„Ich dachte, ich bin eine von euch“

OB-Kandidatin Sensoy macht bösartige Anfeindungen öffentlich

veröffentlicht am 20.02.2023

Nur Sensoy wendet macht bösartige Anfeindungen und Hassbotschaften an ihre Person öffentlich. Foto: Wolfgang Radeck

Memmingen (sg). Nur Sensoy kandidiert für die Oberbürgermeister-Wahl in Memmingen. Nun berichtet die gebürtige Memmingerin über Hassbotschaften und bösartige Anfeindungen über die sozialen Netzwerke und wendet sich damit unter anderem auch an die Lokale. Sie möchte öffentlich machen, was bisher hinter den Kulissen geschah.

„Du bist nicht meine Bürgermeisterin. Du vertrittst nur die Ausländer. Dich wähle ich nicht“ oder „Geh doch lieber runter zum helfen. Vielleicht trifft dich ein Erdbeben und verreckst du Schl...“: Diese und weitere Nachrichten bis hin zu angedrohter Gewalt habe Sensoy laut eigenen Angaben über die sozialen Netzwerke, vor allem über Instagram, erhalten. Das ging schon los, als sie ihre Kandidatur für die OB-Wahl bekannt gab, so die 36-Jährige. Die Nachrichten seien heftiger geworden, nachdem sie Hilfstransporte organisierte, um Menschen nach den Erdbeben in der Türkei und Syrien zu helfen. „Ich wurde gefragt, was ich eigentlich für Deutschland tue.“ Den Angriff auf ihre Ethnie und ihre Person im Unterton verstehe sie nicht, erzählt sie mit Tränen in den Augen: „Ich helfe, wenn ich helfen kann. Egal wo. Ich bin in Memmingen geboren. Meine Familie lebt in der vierten Generation hier und ich habe mich immer als Teil von Memmingen gesehen. Ich dachte, ich bin eine von euch.“ Sie habe noch nie aufgegeben, aber „es wäre gelogen, wenn ich sage, dass mir das nichts macht. Solche Nachrichten lassen sicher keinen kalt.“ Sie war auch schon bei der Polizei. „Das Problem ist, dass Instagram die Möglichkeit bietet, persönliche Nachrichten wieder zurückzurufen und dass die Nachrichten oft von anonymen Accounts kamen. Den Urheber zu finden, ist dadurch schwierig.“

Waren diese Nachrichten der Grund, dass sie bisher nur bei wenigen Terminen erschienen ist, zu denen unterschiedliche Gruppen und Institutionen eingeladen hatten? Die Drohungen seien auch ein Grund gewesen, gibt Sensoy zu, aber nicht der einzige. Teilweise sei ihr Kind krank gewesen, dann habe sie ihre ganze Energie in die Hilfstransporte nach den Erdbeben gesteckt: „Diese akute Hilfe war mir wichtiger als der Wahlkampf. Ich habe Freunde und Familie in der Türkei verloren.“