"Prekäre Arbeit abschaffen!"

Zu Gast bei der Linken: Die Sprecherin für Gute Arbeit Susanne Ferschl

veröffentlicht am 27.02.2020

Susanne Ferschl (2.v.li.) mit den StadtratskandidatInnen der Linken (von links): Andrea Wanner (Platz 6), Rolf Diefenthaler (Platz 3), Rupert Reisinger (Platz 1), Michaela Just ( Platz 2), Fabian Blösch (hinter Just) Platz 13, Max Uhl (Platz 5) und Ellen Sailer (Platz 8). Foto: Sonnleitner

Memmingen (as). Auf Einladung der Memminger Linken sprach Susanne Ferschl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag und zuständig für Arbeit und Soziales im der Gaststätte Galileo. Die Gewerkschafterin untermauerte die Forderung der Linken nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit, besonders in Hinblick auf die Abschaffung prekärer Arbeit.

Die offiziellen Beschäftigtenzahlen seien gut, was aber daran liege, dass in den letzten Jahren vorwiegend prekäre Arbeit geschaffen wurde, also unterbezahlte oder befristete Stellen bzw. unfreiwillige Teilzeitbeschäftigungen, erklärte Ferschl. Fast jeder Fünfte, also 7,5 Millionen Deutsche, sei davon betroffen. Seit 2003, dem Beschluss von Gerhard Schröders Agenda 2010, seien Leih- und Zeitarbeit um 213 Prozent gestiegen – bei deutlichem Lohnunterschied. Dieser betrüge in Memmingen etwas weniger als im Bundesdurchschnitt, liege aber immerhin bei 38,8 Prozent.

Susanne Ferschl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag

„Das Arbeitsvolumen, also die Gesamtarbeitsstunden, haben kaum zugenommen, sie werden nur anders verteilt“, klärt Ferschl auf. So arbeiteten in Deutschland 25 Prozent der Beschäftigten in unfreiwilliger Teilzeit, in Memmingen seien es 22 Prozent. „Überbeschäftigte haben eine Milliarde an unbezahlten Überstunden geleistet, während viele Teilzeitkräfte gern aufstocken würden.“

"Über die Hälfte der Befristungen ist sachgrundlos"

Auch die befristeten Arbeitsverhältnisse hätten um 93 Prozent zugenommen. Mehr als die Hälfte der Befristungen sei sachgrundlos. Davon betroffen seien überwiegend junge Menschen und besonders Frauen. Doch nur ein sicheres Einkommen mache Leben und Familiengründung für junge Menschen planbar.

Die Linken fordere darum den Anspruch auf ein Rückkehrrecht in Vollzeit und auf mindestes 20-Stunden-Verträge sowie eine Einschränkung der sachgrundlosen Befristung.

Linke fordert zwölf Euro Mindestlohn

Außerdem sei Deutschland der größte Niedriglohnsektor in Europa. Jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte liege unter der Niedriglohnschwelle. Auch in Memmingen arbeite jeder sechste Beschäftigte zu einem Niedriglohn. „Darum fordert die Linke einen Mindestlohn von zwölf Euro und eine Stärkung der Tarifbindung“, so die Bundestagsabgeordnete.

Außerdem strebt die Linke die Anhebung des gesetzlichen Rentenniveaus von derzeit 48 auf 53 Prozent und eine solidarische Mindestrente von 1.050 Euro an. Die jetzt beschlossene Grundrente sei „ein Schritt in die richtige Richtung“, würde aber das Problem der Altersarmut nicht lösen. Die durchschnittliche Rente in Deutschland liegt derzeit bei 930 Euro, in Nachbarland Österreich sei sie doppelt so hoch.

"Mehr Leistung und weniger Beitrag für alle"

„Finanzieren können wir diese Verbesserungen, indem wir eine Kranken- und Pflegeversicherung schaffen, in die alle miteinbezahlen, auch Beamte und Selbständige“, so Ferschl. Die privaten Versicherungen müssten abgeschafft werden zugunsten von mehr Leistung und weniger Beitrag für alle.

Die Linke-Politikerin kritisierte die Hartz IV-Regelung als unsozial und forderte eine Erhöhung des Regelsatzes von 432 auf 593 Euro. Insgesamt solle die Arbeitslosenversicherung schneller greifen und länger bezahlt werden. „Wir brauchen starke Sozialversicherungssysteme und höhere Löhne“, plädierte Ferschl, Sozialabgaben seien keine Nebenkosten, sondern Bestandteil des Lohns, betonte sie.

Gerade in Zeiten des Wandels müsse die Politik Sicherheit bieten, sowohl in der Arbeitswelt als auch bei den Risiken des Lebens, dafür brauche es einen starken Staat, so Ferschl. Wichtig sei es aber auch, die Kommunen vor Ort zu stärken. „Also rein in die Kommunalparlamente“, ermunterte sie ihre Zuhörer.

"Kommunen vor Ort stärken"

Im Anschluss an den Vortrag entspann sich eine lebhafte Diskussion, unter anderem auch um das bedingungslose Grundeinkommen, dass Ferschl jedoch nicht befürwortet.

Außerdem stellten die 14 KandidatInnen für die Stadtratswahl ihre Ziele vor. Mehr dazu findet man unter http://www.xn--die-linke-allgu-elb.de