Wenn Knochen auf Knochen reibt...

Klinikum Memmingen informiert über Volkskrankheit Arthrose

veröffentlicht am 13.09.2017

Schon wenige Tage nach der Implantation einer Hüft- oder Knieprothese üben Physiotherapeuten mit den Patienten das Treppensteigen. Foto: Ralph Koch

Memmingen (dl). Typisch für krankhaften Gelenkverschleiß ist der sogenannte Anlaufschmerz – morgens nach dem Aufstehen oder nach längerem Sitzen. Später wird daraus ein Dauerschmerz. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt für ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk und mache ich etwas kaputt, wenn ich eine Operation hinauszögere? Aufklärung in Sachen Arthrose geben Chefarzt Prof. Dr. Christian Schinkel und Kollegen am Donnerstag, 28. September, ab 18 Uhr bei einer Patienteninformationsveranstaltung im Klinikum Memmingen.

Arthrose ist eine Volkskrankheit: „Jeder Dritte zwischen 50 und 60 Jahren ist betroffen“, schildert Chefarzt Prof. Dr. Christian Schinkel, Leiter des Zertifizierten Endoprothetikzentrums am Klinikum Memmingen. Der Gelenkverschleiß beginne immer mit einer Schädigung des Knorpels, der bei einem gesunden Gelenk als Stoßdämpfer diene: „Der Knorpel wird mit der Zeit so sehr geschädigt, dass Knochen auf Knochen reibt“, erklärt Schinkel.

Arthrose sei nicht heilbar, nur die Geschwindigkeit des Gelenkverschleißes könne beeinflusst werden: „In dem Sie Überbelastung und Stürze so gut es geht vermeiden, Ihr Gewicht normalisieren, das Gelenk ausreichend bewegen und die Muskulatur erhalten“, zählt der Chefarzt auf. Bei Sportarten solle man auf harte Stöße auf das Gelenk verzichten – Schwimmen, Radfahren oder Nordic Walking seien deswegen besser geeignet als beispielsweise Volleyball oder Squash.

Ist die Arthrose noch nicht zu weit vorangeschritten, könne mit Schmerzmitteln behandelt werden. Dabei sollten aber auch die Nebenwirkungen beachtet werden.

Künstliche Gelenkersatz

Bei weit fortgeschrittener Arthrose und ausgeschöpfter konservativer Therapie könnten Mobilität und Schmerzfreiheit durch eine Endoprothese erreicht werden, so Schinkel: „Bei fortgeschrittenem Gelenkverschleiß ist der künstliche Gelenkersatz der Goldstandard mit verlässlichem Ergebnis.“ Knapp 220.000 Hüftprothesen und knapp 150.000 Knieprothesen würden in Deutschland pro Jahr implantiert.

„Es gibt keine Operation, die ähnlich erfolgreich ist wie die Endoprothese des Hüftgelenks“, so der Orthopädie-Chefarzt. Dennoch gebe es auch hier Risiken und Nebenwirkungen. Um diese so gering wie möglich zu halten und ein Implantatversagen auszuschließen „benützen wir im Klinikum Memmingen nur Prothesen führender Hersteller, von denen gute Langzeitergebnisse vorliegen.“

Dennoch käme es auch bei den besten Materialien zu Abrieb und darüber hinaus zu Entzündungsreaktionen. „Diese führen nach Jahren zu Knochendefekten und einer Lockerung der Prothese“, schildert Schinkel. Deswegen müsse ein künstliches Knie nach rund zwölf Jahren und eine künstliche Hüfte nach rund 15 Jahren ausgetauscht werden.

Risiko einer Spätinfektion

Während eine allergische Reaktion auf das Implantat oder eine durch die Operation verursachte bakterielle Infektion selten seien, bestehe zeitlebens ein nennenswertes Risiko einer sogenannten Spätinfektion: „Das künstliche Gelenk dient den Bakterien als Schutzschild, um sich der körpereigenen Abwehr zu entziehen“, erklärt Oberarzt Dr. Dirk Wernerus. Das Risiko einer solchen Infektion liege bei rund fünf Prozent. „Oft gehen Infektionen der Zähne, der Atemwege, des Urogenitaltrakts oder der Haut voraus, wodurch die Bakterien in den Körper gelangen.“ Kommt es dabei zu einer Besiedelung der Prothesenoberfläche mit Bakterien und zu einer Infektion des umliegenden Gewebes, helfe meist nur ein Prothesenwechsel.

„Auch Wechseloperationen aller Schwierigkeitsgrade führen wir in Memmingen erfolgreich durch“, erklärt Chefarzt Schinkel. Für den Operationserfolg sei nicht nur die Qualifikation der Hauptoperateure am Zertifizierten Endoprothesenzentrum des Klinikum Memmingen entscheidend, sondern die des gesamten Teams. „Um Qualität und Qualifikation aufrecht zu erhalten, nimmt das Klinikum jährlich am Prozess der Zertifizierung zum Endoprothesenzentrum teil. Auch nehmen alle Mitarbeiter regelmäßig an nationalen und internationalen Kongressen teil, um sich fortzubilden“, erzählt Schinkel. Dies sei genauso selbstverständlich wie regelmäßige interne und externe Qualitätskontrollen. „All dies geschieht mit dem Ziel, ein gutes Ergebnis für alle zu erreichen.“

Das Wichtigste bei der Entscheidung, ob und wo man sich operieren lasse, sei aber: „Ihr Bauchgefühl muss stimmen. Sie müssen überzeugt sein, dass Sie in guten Händen sind und Sie bestimmen, wann Sie die Operation benötigen!“

„Direkt nach der Operation voll belasten“

Zwischen sieben und zehn Tagen dauert der stationäre Aufenthalt nach einer Prothesenoperation. „Direkt nach der OP können Sie das operierte Bein voll belasten“, erklärt Susanne Heinle-Mark, Qualitätsbeauftragte des Endoprothetikzentrums. Regelmäßiges Aufstehen zu den Mahlzeiten und zum Gang auf die Toilette sei wichtig: „Im Bett liegenzubleiben ist für den Heilungsprozess kontraproduktiv“, so die langjährige Krankenschwester.

Am Tag nach der Operation machen die Patienten mit einem Physiotherapeuten erste Gehübungen. „Sie werden schon nach ein paar Tagen relativ zügig gehen können und die Krücken nur noch als leichtes Hilfsmittel verwenden“, schildert Physiotherapeutin Katharina Glaser ihre Erfahrungen. Nach dem Krankenhausaufenthalt schließt sich eine dreiwöchige Reha an.

Unser Vorschaubild: Chefarzt Prof. Dr. Christian Schinkel und seine Kollegen informieren am Donnerstag, 28. September, ab 18 Uhr im Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) des Klinikums Memmingen über Endoprothetik an Hüfte und Knie.