Sicherheit aus der Bäckertüte

Allgäuweite Präventionskampagne gegen Callcenterbetrug

veröffentlicht am 05.08.2022

Bei der Pressekonferenz gegen Callcenter-Betrug (v. li.): Gottfried Voigt, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaften MM/MN und Kempten, Elmar Stegmann, Landrat Lindau und Präsident Kuratorium Sicheres Allgäu (KSA), Werner Stößner, Generalsekretär KSA, und Dr. Claudia Stößner, Polizeipräsidentin Polizeipräsidium Schwaben Süd/West (2. v. re.), mit Vertretern der Bäckerei-Innungen Günther Landerer (rechts), Johann Baldauf (hinten Mitte) und Klara Lipp (vorne Mitte). Fotos: Anita Sollner/ Polizei Schwaben Südwest

Memmingen (as). „Hallo, ich bin’s, dein Enkel“, „Ihr Sohn hatte einen schweren Unfall“ – mit solchen und ähnlichen Ansagen rufen Callcenter-Betrüger gezielt bei älteren Menschen an, um sie dazu zu überreden, große Bargeldsummen oder Schmuck herauszugeben. Der materielle und psychische Schaden ist groß. Im Allgäu ist unter dem Motto "Betrüger kommen mir nicht in die Tüte" nun eine originelle Präventionskampagne angelaufen - mit Warnhinweisen auf Bäckertüten.

Gelb auf Blau: Die Tüten eignen sich nicht nur zum Semmeltransport, sie bieten auch wertvolle Hinweise.

„Ihr Sohn ist in einen tödlichen Verkehrsunfall verwickelt, wenn kein Geld hinterlegt wird, wird er verhaftet“, mit solchen und ähnlichen Legenden warten Callcenterbetrüger bei ihren Anrufen auf. Dabei gehen sie hochprofessionell vor, weiß Uli Stößner, Generalsekretär des Kuratoriums Sicheres Allgäu (KSA), bei einer Pressekonferenz in der Kramerzunft zu berichten. Durch die geschickte Gesprächsführung werden die Opfer eingesponnen und psychologischer Druck aufgebaut. Andere Betrüger locken mit Gewinnversprechen.

„Gesundes Misstrauen ist keine Unhöflichkeit“

Solche Banden haben ihren Sitz gewöhnlich im Ausland, die Täter sprechen jedoch meist akzentfrei Deutsch, manche verwenden sogar den Heimatdialekt, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Erschwerend kommt hinzu, dass die ältere Generation stärker zu respektvoller Zurückhaltung neigt als jüngere Menschen. „Gesundes Misstrauen ist keine Unhöflichkeit“, mahnt darum die Polizei.

"Sofort auflegen und 110 wählen“

Erbeutet werden nicht selten hohe Summen auf einen Schlag. Im Februar wurde durch einen solchen "Schockanruf" Schmuck im Wert von 100.000 Euro erbeutet, im April 125.000 Euro. Wenn betrogene Senioren dann nachträglich die Polizei informieren, sind die Betrüger mit dem Geld meist schon über alle Berge. „Wir können fast jeden Tag von solchen Fällen berichten“, so Stößner. Bis Ende Juli wurden dem Polizeipräsidium Schwaben Süd/West 2.500 solche Anrufe gemeldet, in 187 Fällen waren die Täter erfolgreich. Insgesamt liegt der materielle Schaden in diesem Jahr bereits bei über 700.000 Euro. „Wenn Sie solch einen Anruf erhalten: Sofort auflegen und 110 wählen“, rät Stößner.

Enkeltrick 2.0 via Messenger

Um kleinere Beträge geht es bei der derzeit beliebtesten Masche, dem Enkeltrick 2.0. Dabei nutzen es die Betrüger aus, dass die meisten Senioren mittlerweile WhatsApp oder andere Messenger-Dienste nutzen, um mit ihren Liebsten in Verbindung zu bleiben. Wenn der vermeintliche Enkel (Sohn/Tochter) dann schreibt, dass er/sie eine neue Nummer habe, weil das Handy bei einem Unfall beschädigt wurde und er/sie als Unfallverursacher nun schnell ein paar Tausend Euro brauche, sollten die Alarmglocken klingeln. „Rufen Sie ihren Verwandten sofort unter der Ihnen bekannten Nummer an und erstatten Sie Anzeige!“, rät die Polizei.

Gemeinsame Präventionskampagne

Um dieser Abzocke ein Ende zu bereiten, startete das Kuratorium Sicheres Allgäu (KSA) gemeinsam mit der Polizei Schwaben Süd/West (PP SWS) und den Bäckerinnungen eine gemeinsame Präventionskampagne. Den Anstoß dazu gab Walter Röllig vom Memminger Senioren-Beirat.

"Betrüger kommen mir nicht in die Tüte"

Um so viele Menschen wie möglich für die Maschen krimineller Anrufer und Online-Betrüger zu sensibilisieren und Verhaltenstipps zu geben, ist die Bäckertüte das ideale Präventionsmittel denn „So eine Bäckertüte bekommt fast jeder in die Hand – besonders ältere Menschen, die beim Bäcker um die Ecke einkaufen", erklärt Bürgermeisterin Margareta Böckh.

300.000 Bäckertüten halten die Bäckereifilialen im bayerischen Allgäu ab sofort bereit, die Kosten dafür tragen sie zur Hälfte. Die andere Hälfte übernehmen das KSA und das PP SWS.

Mehr Infos gibt es unter www.polizei.bayern.de/betrug

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Alle Mitglieder des Kuratorium Sicheres Allgäu bringen sich auf eigene Kosten ein, so kommen alle Spenden in voller Höhe der Kriminalprävention zu Gute.

Weitere Informationen zum KSA unterwww.sicheres-allgaeu.de

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