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Tragik macht vor keinem Halt

„Die Ratten“ feiert Premiere am LTS

veröffentlicht am 28.01.2024
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Mit der Tragikomödie "Die Ratten" bringt das LTS Schicksale von Menschen am Rand der Gesellschaft unverblümt auf die Bühne. Foto: Jürgen Bartenschlager

Memmingen (sg). Die Berliner Tragikomödie „Die Ratten“ von Gerhart Hauptmann ist nach über 100 Jahren in ihrer Essenz noch immer aktuell. Denn Tragik ist weder damals noch heute an Stände gebunden. Brillant gespielt, lustig und zum Weinen, kritisch und bewegend hält das Landestheater Schwaben (LTS) dem Publikum den Spiegel vor.

Auf dem Dachboden einer Berliner Mietskaserne befindet sich der Theaterfundus des ehemaligen Theaterdirektors Harro Hassenreuter. „Was hier an Not und Elend zu finden ist, ist auf keine Kuhhaut zu schreiben“, beschreibt Hassenreuter das Haus. „Mutter“ John erscheint als die gute Seele des Hauses, die für alle da ist. Dabei ist sie selbst noch immer in tiefer Trauer über den Tod ihres Babys und wünscht sich sehnlichst ein Kind. So überredet sie die junge und ungewollt schwangere Polin Piperkarcka zum Kinderhandel. Auf dem Dachboden zwischen Kostümen, Requisiten und Rattenfallen gebiert Piperkarcka ein Kind, das Jette John als ihren eigenen Sohn ausgibt. Damit beginnt eine Verstrickung der Geschichte, in der Menschen scheinbar nur zufällig und heimlich in der Mietskaserne auftauchen und andere versuchen ihre kleine Welt zu schützen.

Im Stich gelassen

Lüge, Wahrheit und Illusion verschwimmen. Menschliche Abgründe werden mehr oder weniger offensichtlich. Bewohner und Besucher begegnen sich und doch findet keine richtige Begegnung statt, zu sehr ist jeder in der eigenen Welt gefangen. Zugleich verbindet sie die Tragik des Lebens. Sei es der Pfarrerssohn, der gegen den Willen seines Vaters Schauspieler werden will oder der Theaterdirektor, der sich für anständig hält und seine Geliebte auf dem Dachboden trifft. Offenkundiger Jettes Bruder Bruno, der auf Abwege geraten ist oder die alkoholsüchtige Witwe Knobbe, deren Kinder hungern. Ganz zu schweigen von Piperkarcka, von allen verstoßen. Und nicht zuletzt Jette John, deren Sehnsucht nach einem Kind in ein Drama mündet.

Ausdrucksstark

„Tragik ist nicht an Stände gebunden. Warum aber Theater? Kann man so etwas auf die Bühne bringen? So was muss man auf die Bühne bringen!“, erklärt Hassenreuter, als sich die Ereignisse zuspitzen.

Die Szenen in verschiedenen Stockwerken der Mietskaserne spiegeln die Vielschichtigkeit des Stücks - und des Lebens - wider. Dargestellt im Bühnenbild auf einer großen Rutsche, die als Symbol verstanden werden kann: Als Lebens-Rutsche und Schicksals-Rutsche, auf der Menschen den gesellschaftlichen Abstieg fürchten.
Licht und Schatten, dunkle Farben, Musik und ausdrucksstarke Kostüme runden das von Intendantin Christine Hofer bravourös - und natürlich im Berliner Dialekt - inszenierte Schauspiel mit starker Besetzung ab.

„Die Ratten“ ist ein Stück, das fasziniert, fesselt, schockiert und bewegt. Den langanhaltendem Applaus hat die gut besuchte Premiere im Großen Haus verdient.

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