„Unsere Jugend wird nicht wiederkommen“

Ergreifende Premiere von „Im Westen nichts Neues“

veröffentlicht am 02.10.2023

Kat (Tim Woody Haake) und Paul (Linda Prinz) sind dem Stellungskrieg an der Westfront im Ersten Weltkrieg ausgeliefert. Foto: © Jürgen Bartenschlager

Memmingen (sg). Bravourös, berührend und hochemotional spielen Linda Prinz und Tim Woody Haake eine Zwei-Personen-Version des bekannten Romans „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque. Auf der Bühne des Jungen Landestheaters erschließt sich den Zuschauern als Außenwelt die Westfront des Ersten Weltkriegs, als Innenwelt der Schmerz einer verlorenen Generation beispielhaft für alle, denen ein Krieg auf dieser Welt die Jugend genommen hat oder nimmt.

Der 17-jährige Paul Bäumer und sein Kamerad Kat stehen im Mittelpunkt der Inszenierung. Ihre Dialoge, vor allem aber ihre inneren Monologe öffnen die emotionale Welt zweier junger Soldaten im Ersten Weltkrieg. Zusammen mit gut platzierten Licht- und Soundeffekten sowie einem beweglichen, anschaulichen Bühnenbild werden die Zuschauer beinahe schon Teil des Stücks, das sich mal unmittelbar an der Front, mal in der Baracke, mal im Heimaturlaub abspielt. Zwischendurch gelungene Sequenzen in Zeitlupe, als stünde die Zeit still und immer wieder gut platzierte Pausen, wie ein Schweigen für all das Unaussprechliche. Gleichzeitig zeichnen die lebhaften Erzählungen von Paul und Kat für die Zuschauer ein sehr greifbares und zugleich grausames Bild von gefallenen und verwundeten Kameraden, von Hunger, von Angst und von Sehnsucht nach Hause, von der Frage nach dem Warum, von Verzweiflung und zwischendurch von so etwas wie Normalität beim Kartenspiel. Dabei „hört man die Front wie ein Gewitter im Hintergrund“, bemerkt Paul. „Alles ist Gewohnheit, auch der Schützengraben“, sagt Kat und an späterer Stelle, aber auch: „Die Front ist ein Käfig. Unsere Jugend wird nicht wiederkommen.“ Keiner von beiden weiß so genau, was er tun würde, wenn Frieden wäre. Auf Heimaturlaub fühlt Paul sich wie ein Fremder. „Ich war ein Soldat, jetzt bin ich kaum mehr als ein Schmerz um mich und um das, was noch übrig ist“, konstatiert er. Je länger der Stellungskrieg in den Schützengräben dauert, der innerhalb weniger Monate unzählige Tote auf allen Seiten gefordert hat, umso mehr stellen Paul und Kat sich auch die Frage nach dem Sinn. Kurz bevor er stirbt, sagt Kat zu Paul: „Es wird immer jemanden geben, dem der Krieg nützt. Es spinnt sich weiter und keiner kann heraus. Die Völker werden gegeneinander getrieben und töten sich gehorsam.“ Auch Paul stirbt im Oktober 1918, kurz vor Kriegsende – an einem Tag, an dem im Heeresbericht lediglich vermerkt ist: „Im Westen nichts Neues“.

Nicht enden wollender Applaus im ausverkauften Jungen Landestheater belohnte die Premiere, bei der manch ein Zuschauer nach diesem emotional ergreifenden, kurzweiligen Stück auch seine Augen trocknen musste.

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