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Ein überdimensionaler Stuhl als Mahnmal

Kunstinstallation gegen Antisemitismus am Hühnerberg

veröffentlicht am 06.07.2024
Stuhl Alles rief Heil Christian Springer Hühnerberg MM

Die Kunstinstallation „Alles rief Heil“ steht diesen Sommer auf dem AWO-Parkplatz am Hühnerberg. Fotos: Tanja Ackermann

Memmingen (sg). Ein auffallend großer, weißer Stuhl steht für etwa sechs Wochen auf dem Parkplatz des AWO-Seniorenheims in der Hühnerbergstraße. Dabei handelt es sich um die Kunstinstallation „Alles rief Heil“ des bayerischen Kabarettisten Christian Springer, in Kooperation mit der der AWO Schwaben.

Der Stuhl stand erstmals 2023 in München am Isartor, durch das auch die Putschisten um Hitler 1923, genau vor 100 Jahren, gezogen sind. In einer kurzweiligen, lebendigen Geschichtsstunde gab Springer den rund 70 Gästen, darunter AWO-Mitarbeiter, Bewohner sowie Schüler und Lehrer der FOS, einen Einblick in die Hintergründe der Kunstinstallation. „Wer eingesperrt ist, sitzt. So wie Hitler 1923 nach dem gescheiterten Putsch im Gefängnis in Landsberg“, erklärte Springer die Idee des Stuhls, den er gemeinsam mit Elias Stricker und Kerstin Schweiger konzipiert und gestaltet hat. Zudem stand Hitler beim Putsch im Bürgerbräukeller (heute: Gasteig) auf einem Stuhl, als er verkündete: „Die nationale Revolution ist ausgebrochen. Die bayerische Regierung ist abgesetzt. Die Reichsregierung ist abgesetzt.“ Mit dabei waren beispielsweise auch Heinrich Himmler, Paul von Hindenburg und Hermann Göring.

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„Geschichtsstunde“ mit Christian Springer. Im Hintergrund Dieter Egger.

Brücke in die Gegenwart

Springer geht es jedoch nicht nur um den Hitlerputsch, sondern um ein Verständnis für größere Zusammenhänge. Um zu verstehen, wie es zum Aufstieg der NSDAP und zur Machtergreifung kam, geht er bis vor den Ersten Weltkrieg zurück. Zudem sei es markant, dass der Hitlerputsch bereits 10 Jahre vor der Machtergreifung stattgefunden habe. Dies sei ein offensichtlicher „Kipp-Punkt“ gewesen, der jedoch von einem Großteil der Bevölkerung nicht ernst genommen wurde. Hier zog Springer die Parallele zu heute und betonte: „Ich setze mich ganz vehement gegen rechte Tendenzen ein.“ Heute ist bekannt, dass die NSDAP und Hitler einflussreiche Unterstützer in Wirtschaft und Gesellschaft gehabt haben, z. B. Thyssen oder Ford. Und auch heute seien es nicht nur die, die vorne stehen. „Wir müssen dahinter schauen, rechtzeitig - und uns geschlossen gegen rechtsextreme, antisemitische und menschenfeindliche Tendenzen der Gegenwart stellen“, appelliert Springer.

Der Hühnerberg als idealer Platz

Dieter Egger, Vorstandsvorsitzender der AWO Schwaben, betonte die „historische Wurzel“ des gewählten Ortes für dieses auffällige Mahnmal und Zeichen gegen Antisemitismus. Denn der Hühnerberg war während der Nazizeit Kriegsgefangenenlager und anschließend Lager für die Vertriebenen aus dem Sudetenland. „Es ist daher ein idealer Platz für die Kunstinstallation von Christian Springer“, so Egger und fügte hinzu: „Währet den Anfängen, heißt es bekanntlich. Wir als AWO Schwaben sind uns der Brisanz der aktuellen Situation und unserer Verantwortung bewusst.“ Erinnerungsarbeit werde bei der AWO gelebt, ergänzte Brigitte Protschka, Präsidentin der AWO Schwaben. Und dieser Stuhl rege sicherlich zur Diskussion an, denn es sei ein wichtiges Thema für die ganze Gesellschaft.
Eingeladen dazu sind auch die Memminger Schulen. Springer geht auf Anfrage persönlich in Schulklassen, denn es ist ihm ein großes Anliegen „die Vergangenheit zum Verständnis der Gegenwart lebendig und verständlich zu machen."