Memminger Landtagsabgeordneter ein „strammer Rechter“

Vortragsabend über nationalistische Tendenzen in Bayern

veröffentlicht am 13.05.2019

Der Grünen-Landtagsabgeordneten Cemal Bozoglu und der Journalist Sebastian Lipp von „Allgäu ⇏ rechtsaußen“ referierten auf Einladung des Kreisverbandes der Grünen über den Rechtsradikalismus im Allgäu. Foto: Würth

Memmingen (ew). „Strategien gegen den Rechtsradikalismus“ war der Titel einer Veranstaltung der Grünen mit dem Landtagsabgeordneten Cemal Bozoglu aus Augsburg und dem Journalisten Sebastian Lipp von „Allgäu ⇏ rechtsaußen“. Cemal Bozoglu berichtete über die bei der vergangenen Landtagswahl erstmals ins Maximilianeum eingezogene AfD. Ein Großteil der AfD im bayerischen Landtag gehöre laut Bozoglu zum völkisch-nationalistischen Flügel von Björn Höcke. Zu dieser rechtsextremen Gruppierung zähle auch der Memminger Rechtsanwalt Christoph Maier.

Der Anwalt sei ein „strammer Rechtsaußen“ und habe Verbindungen zu Burschenschaften und anderen rechtsradikalen Strukturen, weiß der Grünen-Politiker Cemal Bozoglu. Im Verfassungsausschuss habe sich Maier auch für weniger Frauen im Landtag ausgesprochen, weil das "die Muslime überfordere".

Bozoglu bezeichnet die Politik der AfD im Landtag als reine Schaufensterpolitik. Weiter versuche die AfD Gelder, die für Integrationsmaßnahmen vorgesehen waren, für Abschiebungen zu verwenden. Ein Großteil der AfD-Fraktion, darunter auch Christoph Maier, habe bei einer Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus den Plenarsaal verlassen.

AfD in sozialen Netzwerken sehr präsent

Ein großes Problem sei auch die Dominanz der AfD in den sozialen Netzwerken wie facebook und youtube. Deren Posts hätten ein Sechsfaches an Klicks als die Posts aller freiheitlich demokratischen Parteien zusammen, weiß Bozoglu. Bürgerwehren und Reichsbürger würden bewusst verharmlost und auch die rechte Musikszene sei in Bayern sehr aktiv.

Der Grünen-Politiker gesteht ein, dass in unserer Gesellschaft nicht alles in Ordnung sei. Gerade deshalb müsse man über die Probleme diskutieren, aber das gehe auch ohne zu polarisieren, meint der Computerexperte mit türkischen Wurzeln.

Rechte Musikerszene im Allgäu sehr aktiv

Der Chefredakteur der Dokumentationsplattform „Allgäu ⇏ rechtsaußen“ Sebastian Lipp, berichtete im Anschluss über die rechtsextreme Musikszene im Allgäu, die laut seiner Recherchen seit den Neunzigerjahren im Allgäu sehr aktiv ist. „Voice of Anger“ habe sich 2002 aus vorher verbotenen Organisationen gegründet, aber das Personal sei seit 1995 immer das gleiche. "Jedes Mal wenn es brenzlig wurde, habe man einen neuen Namen gewählt", so Lipp.

Aus dem Publikum wurde gefragt, warum man „Voice of Anger“ nicht ebenfalls verbiete? "Dafür muss auch der politische Wille vorhanden sein", antwortete Lipp. Diesen Willen sehe er aber im Bayerischen Innenministerium nicht. Weil diese rechtsradikalen Gruppen bewusst keine Mitgliederlisten führten, sei es auch schwierig, sie zu fassen.

Kopf von „Old School Records“ frei gesprochen

Lipp nannte als aktuelles Beispiel das Musik-Label „Old School Records“. Mit deren Kopf, dem Biobauern Benjamin Einsiedler, beschäftigte sich vergangenes Jahr in Memmingen erst das Amtsgericht und dann das Landgericht, nachdem bei einer Polizeirazzia Tonträger mit volksverhetzenden Texten sichergestellt wurden. Warum Einsiedler beim Landgericht in allen Anklagepunkten freigesprochen wurde, konnte Lipp aber nicht nicht sagen. Der Fall liege derzeit am Oberlandesgericht in München.

Bozoglu warf bei diesem Punkt ein, dass man in solchen Fällen eine Petition an die Staatsregierung schreiben kann. Wenn der Verdacht aufkommt, dass ein Richter rechtsgerichtete Tendenzen zeigt oder Straftaten bewusst herunterspielt, genüge ein Stift und ein Zettel, um den Landtag zu informieren. Der müsse sich dann des Problems annehmen.

Info: Die Initiative „Allgäu ⇏ rechtsaußen“ recherchiert, dokumentiert und analysiert die Umtriebe von Neonazis und anderen Rechtsradikalen im Allgäu und den angrenzenden Regionen. Dazu setzt sie auf eigene Recherchen und ihr umfangreiches Archiv zur örtlichen Szene, wertet relevante Polizei- und Presseberichte aus, befragt die Behörden und steht in Kontakt mit Parlamentariern, die mit dem Thema zu tun haben.

Weitere Information gibt es im Internet unter:www.allgaeu-rechtsaussen.de.