Es geht nicht nur um Diesel

Landesweiter Protest gegen Ampel-Regierung auch in Memmingen

veröffentlicht am 08.01.2024

Auf dem Memminger Marktplatz protestierten viele Menschen gemeinsam mit den Landwirten gegen die Regierung. Fotos: Svenja Gropper

Memmingen (sg). Die bundesweiten Proteste haben auch in Memmingen stattgefunden. Rund 350 Menschen und 50 Traktoren haben sich auf dem Marktplatz eingefunden, um friedlich zu demonstrieren. Im Umland waren Tausende Traktoren auf den Straßen unterwegs – ein deutlich sichtbarer Protest gegen die Regierung. Die geplante Kürzung der Agrardieselrückvergütung war hier nur der Tropfen, der das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hat.

An der Seite der Bauern standen bei eisigen Temperaturen solidarisch auch zahlreiche Memminger. Denn „man muss aufstehen und zusammenhalten“, wie Silvia S. sagt. „Es läuft vieles schief, die Energiepreise steigen, alles wird teurer, aber die Löhne nicht höher – es muss sich etwas ändern!“, so Melanie S., die ein Schild hochhält: „Das Volk hat die Schnauze voll!“. Auf anderen Schildern stand deutlich die Forderung „Die Ampel muss weg“. Bezugnehmend auf die Historie der Stadt titelte ein weiteres Schild „499 Jahre Bauernartikel – und die hohen Herren haben bis heute nichts kapiert“. Die Grundstimmung gegenüber den Landwirten war auch bei angeregten Diskussionen unterstützend und positiv.

Ohne Bauern kein Essen

Margit Rauh, stellvertretende Kreisbäuerin im Bauernverband und Organisatorin, betonte in ihrer Rede, dass die neuesten Kürzungen das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht haben. „Zu viel ist zu viel, jetzt ist Schluss! Landwirte denken in Generationen, nicht von Wahl zu Wahl“, so Rauh. Sie wollen investieren, doch die politischen Beschlüsse der letzten Jahre haben die Planungssicherheit in der Landwirtschaft immer schwieriger gemacht, die bürokratischen Hürden wurden immer größer. Damit setze die Politik die Ernährungssicherheit des Landes aufs Spiel, nicht nur die Existenz der Bauern, fand sie deutliche Worte und fasste zusammen: „Ein Land, das sich selber nicht ernähren kann, macht sich abhängig!“

„Ohne Bauern kein Essen“ lautet daher das Motto einer bundesweiten Aktionswoche, die mit einer großen Demonstration am 15. Januar in Berlin abschließen soll.

Lebensmittel von hier

Oberbürgermeister Jan Rothenbacher (SPD) zeigte sich beeindruckt von der Menge auf dem Marktplatz. Es sei aus seiner Sicht nicht „gut gedacht und gut gemeint gewesen“, was die Regierung im „Elfenbeinturm“ beschlossen habe, die Hebel zum Sparen seien falsch angesetzt worden. „Da wurde nicht an kleine und mittlere Höfe gedacht, an die für das Allgäu typischen Familienunternehmen, die Lebensmittel von hier produzieren“, so Rothenbacher. Er unterstütze die Forderungen in den Protesten und leite den Brief, den der Bauernverband dazu verfasst hat, an Stadträte und Bundesabgeordnete weiter. Die Bauern zu unterstützen sei letztlich aber auch Aufgabe der ganzen Gesellschaft und jedes einzelnen, betonte Rothenbacher und appellierte, mehr Lebensmittel regional zu beziehen und „nicht heute zu den Bauern zu stehen und morgen bei Aldi einzukaufen“.

Auch der Memminger Landtagsabgeordnete Klaus Holetschek (CSU) zeigte sich gemeinsam mit Staatsminister a. D. Josef Miller (CSU) solidarisch. Holetscheks Rede wurde jedoch von Buh- und Lüge-Rufen begleitet bis übertönt. Er verstehe den allgemeinen Unmut gegen die Regierung, versuchte Holetschek zu beschwichtigen und sicherte zu, sich für den Bauernstand einzusetzen und an dessen Seite zu stehen.