Unternehmerische Interessen im Vordergrund

OB-Kandidaten bei den Wirtschaftsjunioren

veröffentlicht am 13.02.2023

Im Gespräch, von links: Manfred Schilder, Daniel Wegmann, Johannes Prem, Jan Rothenbacher. Foto: Svenja Gropper

Memmingen (sg). Zu einer Diskussion mit den Bewerbern und Bewerberinnen um das Amt des Oberbürgermeisters hatten die Wirtschaftsjunioren in den Löwen eingeladen. Rund 40 Mitglieder, Förderer und Gäste füllten den Nebenraum und nahmen an der intensiven Fragerunde mit Jan Rothenbacher (SPD) und Manfred Schilder (CSU) teil, bei der unternehmerische Interessen im Vordergrund standen.

Daniel Wegmann, Sprecher der Wirtschaftsjunioren, und sein Stellvertreter Johannes Prem führten durch den Abend. Die beiden Kandidatinnen Krimhilde Dornach (ÖDP) und Nur Sensoy (Team Todenhöfer) waren entschuldigt.

Mammutprojekt Klinikum

Schon bei der ersten Frage nach den Chancen und Visionen beim „Mammutprojekt“ Klinikneubau sowie die Nachnutzung des alten Klinikums waren die Sichtweisen von Schilder und Rothenbacher durchaus different. Schilder sieht das Projekt als „einzigartige Chance, um Betriebsabläufe zu optimieren“. Die Nachnutzung der meisten Bauteile des Gebäudekomplexes aus den 1950er Jahren sieht er kritisch, Stichwort graue Energie. An dem alten Standort könne er sich Wohnbebauung für die Zukunft vorstellen. Die Vision eines „Gesundheitskampus“ verbindet neues Klinikum und Teile des alten Klinikums, die dafür gegebenenfalls mitgenutzt werden sollen. Die Substanz des alten Klinikums müsse dazu nochmal genau geprüft werden, so Schilder. Rothenbacher sieht es ähnlich und doch anders: Auch er würde versuchen möglichst viel von der alten Substanz nutzen und befürwortet die Nachnutzung als Wohnraum, schlägt daneben gewerbliche Nutzung oder das Unterbringen der Hochschule auf dem Gelände des alten Klinikums vor. Er denkt dabei an ein „für sich tragfähiges Quartier“.

Autofreie Altstadt

Vor kurzem wurde das Mobilitätskonzept im Stadtrat neu abgestimmt. Die Kandidaten wurden dazu nach den aus ihrer Sicht wichtigsten Maßnahmen gefragt. Rothenbacher betonte, dass das Konzept als Ganzes zu sehen ist. Wenn er etwas rausgreifen solle, so stehe ein Mobilitätsmanager für die Umsetzung an der Spitze und auch die Sanierung der Radwege sowie eine Fahrradgarage am Bahnhof habe Priorität. „Ganz so sehe ich das nicht“, hielt Schilder dagegen und betonte zunächst den Modellcharakter des Konzeptes, welches er letztlich auch als Ganzes sieht. Für ihn ist ein essentieller Punkt die Verkehrswende und die Frage: Was heißt Mobilität der Zukunft? Schilder betonte die Notwendigkeit als Gesellschaft umzudenken und Möglichkeiten wie den ÖPNV oder Radwege mehr zu nutzen.

Unternehmer in der Altstadt bewegt der Plan der Stadt Memmingen diese in Zukunft autofrei zu halten. Ob auch Schilder und Rothenbacher Gefahren für den Konsum sehen? Um die autofreie Innenstadt – zunächst sei dies eine Handlungsempfehlung – umzusetzen, erklärte Schilder, brauche es ein alternatives Angebot wie mehr Parkhäuser um den Altstadtring und eine Stärkung des ÖPNV. Rothenbacher betonte den Austausch und die Transparenz im Prozess, er würde gemeinsam mit Unternehmern nach Lösungen suchen und klare Rahmenbedingungen für alle schaffen. Auch Schilder sieht Kommunikation als zentralen Punkt an, um Unternehmern am Ort Sicherheit zu geben. Jedoch gab er auch zu bedenken: „Wenn uns die Verkehrswende ernst ist, müssen wir auch darüber nachdenken, was das für Unternehmer bedeutet und nicht an Altem festhalten.“

Mehr Anreize für PV-Anlagen

Aufgrund der gestiegenen Energiekosten, müsse Versorgungssicherheit neu gedacht werden. Bisher gebe nur auf wenig PV auf gewerblichen Dächern in Memmingen. Müsste es dafür nicht mehr Anreize seitens der Politik geben? Rothenbacher würde pragmatischer denken und auch die Satzung überarbeiten, als Stadt mit gutem Beispiel vorangehen und schauen, wo möglichst schnell möglichst viel erzielt werden kann. Nicht alle Liegenschaften der Stadt seien denkmalgeschützt, beispielsweise Parkhäuser und zudem gebe es außerhalb der Altstadt noch genügend städtische Dächer. Schilder stimmte zu und verwies ganz konkret auf das Dach der Edith-Stein-Schule, bei der im Zuge der Sanierung das Flachdach komplett mit PV ausgestattet wird. Bei Sanierungsprojekten solle das in Zukunft immer mitgedacht und umgesetzt werden, sofern möglich – denn nicht alle Dächer eignen sich für PV. Es seien zudem bereits Haushaltsmittel beschlossen, um weitere Anlagen zu installieren, so Schilder. Die historische Altstadt „auf dem Altar der Energiewende zu opfern“, hält er ganz klar nicht für sinnvoll und notwendig. Schilder und Rothenbacher sprachen sich beide für Bürgergenossenschaften, Bürgersolaranlagen und die Verpachtung von Dächern aus. Das alles soll auch für kleinere Investoren interessant sein. „Jeder muss seinen Beitrag im Rahmen seiner Möglichkeiten leisten, es geht nicht nur um die Stadt“, unterstrich Schilder.

Memmingen für junge Menschen

Von Gästen und OB-Kandidaten kontrovers diskutiert wurde die Zukunft von Memmingen, die Jugendlichen und Perspektiven. Warum bleiben sie nicht am Standort, warum findet das Ehrenamt zunehmend weniger Nachwuchs und welche Lösungen gäbe es. Zum einen scheint die Stärkung der beruflichen Bildung und der Ausbau des Hochschulstandortes ein wesentlicher Punkt. Aber auch mehr Wertschätzung für das Ehrenamt. Letztlich sei ein Zusammenspiel wichtig aus Menschen, die zuziehen und hier sesshaft werden wollen, für die der Standort attraktiv ist und andererseits aus Menschen, die nach der Schule bleiben und sich für ihre Heimatstadt engagieren – doch auch für sie müsse es attraktiv sein zu bleiben.
Angeregt wurde diskutiert, aber einen guten Weg und schnelle Lösungen zu finden, scheint nicht so einfach zu sein.