte Geschichte ist eine großartige Erzählung von unverbrüchlicher Freundschaft, eine Huldigung der Fantasie als bestes Mittel gegen die Unbill des Lebens und ein bis heute gültiger Appell, die eigene Geschichte selbst zu schreiben!

THE EXITEERS (Arbeitstitel) (Uraufführung)

Schauspiel von Maya Arad Yasur

Inszenierung: Sapir Heller, B & K: Valentina Pinor

Premiere: Oktober 2020, Großes Haus

Die gefeierte israelische Autorin Maya Arad Yasur schreibt ein brandneues Stück, und die Regisseurin Sapir Heller wird es am Landestheater uraufführen: Noch ist es nicht fertig, aber THE EXITEERS wird ein Krimi und Beziehungsdrama, das auf ebenso verrückt-schräge wie berührende Weise von Isolation, Identität und Beziehungen handelt. Zwei Menschen finden sich in einem verschlossenen Haus wieder, ohne sich an ihre eigene Identität und die Umstände ihres Zusammenkommens zu erinnern. Doch um das Haus zu verlassen und in die Freiheit zu gelangen, sind sie gezwungen herauszufinden, wer sie sind. Ein Paar, eine Familie, Geschwister? Nichts ist sicher und nicht alles real in diesem Escape-Room des Lebens.

JUGENDSTÜCK 13/14+

Ein weiterer "Monolog ohne alles" - Genaueres steht derzeit noch nicht fest.

DIE FÜSSE IM FEUER Balladen & Songs
Inszenierung: Kathrin Mädler, Bühne & Kostüme: Mareike Delaquis Porschka
Premiere: November, 2020, Großes Haus

Balladen sind Gedichte, die in der kleinen Form eine ganze Welt eröffnen: Gesprochen oder gesungen erzählen sie vom Sensationellen, Weltumstürzenden. Von Tod und Leidenschaft, von Verbrechen und Liebe, von Romantik und Mordlust. Sie appellieren an unsere Sensationsgier, an Voyeurismus und die Lust am Schauerlichen. Und sie wecken die Sehnsucht nach dem Wunderbaren und Phantastischen, nach Helden in schwerer Zeit. An einem ebenso düster-melancholischen wie absurd-komischen Abend reitet unser (kleines) Ensemble durch Nacht und Wind und erzählt Geschichten gegen die Einsamkeit.

LÜGNERIN (Uraufführung)
nach dem gleichnamigen Roman von Ayelet Gundar-Goshen
Deutsch von Helene Seidler
Inszenierung: Niko Eleftheriadis, B & K: Heike Mondschein
Premiere: Dezember 2020, Großes Haus

Als die junge, schüchterne Nuphar von einem alternden Ex-Schlagersänger beleidigt wird schreit sie die Nachbarschaft zusammen. Die Frage, ob der Sänger sie angefasst habe, bejaht Nuphar und erkauft sich mit dieser Lüge die lang ersehnte Aufmerksamkeit ihrer Umwelt. Eine Lüge führt zur nächsten, sie lernt andere lügende Menschen kennen und findet nach Zweifeln und Gewissensbissen bald Freude an der Manipulation der Wirklichkeit. Die israelische Autorin Ayelet Gundar-Goshen hat eine grandiose Erzählung über die Macht der Worte, die verführerische Leichtigkeit der Lüge und die unsichere Konstruktion unserer Welt geschaffen, die zum ersten Mal für eine Bühne adaptiert wird.

SZENEN EINER EHE nach dem Film von Ingmar Bergmann
Inszenierung: Max Claessen, B & K: Ilka Meier
Premiere: Dezember 2020, Großes Haus

Ingmar Bergmanns Film von 1973 ist die brillante Mutter des modernen Ehedramas. Das hochdramatische Kammerspiel handelt vom Scheitern der Ehe von Marianne und Johan, die sich zwischen perfekter Fassade, Ansprüchen ihrer Familie und der Suche nach sich selbst aufreiben. Zwei Menschen, die sich im Versuch zueinander zu finden so weit voneinander entfernen, dass die Kälte zwischen ihnen größer wird als ihre Liebessehnsucht. Ein intensives Schauspielerfest, das mit psychologischer Tiefe und einem bösen Humor berührt, verstört aber auch bestens unterhält.

EINE FUTURISTISCHE RETROSPEKTIVE ÜBER DAS ALLGÄU IM AUSNAHMEZUSTAND (Uraufführung)
Ein Auftragswerk von Volker Klüpfel und Michael Kobr
Inszenierung: Oliver Endreß, B & K: N. N.
Premiere: Dezember 2020, Großes Haus

Das vielfach ausgezeichnete Autorenduo Klüpfel & Kobr wagt einen Zeitsprung in eine Zukunft (hoffentlich) nach der Corona-Pandemie. Und schreibt für das Landestheater und für das Allgäu ein neues Stück aus aktuellem Anlass: Drei Forscher*innen schauen zurück auf die krisenhafte Zeit und nehmen das Geschehene mit zeitlichem Abstand unter die Lupe: Was sagen die regional ausdifferenzierten Hamsterkäufe über das Wesen der Allgäuer*innen aus? Warum ziehen eigentlich alle Krisen Spinner an? Hat denn wirklich irgendjemand in der Zeit drei neu Fremdsprachen, Yoga und Ukulele spielen gelernt? Sind die Allgäuer*innen solidarischer geworden? Und hat nun jeder Haushalt einen eigenen Sauerteig? Eine humorvolle, aber auch durchaus nachdenkliche Betrachtung dessen, was der Mensch tut, wenn er in eine unerwartete Bredouille kommt und eine Auswertung dessen, was der Mensch glaubt, aus einer überstandenen Notsituation lernen zu können.

LAMPEDUSA
Schauspiel von Anders Lustgarten
Deutsch von Stefan Kroner
Inszenierung: Magdalena Schönfeld, B & K: Franziska Isensee
Premiere: Januar 2021, Großes Haus

Stefano, ehemaliger Fischer auf der italienischen Insel Lampedusa, arbeitet bei der Küstenwache und entsorgt die Leichen der im Meer ertrunkenen Flüchtlinge. Denise, eine britisch-chinesische Studentin, finanziert ihr Politik-Studium in einer völlig verarmten Gegend Englands als Eintreiberin für ein Inkasso-Unternehmen. Beide haben sich durch ihre eigene prekäre Situation einem System unterworfen, dass Menschen als Kapital betrachtet. Und beide befreunden sich mit Menschen, die sie eigentlich abwickeln sollen. Emotional packend und voller Hoffnung erzählt der gefeierte britische Autor Anders Lustgarten in zwei miteinander verwobenen Monologen über Mitgefühl und die Möglichkeiten von Humanität und Solidarität - auch in für Alle schwierigen Zeiten.

IPHIGENIE AUF TAURIS
von Johann Wolfgang von Goethe
Inszenierung: Gregor Tureček, B & K: Juliette Collas
Premiere: Januar 2021, Großes Haus

In Goethes klassischem Humanitätsdrama IPHIGENIE AUF TAURIS kämpft die Titelheldin dafür, dass jeder Mensch sein Schicksal selbst bestimmen darf und nicht durch seine Vorfahren oder überholte Gesetze eingeschränkt wird. Die emanzipatorische Kraft, die Goethe seiner Iphigenie verleiht, ihr Ringen um eine versöhnliche Lösung im Konflikt zwischen alten Regeln und neuen Idealen sowie die zeitlosen Themen wie die Entwurzelung des Menschen machen den über 200 Jahre alten Text zu einer sehr heutigen Erzählung!

IN EINEM TIEFEN DUNKLEN WALD
nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Paul Maar
Inszenierung: Julia Dina Heße, B & K: N.N.
Premiere: Februar 2021, Großes Haus

Die Prinzessin Henriette-Rosalinde-Audora soll heiraten. Da ihr keiner der bisherigen Bewerber gefällt kommt ihr die Idee, sich von einem Untier entführen zu lassen, damit der tollste Prinz sie retten kann. Als die Prinzessin endlich ein Untier findet, will dieses sie gar nicht entführen, sondern nur ihren Proviant auffressen. Trotzdem kommen viele Prinzen, um sie zu befreien, aber alle scheitern schmählich. Bis die Prinzessin Simplinella von Lützelburgen als Prinz verkleidet vor der Höhle des Untiers steht, um die Prinzessin Henriette-Rosalinde-Audora aus den Klauen des Untiers zu retten… Aber wer ist hier eigentlich ein Untier? Und wer ein Prinz? Oder eine Prinzessin? Paul Maar, der Autor der SAMS-Bücher, schuf eine lustige, moderne Erzählung mit wundervollen Figuren, die das Märchengenre neu erfinden: Untiere sind nämlich eigentlich ganz nett und Prinzessinnen wollen viel lieber selber ihr Leben bestimmen, als einfach nur geheiratet zu werden…

DIE LABORANTIN
von Ella Road
Deutsch von John Birke
Inszenierung: Robert Teufel, B & K: Rebekka Zimlich
Premiere: März 2021, Großes Haus

In einer nicht näher benannten Zukunft hat sich unsere Gesellschaft zu einer Gesundheitsdiktatur entwickelt. Die Menschheit wird mit Hilfe von simplen Bluttests in ein Ratingsystem eingeteilt, das den Wert eines Menschen anhand seiner Lebenserwartung und zukünftiger Erkrankungen festlegt. Das Rating ist Grundlage für den Zugang zu guter Bildung, Krediten, anerkannten Berufen oder potentiellen Fortpflanzungspartner*innen.
Die junge britische Autorin Ella Road erzählt ihre Dystopie durch die erschreckende und anrührende Geschichte Beas, die als Laborantin in einer Klink arbeitet. Sie und ihr Freund Aaron haben gute Testergebnisse und Bea verschafft sich mit dem illegalen Verkauf von hochwertigem Blut einen lukrativen Nebenverdienst. Sie scheinen Nutznießer des Systems zu sein bis bald klar wird, dass in einer Gesellschaft die Leben in wert und unwert aufteilt niemand sicher ist…

JUDITH
Ein Monolog nach dem Drama von Friedrich Hebbel
In der Reihe: WERKSTATT-ENSEMBLE MACHT THEATER
Von und mit: Elisabeth Hütter
Premiere: April 2021

Die biblische Gestalt von Judith, die ihre Heimatstadt vor der Belagerung durch Holofernes rettet, indem sie ihn mit seinem eigenen Schwert enthauptet, hat von Cranach und Klimt bis Sigmund Freud die Kulturgeschichte immer wieder beschäftigt. Im gleichnamigen Theaterstück von Friedrich Hebbel z.B. ist Judith eine selbstlose Kämpferin, nicht bloß für ihr Volk, sondern auch für ihre sexuelle Selbstbestimmung. Elisabeth Hütter nähert sich dieser faszinierenden Geschichte über das Ineinander von Politik, Religion und Sexualität, dieser schillernden Figur, aus weiblicher Sicht!