Elektrifizierung: „Der Anfang ist gemacht“

Elektrischer Bahnbetrieb nun auch im Nahverkehr

veröffentlicht am 30.11.2021

So sieht er aus, der FLIRT3 von GoAhead Bayern. Fotos: Winfried Karg

(dl/as). Mit der Umstellung des Fahrplanes am 12. Dezember 2021 beginnt nun auch im Nahverkehr auf der Strecke München-Memmingen-Lindau nach dem Dampf- und Dieselzeitalter der elektrische Betrieb. „Noch erreicht er nicht den Kern des Allgäus, aber der Anfang ist gemacht“, schreibt der bayerische Staatsminister a.D. Josef Miller, der das ehrgeizige Bahnprojekt über vier Jahrzehnte begleitet hat.

Übersichtlicher Führerstand des FLIRT3 mit elektronischen Displays.

Seit der Elektrifizierung dieser Strecke im letzten Jahr fährt der Schweizer Hochgeschwindigkeitszug „Astoro“ (abgeleitet vom italienischen astore für „Habicht“) sechsmal am Tag auf der Strecke von München über Memmingen nach Zürich in beiden Richtungen. Die Fahrzeit München-Memmingen beträgt eine Stunde. Mit der Fahrplanumstellung kommen acht weitere Zugpaare mit der Bezeichnung „FLIRT“ des englischen Bahnunternehmens Go-Ahead von Memmingen aus mit Halt in Mindelheim, Türkheim, Buchloe und München-Pasing hinzu. Auch hier beträgt die Fahrzeit eine Stunde.

„Dem Auto überlegen“

Insgesamt umfasst das Zugangebot an Werktagen auf dieser Strecke 33 Zugpaare im Nah- und Fernverkehr. „Durch die Verkürzung der Fahrzeit und die starke Ausweitung des Angebotes, bei dem man nicht mehr lange auf den nächsten Zug warten muss, ist die Bahn mit dem Auto konkurrenzfähig oder überlegen“, so Miller, der als „Geburtshelfer“ der Elektrifizierung gilt. „Die Fahrt im Zug ist durch die mögliche Nutzung des Tablets oder Laptops heute keine vertane Zeit mehr, sondern Arbeitszeit. Zudem zählt die elektrifizierte Bahn zu den umweltfreundlichsten Verkehrsmitteln.“

Blick in den Innenraum des Flirt3 im Niederflurbereich.

Die exzellente Zusammenarbeit mit den baden-württembergischen Politikern habe die Elektrifizierung ganz wesentlich unterstützt und zum Erfolg beigetragen, erklärt Miller. Das sei bei dem Eisenbahn-Bau früher noch anders gewesen. Josef Miller verweist auf den Bahnhistoriker Dr. Martin Pabst, der in Millers Buch „München – Lindau unter Strom“ die wechselvolle Geschichte der Bahn auch auf württembergischem Gebiet beschrieben hat: Im Jahr 1865 nahm die württembergische Gemeinde Wangen ohne Absprache mit staatlichen Stellen Verbindung mit der bayerischen Stadt Memmingen auf. Die damaligen württembergischen Politiker erachteten ein solches Vorgehen als völlig ungehörig, geäußert wurde sogar: „Einem Bezirk, der mit dem Ausland konspiriert, geht das Recht auf eine Eisenbahn verloren.“ Es dauerte noch bis 1890, also 25 Jahre, bis die Bahnlinie von Lindau nach Augsburg bzw. München zusammengestückelt war. „So lange darf die Elektrifizierung des Allgäus aber nicht mehr dauern“, kommentiert Buchautor Josef Miller.

Das Buch „München-Lindau unter Strom – Langes Ringen um Mobilität und Klimaschutz“ ist u. a. im Shop der Augsburger Allgemeinen für 18,60 Euro beziehbar.