"Eine salomonische Lösung"

Altstraßen: Anlieger zahlen nur 50 Prozent der Erschließungskosten

veröffentlicht am 09.07.2019

Zu den zwölf Straßen, die von der neuen Regelung betroffen sind, gehört auch der Berwangweg in Amendingen. Fotos: Sonnleitner

Memmingen (as). Gute Nachrichten für die Anlieger der viel umstrittenen 25 Jahre und älteren, bereits fertig gestellten, aber erst kürzlich endausgebauten Straßen: Statt des bisher von der Stadtverwaltung geforderten 90-prozentigen Anteils an den Erschließungskosten müssen sie jetzt nur noch 50 Prozent bezahlen. Die andere Hälfte übernimmt die Stadt Memmingen. Dies beschloss der Stadtrat in seiner jüngsten Plenumssitzung einstimmig.

„Wir haben euch gewählt, wir zählen auf euch!“, war auf einer der vielen Tafel zu lesen, welche die etwa 120 Anlieger/innen der Altstraßen mit in die öffentliche Sitzung gebracht hatten. Es geht um die umstrittenen Erschließungsbeiträge für alte Straßen, genauer gesagt um die Teramostraße, Glendalestraße, Steinheimer Stadtweg, Sachsenstraße, Pfälzerstraße, Waimerstraße, Römerstraße, Siechenreuteweg, Unterer Prielweg, Bauernjörgweg, Peutingerweg und den Berwangweg.

Die Forderungen kamen für viele Anlieger der Altstraßen überraschend und erhitzte die GEnmüter.

Das Thema bewegt und erhitzt seit geraumer Zeit die Gemüter, doch bereits beim Runden Tisch im Mai, bei dem sich Vertreter von Stadtrat, -verwaltung und der Bürgerinitiative „Alt-Straßen-Ersterschließung“ zusammengefunden hatten (wir berichteten) wurde deutlich, dass die Fraktionen des Stadtrats den Anliegern bei der Kostenregelung entgegenkommen möchten. Nun hat der Stadtrat einen Beschluss gefasst.

"Eine politische Entscheidung"

"Dies ist eine politische Entscheidung, die nicht von Seiten der Stadtverwaltung zu treffen ist", betonte Oberbürgermeister Manfred Schilder, nachdem Stadtkämmerer Jürgen Hindemith die Sachlage geschildert hatte. Einstimmig votierte der Stadtrat für den von Schilder formulierten Vorschlag, demnach die Stadt Memmingen 50 statt nur zehn Prozent der Erschließungsbeiträge der betroffenen Straßen übernimmt. Die Last wird also zu gleichen Teilen auf die Stadt und die Anlieger verteilt. Dies betrifft die oben genannten, bereits fertig gestellten, aber noch nicht abgerechneten Straßen.

Rund fünf Millionen Euro hätte der 90-prozentige Anteil der Anliegerinnen und Anlieger der zwölf Memminger Altstraßen eigentlich betragen, deren Ersterschließung noch mit der Stadt abgerechnet werden muss. Mittlerweile trat jedoch eine Gesetzesänderung des Landtags in Kraft, die es den Kommunen ermöglicht, den Anteil der Anlieger zu verringern oder auch ganz auf ihn zu verzichten, was die Bürgerinitiative dann auch gefordert hatte. (Im Wortlaut: „Liegt der Zeitraum des Entstehens der Beitragspflicht zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 31. März 2021, so kann die Gemeinde in der Satzung einen höheren Anteil festlegen oder den Beitrag ganz erlassen.“)

"Damit wir solche Probleme in Zukunft nicht mehr haben, müssen wir Straßen eben frühzeitig fertigstellen", resümierte Schilder.

Was die im April vom Stadtrat zurückgestellte Entscheidung über die noch nicht endausgebauten Straßen Aumühlweg Ost, Husarenstraße, Schererstraße, Silcherweg, Alter Postweg Hart, Achstraße (Heinzelmannstraße) und Othmundstraße betrifft, so wurde nun entschieden, den Endausbau im Umfang von rund 870.000 Euro endgültig nicht mehr durchzuführen.

Keine Grundsteuererhöhung

Auf Antrag von Petra Beer (SPD) soll in dem Stadtratsbeschluss auch festgehalten werden, dass die Mindereinnahmen der Stadt von rund drei Millionen Euro nicht durch eine Erhöhung der Grundsteuer (die auf die Mieter umgelegt würde) gegenfinanziert werden.

Einhellige Zustimmung

Wolfgang Courage (CRB) zeigte sich zwar verärgert über das "Sackhüpfen der Koalition im Bayerischen Landtag", lobte aber den Beschluss als eine „salomonische Lösung, der man mit gutem Gewissen zustimmen kann“. Auch Klaus Holetschek CSU sprach von einem „guten, richtungsweisenden Entschluss“. Die sichtlich erleichterten anwesenden Anleger applaudierten.

Bis 22. Juli soll die Stadtverwaltung die Ausbaubeitragssatzung ändern. Danach verschickt die Stadt Memmingen Bescheide an die betroffenen Anlieger.

Wie der finanzielle Ausfall der Stadt kompensiert werden soll, wird im Zuge künftiger Haushaltssitzungen für das Jahr 2020 beraten.