"Mir Freie Wähler schwätzat blos, wem mehr Ebbas zom sah hand"

Vorwiegend heiter ging es am Aschermittwoch bei den Freien Wählern zu

veröffentlicht am 16.02.2018

Jürgen Haffelder, 1. Vorsitzender der Freien Wähler, begrüßte die Aschermittwochsgäste im Gasthof zum Schwanen. Fotos: Sonnleitner

Memmingen (as). Vorwiegend heiter, aber auch nachdenklich-besinnlich ging es beim Aschermittwoch der Freien Wähler Memmingen (FW) im Gasthof zum Schwanen zu. Die Themen reichten von der angestrebten Stadtentwicklung über die abzuschaffende Straßenausbaubeitragssatzung bis zur (meist humorfreien) Gesprächskultur im Stadtrat.

Nicht zu Aschermittwochsschimpfe aufgelegt war Stadtrat Hermann Zelt. Seine Sorge gilt der zunehmenden Entvölkerung der Innenstadt und den Ladenschließungen in Randgebieten der Altstadt wie der dereinst florierenden Kalchstraße. "Das neu geplante Bahnhofsareal bringt uns hoffentlich eine großartige Belebung dieser ausgestorbenen Stadtecke", so Zelt etwas zweifelnd, "wenn auch erst in zwei bis drei Jahren".

Zelt begrüßte den kürzlich gegründeten Arbeitskreis für die bessere Vermarktung von Memmingen, der die Stadtentwicklung vorantreiben soll. "Genau sowas braucht Memmingen!". Denn: "Mit unserer wunderschönen und einzigartigen Altstadt sind wir sicherlich sehr gut aufgestellt, wir müssen es nur noch schaffen, dass das in den Köpfen der potentiellen Besucher bemerkt wird."

Um den Handel in der Innenstadt zu fördern und die Besucherzahlen zu erhöhen, regte Zelt weitere Aktionen und Attraktionen wie "Memmingen blüht", "Fischertag", Wein- und Stadtfest an. Dies solle durch ein zusätzliches Eventmanagement passieren, das von der Stadt Memmingen unterstützt und finanziert wird.

Wertvoll für eine lebendige Innenstadt wäre es außerdem, wenn alle Akteure - also Stadt, Stadtmarketing und Altstadtverein -  mit den Kulturschaffenden zusammenarbeiteten, die bislang als Einzelkämpfer aufträten, regte Zelt weiter an.

"Strabs raus! Humor rein!" fordert Gottfried Voigt als "kleiner Memminger".


"Bereit für Ikea?" - Die Nagel-Probe zeigt's

"Ist Memmingen bereit für Ikea?" lautete das Motto einer originellen Einlage, bei der Freie Wähler-Stadträte gegeneinander antraten. Es galt, einen kleinen Ikea-Tisch nach Anleitung zusammenzubauen. Um ein paar Schraubenlängen gewannen die Mitglieder des Ersten Senats (Finanz- und Wirtschaftsausschuss) gegen die des Bausenats. Ein gutes Omen?

"Wie läuft's denn so?"

Unter dem Motto "Wie läuft's denn so?" informierte der FW-Fraktionsvorsitzende Helmut Börner die Gäste über die Stimmung im Memminger Stadtrat. Er kritisierte die immer länger werdenden und keinesfalls immer sachdienlichen Wortbeiträge einiger Stadtratskollegen, die lediglich dazu dienten, von der Presse zitiert zu werden. "Der neue OB lässt viel mehr Blabla durchgehen als sein Vorgänger", kommentierte Börner den Sitzungsparcours.

So werde die Standortfrage für den eventuellen Neubau eines Ganzjahresbades immer wieder neu aufgerollt, obwohl sie seit Jahren beschlossen und gelöst sein. "Der Standort (des jetzigen Freibades, Anm. der Red.) ist nach wie vor richtig, zumal das Parkhaus an der Bahnhofstraße eine deutliche Verbesserung der Parkplatzfrage mit sich bringt", argumentiert Börner - verbunden mit der Frage, ob man mit so einfachen, sachlich begründeten Antworten in die Presse kommen könne? "Wir Freien Wähler tun uns mit dem Blabla nämlich etwas schwer", erklärte Börner und zitierte Ex-Stadtrat Walter Stetter: "Mir Freie Wähler schwätzat blos, wem mehr Ebbas zom sah hand."

"Da krieg ich so einen Hals!"

Stadtrat a.D. Albert Heuß äußerte seinen Unmut über eine kritische Berichterstattung der Memminger Zeitung bezüglich des jüngsten Stadtratsbeschlusses zur Gestaltung des Bahnhofsareals. Anstatt neutral zu berichten, habe der Verfasser darin seine "Expertenmeinung" in einer Mischung aus Bericht und Kommentar über die Expertise des Stadtrats gestellt. "Da krieg ich so einen Hals!", wetterte Heuß.

"Strabs raus! Humor rein!"

Ein beliebter Brauch ist mittlerweile auch der Aschermittwochs-Kommentar vom "kleinen Memminger" alias Gottfried Voigt.
In seiner satirischen Rede nimmt er sich selbst als Beispiel für einen Politiker aufs Korn, dem man nicht trauen kann. Allerdings ist der Pokal seiner Winkelzüge kein Ministeramt, sondern nur ein Fläschchen Bier, und austricksen tut er auch nicht den Wähler, sondern nur sich selbst.

Dann kommt Voigt auf das Kernthema seiner Rede zu sprechen, das da lautet: "Strabs raus! Humor rein!". Wobei Strabs hier keineswegs ein orthographischer Ausrutscher für ein erotisches Accessoire ist, sondern (weniger sexy) eine Abkürzung für die Straßenausbaubeitragssatzung, für deren Abschaffung sich die "fünf freien Helden" vor Ort einsetzen: "Es muss eine andere gerechtere Form der Finanzierung geben."

Über die Vereinnahmung des erfolgreichen Wahlkampfthemas durch "die C-Partei" zeigte Voigt sich not amused: "Die Freien Wähler haben das Rad ins Rollen gebracht und halten den Karren auch am Laufen", betonte der Stadtrat.

In die "Niederungen der Memminger Politik" stieg er im letzten Teil seiner Rede. Dort musste der Freie Wähler entdecken, dass Humor "nicht zur Kernkompetenz der Memminger" bzw. der Memminger Stadträte gehört. "Also lustig ist es im Stadtrat schon, aber mit Humor hat das meistens nichts zu tun", konstatierte Voigt trocken. Anhand einer Anekdote legte der "kleine Memminger" dar, dass einigen Kollegen vor allem dann das Lachen vergehe, wenn Selbstironie gefragt ist. "Es wäre doch viel konstruktiver, könnte man manchmal - vielleicht auch über sich selbst - lachen!", schloss Voigt .