Schwächen des Rechtsstaats beim Kampf gegen Rassismus

Grünen-Landtagsabgeordneter Cemal Bozoğlu besorgt über rechte Szene

veröffentlicht am 28.07.2020

Cemal Bozoğlu, Landtagsabgeordneter der Grünen, sprach auf einer Pressekonferenz in Memmingen über die Gefahren aus der rechten Szene. Foto: Elmar Würth.

Memmingen (ew). Seit 1990 sei die Anzahl von rechtsextremistischen Tötungsdelikten massiv angestiegen, berichtet Cemal Bozoğlu, Landtagsabgeordneter der Grünen, in einer Pressekonferenz. Sein Thema: „Strategien gegen Rechtsextremismus“. Der Bürgerbeauftragte für Asyl und Migration sprach auch über die Schwächen des Rechtsstaates beim Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus.

So gab es in Bayern vor kurzem noch 257 Reichsbürger die legal bewaffnet waren. Derzeit seien es immer noch 28 und zahlreiche Bürgerwehren bilden sich aus gewaltbereiten rechten Gruppierungen. „Wenn solche Gruppen legal agieren können, ist das eine gefährliche Entwicklung“, so der Landtagsabgeordnete weiter.

"Voice of Anger" in Memmingen aktiv

Auch anderen Gruppen, wie „Voice of Anger“, die stark mit der inzwischen verbotenen Gruppe „Blood of Honour“ vernetzt sei, müsse man das Handwerk legen. Gerade "Voice of Anger" sei in Memmingen sehr aktiv. Etwa 60 Mitglieder treffen sich regelmäßig im Memminger Clubheim. Bozoğlu erzählt weiter, dass ein Memminger Kampfsportstudio eine Werbevideo mit Symbolen von „Blood of Honour veröffentlicht habe. Auch Mitglieder der rechtsextremistischen Partei „Der dritte Weg“ würden in diesem Studio trainieren und sich auf Straßenschlachten vorbereiten.

Der „Flügel“ ist immer noch aktiv

Bundespolitisch habe sich der Flügel um Bernd Höcke zwar aufgelöst, die Mitglieder dieser Gruppe seien aber weiter in ihren Ämtern. In diesem Zusammenhang fiel auch der Name eines Memminger Rechtsanwalts. Bozoğlu ging weiter auch auf die antisemitischen Angriffe ein, die eine Steigerung von 41 Prozent allein im vergangenen Jahr erfahren hätten.

Diese Angriffe kämen aber nicht immer nur vom rechten Spektrum, sondern oft auch aus dem arabischen Raum. Syrien und der Libanon spielen bei Attentaten auf Juden, vor allem in Berlin, seiner Meinung nach eine große Rolle.

Rechtsradikale in Chatspielräumen vernetzt

Als ein neues Phänomen bezeichnete Bozoğlu die Vernetzung der Rechtsradikalen in Chatspielräumen, wo sie für reale Gewaltaktionen üben. „Oft sind das Personen, die sonst nie aufgefallen sind, sich jetzt radikalisieren und sogar reale Waffen besorgen“, so der Landtagsabgeordnete.

Zum Abschluss ging Bozoğlu auch auf die „NSU 2.0“ ein und berichtete von einer Liste mit Namen von 25.000 Menschen, auf die es die Rechtsradikalen abgesehen hätten, 2.000 davon leben in Bayern. Ein Antrag der Grünen, diese Personen darüber zu informieren, dass sie auf dieser Liste stehen, wurde aber vom Innenministerium abgelehnt. Bozoğlu will, dass diese Personen wissen, dass sie Ziel dieser Gruppen sind.