"Zweckbad" statt Freizeitbad: Umschwung in der Bäderfrage

Düsseldorfer Unternehmensberatung überzeugte im Stadtrats-Plenum

veröffentlicht am 26.11.2019

Gemeinsam mit Dietmar Altenburg trug Unternehmensberater Marco Steinert die Ergebnisse der Analyse zur Memminger Bäderfrage im Stadtrat vor. Foto: Sonnleitner

Memmingen (as). Für einen Umschwung in der Bäderfrage sorgte nun der prägnante Vortrag der auf Bäder-Infrastruktur spezialisierten Düsseldorfer Unternehmensberatung Altenburg, der von allen Stadtratsfraktionen im Plenum beifällig aufgenommen wurde. Ein zweckorientiertes Kombibad soll am Standort des jetzigen Freibades entstehen - von dem zuletzt favorisierten Freizeitbad raten die Experten ab. Die endgültige Entscheidung steht am 4. Dezember an.

„Bleiben Sie realistisch“, riet Dietmar Altenburg dem Stadtrat: Ein Freizeitbad nach dem Motto "wünsch dir was" mit Sauna, Galerie, Ganzjahresaußenbecken und großer Rutsche sei für eine kleinere Stadt wie Memmingen überdimensioniert und erfordere über die Baukosten von mehr als 40 Millionen Euro hinaus einen jährlichen Zuschuss der Stadt von 3,5 bis vier Millionen Euro (derzeit liegt der Zuschuss für beide Bäder bei einer Million Euro jährlich.

Zu viele Konkurrenzbäder

Zudem gebe es zu viele Konkurrenzbäder in der Umgebung mit hoher Erlebnisqualität und großen Saunaanlagen. „Es ist schwer, sich hier als zusätzlicher Anbieter zu qualifizieren“, gab Altenburg zu Bedenken, „und wer mit seiner Familie am Wochenende zum Baden fährt, nimmt auch eine halbe Stunde Anfahrtszeit in Kauf.“

Als Ergebnis ihrer Bestandsaufnahme bezeichneten die Unternehmensberater Dietmar Altenburg und Marco Steinert vor allem das jetzige Freibad als "hochgradig ineffizient": Die Wasserfläche sei im Vergleich zu den Besucherzahlen überdimensioniert und erfordere mit acht Euro pro Besucher zu hohe städtische Zuschüsse.

Kombibad ist zukunftsfähig

Grundsätzlich sei ein Kombibad - eine Lösung die sich deutschlandweit bewährt habe - für Memmingen die richtige und zukunftsfähige Entscheidung: „Sie müssen nicht alles selber vor der Haustür bauen“, mahnte Altenburg. So sei auch die Bereitstellung einer Sauna nicht Aufgabe der Kommune: „Es kostet die Stadt 200.000 Euro im Jahr, dass die Bürger in einer kommunalfinanzierten Sauna schwitzen können.“

Eine Sanierung der beiden bestehenden 50 und 60 Jahre alten Bäder sei definitiv der falsche Weg, befand Altenburg. Es handele sich um zwei "nicht zukunftsfähige Produkte", die, abgesehen von einem Sanierungsbedarf in zweistelliger Millionenhöhe, große strukturelle Schwächen aufwiesen. Unbestreitbare Vorteile eines Kombibades seien zudem, dass die Wasserflächen im Hallenbad ganzjährig nutzbar sind, auch bei schlechtem Wetter oder großer Hitze im Sommer.

Empfehlung der Bäder-Experten

Ein 25-Meter Becken mit sechs Bahnen und Sprungbereich, ein Lehrschwimmbecken, ein Kursbecken und ein Kleinkinderbecken im Innenbereich, ein 50-Meter Becken mit vier Bahnen (alternativ sei auch sechs 25 Meter-Bahnen möglich), ein Nichtschwimmerbecken und ein Kleinkinderbecken im Außenbereich: So lautet die Empfehlung, welche die Experten aufgrund ihrer Erfahrung in Bäderfragen und unter Berücksichtigung der nötigen Investitionen und Folgekosten im Plenum unterbreiteten.

Neben einem Wärmeraum war ein Kursbecken mit verstellbarem Hubboden in einer separaten Halle zentraler Bestandteil der Vorschläge: Kursteilnehmer seien eine wichtige Zielgruppe, so die Berater, zumal Bewegung im Wasser als die gesündeste Form körperlicher Aktivität gelte.

Für die Versorgung der Gäste soll es draußen auch weiterhin einen Gastronomiekiosk geben, im Innenbereich seien Automaten ausreichend.

27,5 statt über 40 Millionen Kosten

Die geschätzten Kosten für ein solches Kombibad liegen bei 27,5 Millionen Euro netto, die jährlichen Unterhaltskosten würden etwa 1,5 Millionen Euro betragen.

Auch die Eintrittspreise müssten angepasst werden, derzeit lägen diese weit unter dem bayernweiten Durchschnitt. "Allerdings war das bisherige Angebot auch nicht mehr wert", sprach Altenburg Klartext. Um das neu entstehende Kombibad nicht „zu verramschen“, seien Eintrittspreise von vier, reduziert zwei Euro, angemessen.

Übereinstimmend lobten die Sprecher der Stadtratsfraktionen die große Kompetenz und Klarheit der Präsentation der Düsseldorfer Experten, die jährlich 40 bis 50 Städte in Sachen Bäderinfrastruktur beraten. Auch die Vorschläge fanden großen Anklang. So steht zu erwarten, dass die "Kombibad-Lösung" bei der Abstimmung am 4. Dezember beschlossen wird. Der Gedanke an eine Sanierung der beiden Bäder ist vom Tisch.