Jede achte Frau erkrankt an Brustkrebs

Ärzte informieren über neue Diagnose- und Therapieverfahren

veröffentlicht am 12.12.2018

Gynäkologie-Chefarzt Privatdozent Dr. Felix Flock vom Klinikum Memmingen klärte mit Kollegen bei einem Informationsabend vor rund 100 Interessierten über neue Therapiemöglichkeiten bei Brustkrebs auf. Foto: Häfele/Pressestelle Klinikum Memmingen

Memmingen (dl). Jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Das sind rund 70.000 Frauen im Jahr. Während die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen kontinuierlich steigt, sinkt die Sterblichkeitsrate durch immer bessere Therapiemethoden, die zudem exakter auf die jeweilige Patientin zugeschnitten werden können. Darüber informierten Gynäkologie-Chefarzt Privatdozent Dr. Felix Flock vom Zertifizierten Brustzentrum am Klinikum Memmingen und seine Kollegen bei einem gut besuchten Informationsabend.

„Brustkrebs ist heute gut behandelbar und vor allem heilbar“, betonte Gynäkologie-Chefarzt Dr. Felix Flock vor rund 100 überwiegend weiblichen Zuhörern im großen Konferenzraum des Klinikums. „Deswegen scheuen Sie sich nicht davor, zum Arzt zu gehen, wenn Sie etwas an der Brust ertasten.“ Je früher der Krebs erkannt werde, desto größer sei bekanntlich die Heilungschance.

„Außerdem muss bei einem früh diagnostizierten Brustkrebs meistens weniger radikal operiert werden“, informierte Flock als Leiter des Zertifizierten Brustzentrums am Klinikum Memmingen und klärte auch über neue medikamentöse Therapiemethoden auf.

Doppelte HER2-Antikörper-Blockade

Für Patientinnen mit einem HER-2-positiven Brustkrebs, das ist ein Tumor, auf dessen Gewebe sich sehr hohe Mengen des Proteinbausteins HER2 befinden, gebe es jetzt eine neue Form der Antikörpertherapie – nämlich die sogenannte doppelte HER2-Antikörper-Blockade. Dabei werden zwei Medikamente gleichzeitig eingesetzt, die das Wachstum der Tumorzellen verhindern sollen.

„Durch die doppelte Blockade ist eine Steigerung des Therapieerfolges möglich“, erklärte Flock. Dadurch bestehe die Chance auf ein signifikant verlängertes Überleben vor allem bei Frauen mit hohem Rückfallrisiko. Denn der HER2-positive Tumor, an dem 15 bis 20 Prozent aller Brustkrebspatientinnen leiden, gilt laut Flock als besonders aggressiv, da er schnell und unkontrolliert wächst.  

Herz und die Lunge besser geschont

Dr. Carsten Fels vom Praxisverbund Strahlentherapie Süd mit Standort am Klinikum Memmingen informierte über Neuerungen der Strahlentherapie bei der Behandlung von Brustkrebspatientinnen. Fels stellte den Zuhörern das sogenannte Atemgating vor. Das ist eine atemabhängige Bestrahlung, durch die bei linksseitigem Brustkrebs das Herz und die Lunge besser geschont werden können.

„Bei dieser Behandlungstechnik erfolgt die Bestrahlung durch hochenergetische Röntgenstrahlen ausschließlich bei tiefer Einatmung, wenn also die Lunge gut mit Luft gefüllt ist. Der Abstand vom Herzen zur Brustwand vergrößert sich und so kann die Herzbelastung im Rahmen der Brustbestrahlung deutlich reduziert werden.“

Der Facharzt für Strahlentherapie informierte auch darüber, dass bei Patientinnen ohne einen Tumorbefall der Lymphknoten die Therapiezeit einer Bestrahlung von sechs auf drei Wochen verkürzt werden könne – bei gleich guten Langzeitergebnissen: „Dabei wird die Dosis der einzelnen Bestrahlung moderat erhöht, die Behandlungsdauer kürzer und lokale Nebenwirkungen werden seltener. Die Lebensqualität wird insgesamt verbessert.“

Ergänzende Therapiemethoden

Die Lebensqualität während der Therapie erhöhen könnten auch komplementäre, also ergänzende, Therapiemethoden, sogenannte Naturheilverfahren, über die Oberärztin Dr. Jutta Lefarth informierte.

Dabei sei es wichtig, vor Einnahme von komplementären Therapeutika mit dem behandelnden Arzt zu sprechen: „Denn Untersuchungen zeigen, dass durch die Anwendung solcher Therapeutika wie beispielsweise Vitamin-E-Präparaten, Johanniskraut, Echinacea, Soja oder Rotklee eine Wirkungsveränderung der in der Klinik eingeleiteten Tumor-Therapien zu erwarten ist.“

Relativ risikoarm und gut verträglich seien Mistel-Extrakte, die während der Krebstherapie zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität führen könnten: „Sie wirken gegen das Müdigkeitssyndrom, gegen Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und lindern tumorbedingte Schmerzen.“ Sinnvoll sei es laut Gynäkologin Lefarth auch, den Selen- und Vitamin-D-Spiegel im Körper zu bestimmen: „Studien belegen ein verlängertes Überleben von Brustkrebspatienten bei einer optimalen Höhe des Vitamin-D-Spiegels.“ Selen kann zudem das Immunsystem während der Chemo- und Strahlentherapie unterstützen.

 Wiederaufbau der Brust    

Prof. Dr. Christoph Höhnke, Leiter der Abteilung für Plastische und Ästhetische Chirurgie am Klinikum Memmingen, informierte über die Möglichkeiten des Wiederaufbaus der Brust nach einer Tumoroperation.

„Im Rahmen der Sofortrekonstruktion, das heißt noch in der gleichen Operation, können wir in vielen Fällen im Anschluss an die Entfernung der Brust den Wiederaufbau direkt einleiten und ein natürlich wirkendes Ergebnis erzielen.“ Als Alternative könne auch Eigengewebe aus Rücken, Bauch oder Oberschenkel für die Rekonstruktion der Brust verwendet werden, informierte Höhnke und zeigte dabei anschauliches und überzeugendes Bildmaterial. „Im Falle einer kompletten Entfernung kann in einem letzten Schritt mit der Neubildung der Brustwarze und des Warzenhofes die Brustrekonstruktion sozusagen vollendet werden.“