"Zeitmaschine Freiheit" landet im Stadtteil Hühnerberg

veröffentlicht am 20.06.2017

Mit dem „Ankommen“ der Heimatvertriebenen in der neuen Heimat Memmingen beschäftigt sich die neue Ausstellung des Stadtmuseums Memmingen. Flyer: Stadtmuseum

Ausstellung „Ankommen in der neuen Heimat: Zwölf Zeitberichte im Stadtmuseum Memmingen"

Memmingen (dl). Das Stadtmuseum Memmingen beschäftigt sich im Rahmen des Projekts "Zeitmaschine Freiheit" intensiv mit der Erinnerungsgeschichte der Stadtbevölkerung und bringt ein Stück Stadtgeschichte in den Stadtteil Hühnerberg zurück. Am 16. Juli wird die Ausstellung "Ankommen in der neuen Heimat. Zwölf Zeitberichte im Stadtmuseum Memmingen" eröffnet. 

Mit neuen und alten Partnern, dem Historischen Verein Memmingen, dem Heimatverein Freudenthal und interessierten Bürgern sammelte das Stadtmuseum in den vergangenen Monaten Erinnerungen an Flucht und Vertreibung. Memmingen wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg von rund 16.000 auf über 24.000 Einwohner.

Der Großteil der Heimatvertriebenen, die 1945/46 nach Memmingen kamen, waren Sudetendeutsche. Von diesen stammten sehr viele aus Stadt und Kreis Jägerndorf und Freudenthal, sowie aus anderen Orten des Altvatergebirges. Nach dem Verlust der Heimat folgte ein Neuanfang. Mit diesem „Ankommen“ beschäftigt sich die neue Ausstellung des Stadtmuseums Memmingen.

Die Ausstellung beinhaltet zwölf Geschichten von Personen, die ihre Erinnerungen über den biografischen Neustart in Memmingen und Umgebung nach der Vertreibung aus dem Sudetenland 1946 aufblättern. Wie ist es ihnen ergangen? Was hat sie beschäftigt? Wie haben sie den Verlust der alten Heimat und den Neustart in der neuen Heimat verarbeitet?

„Willkommenskultur 1946“

Ihre Geschichten aus erster oder zweiter Hand beleuchten die „Willkommenskultur 1946“, diese schwankte zwischen Diskriminierung und nachhaltigen Überlebens- und Aufbauhilfen. Ein Aspekt ist die Unterbringung in Zwischenlagern, wie der „Burg“ oder der Barackensiedlung für 2.000 Menschen auf dem „Hühnerberg“. Die neuere Stadtgeschichte, die bauliche Entwicklung und die Stärkung durch Arbeitskräfte und Betriebe hängen eng mit den heimatvertriebenen Familien und Persönlichkeiten zusammen. Unterschiedliche Lebenswege stehen für die Unmöglichkeit oder Möglichkeiten von Freiheit.

Mittelpunkt der Ausstellung sind die filmischen Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Dreh und Schnitt stammen von Veronika Dünßer-Yagci, Filmkünstlerin und Dokumentarfilmerin aus Oberstdorf. Das Konzept zur Ausstellung erarbeitete Ursula Winkler M.A., Volkskundlerin aus Kempten.

Info: „Ankommen in der neuen Heimat“ ist eines der zwölf Teilprojekte von „Zeitmaschine Freiheit“, dem zweijährigen Projekt zur Initiierung neuer Partnerschaften für das Stadtmuseum Memmingen, gefördert durch den Fonds „Stadtgefährten“ der Kulturstiftung des Bundes.

Die Ausstellung im Stadtmuseum ist bis 29. Oktober 2017 Dienstag bis Samstag von 10 bis 12 Uhr und 14 bis 16 Uhr zu sehen.


Ab dem 28. Juli hat die Zeitmaschine den „Hühnerberg im Fokus“

Die Ankunft der Sudetendeutschen in der neuen Heimat liegt 70 Jahre zurück, hat aber Auswirkungen bis heute. Besonders deutlich spürt man diese am Hühnerberg. Dort landet die Zeitmaschine am 28. Juli, 14 Uhr, vor der Mendelstraße 3-5. Diese Landung wird gefeiert gemeinsam mit der Eröffnung des Rundgangs „Erinnerungsort Hühnerberg“.

Auf Stelen die der Historische Verein erarbeitet hat, wird die Geschichte des Hühnerbergs „vor Ort“ dargestellt. So wird Stadtgeschichte in diesen Stadtteil zurückgebracht und sichtbar gemacht. Der Rundgang beginnt am Aussichtsturm von 1904. Mit dem Bau einer SA-Schule 1933 schließt sich ein düsteres Kapitel an. In den Gebäuden und Baracken waren Kriegsgefangene untergebracht. Gleichzeitig war das „Stalag“ Befehlsstelle für mehr als 20.000 Zwangsarbeiter. Mit der Unterbringung von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen begann ab 1946 das prägendste Kapitel der Stadtteilgeschichte.

Flucht gestern und heute

Die „Zeitmaschine“ beschäftigt sich an diesem Ort auch mit dem Thema Flucht - aber mit der Flucht von heute. Die Installation stammt von den Künstlern Alexandra Vogt und Jörg Hartmann. Mit minderjährigen Geflüchteten aus dem bunten Haus der Kolping Akademie haben sie sich mit dem Thema „neue Heimat“ auseinandergesetzt und spiegeln dieses im wahrsten Sinne des Wortes. Das Stadtmuseum bietet im Begleitprogramm zur Ausstellung auch Diskussionsabende, die die Flucht gestern und heute beleuchten.

Im Rahmen der Ausstellung lädt das Museum dazu ein, dass Bürgerinnen und Bürger eigene Erfahrungen mit Flucht, Vertreibung und Ankommen erzählen. Dreimal, jeweils am Freitag (21. Juli, 8. September, 20. Oktober), jeweils von 14 bis 16 Uhr, nimmt Ursula Winkler die Geschichten auf. Für die Weiterentwicklung des Heimatmuseums Freudenthal möchten die Museumsverantwortlichen erinnerte Geschichte und individuelle Erlebnisse festhalten und künftig auch darstellen, als wichtigen Teil der Geschichte der Stadt Memmingen und der Region.