"Chancen und Risiken liegen eng beinander"

FDP Memmingen fordert Konzept zu IKEA und Altstadtentwicklung

veröffentlicht am 02.11.2017

Memmingen (dl/as). Damit  Ikea nicht zum „Satelliten“ wird und um die  Verkehrsproblematik zu entzerren, fordert die FDP Memmingen  die Stadt Memmingen in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Manfred Schilder unter anderem auf, ein ökologisches „Shuttle“-System auszuarbeiten, das nicht nur den IKEA-Besucher in die Altstadt bringt, sondern auch (in Hinblick auf  das Parkplatzproblem der Besucher) das Klinikum einbindet.

"Die Aufgabe, die Ikea an die Stadt Memmingen stelle, ist  immens", so die FDP-Kreisvorsitzende Heike Schalk in ihrem Brief an OB Schilder. „Eine vorausschauende und innovative Ansiedlungs- und Stadtentwicklungspolitik ist nach der Entscheidung für IKEA daher für Memmingen wichtiger denn je.“ Man habe IKEA zugestimmt, "ohne zuvor ein klares Ziel für die Altsttadt zu formulieren, geschweige denn konkrete Möglichkeiten zur Umsetzung zu diskutieren". kritisiert sie.

Schalk fordert, „möglichst realistisch und transparent auf die Auswirkungen und Herausforderungen zu reagieren“ und die Entwicklung von IKEA, Bahnhofareal und Altstadt im Zusammenhang zu betrachten. „Ohne Ziel- und Bedürfnisanalyse werden die Projekte IKEA und Bahnhofareal für die Stadt langfristig wirtschaftliche und strukturelle Auswirkungen haben, die im Nachhinein nicht mehr korrigierbar sind.“, warnt die FDP-Vorsitzende.

„Insellösungen sind nicht finanzierbar“

So sei das Thema "Verkehr" nicht nur in Bezug auf IKEA ein Thema, sondern sollte grundsätzlich und langfristig integrativ im Hinblick auf Parkplätze, ÖPNV und Shuttle für unterschiedliche "Knoten- und Besucherpunkte" diskutiert werden. „Insellösungen sind nicht finanzierbar“, stattdessen brauche man Systemlösungen für mehrere Ziele wie Klinikum, Eislaufstadion und Bahnhof.

„Seit Jahren wird ohne Ziel und Plan hinter verschlossenen Türen entschieden, so dass sich nach der Oberbürgermeisterneuwahl nun die berechtigte Frage stellt, ob man nach zwei Jahren 'Stillstand' im Entscheidungsprozess und dazu veränderten Bedingungen in der Altstadt durch Ikea so weiterwurschtelt, oder - diesmal strukturiert - neu beginnt“, erklärt Heike Schalk das Anliegen ihrer Partei gegenüber der Lokalen.

"Unser grundlegendes Anliegen ist, OB und Stadtrat für das Ausmaß und Zusammenhang der getroffenen Ikea Enscheidung zu sensibilieren und vor allem vor nicht zielführenden 'try and error'-Entscheidungen (wie derzeit auf dem Weinmarkt) zu warnen", erklärt Schalk weiter.  "Chancen und Risiken liegen bei diesen Großbauprojekten eng beinander und eine strukturierte Stadtentwicklung nicht ohne tiefgehende und vor allem durch Diskussionen mit professionellen (!)  Entscheidungsträgern möglich."

„Ideen und Projekte zur Altstadtentwicklung liegen seit Jahren vor. Wie sieht es mit den Plänen der Stadt aus?“, hier fordert Schalk ein klares Bekenntnis. „Wohin soll und muss sich Memmingen in den nächsten Jahren entwickeln und welche Bauvorhaben können das inwiefern unterstützen?“.

Herausforderung Neugestaltung des Bahnhofsareals

 Die Frage „was wollen wir?“ stelle sich auch maßgeblich in Bezug auf eine Neugestaltung des Bahnhofsareals. Diese Frage sei „transparent und offen zu diskutieren und vor allem sensibel mit Städteplanern zu entwickeln“, um weiterem Stillstand vorzubeugen.

„Es ist ein Fehler, die Gestaltung der Altstadt Investoren zu überlassen!“, heißt es im Brief der FDP an das Stadtoberhaupt. Die Altstadt sei in den letzten Jahrzehnten weder strategisch geplant noch städteplanerisch entwickelt worden. „Privatinvestoren und -eigentümer prägen daher mit ihren unterschiedlichen Interessen das Altstadtbild. Öffentliche Fördermittel flossen fast ausschließlich in Projekte der Baugenossenschaften oder städtischen Bauvorhaben. Das Resultat ist eine Handelskonzentration auf die sogenannten 1A-Lagen, Investitionen in weniger umsatzstarke, „laufferne“ Ecken der Altstadt liegen brach.“

Die FDP Memmingen hatte im Sommer eine Onlinebefragung bezüglich des Bahnhofareals durchgeführt und die Ergebnisse öffentlich präsentiert. Eine Stellungnahme seitens der Stadt sei bislang nicht erfolgt. Die Veranstaltung habe jedoch deutlich gezeigt, dass die Neugestaltung eines Viertels wie des Bahnhofareals noch wesentlich sensiblere Auswirkungen auf die umliegenden Handelsgeschäfte haben kann als die geplante Ikea-Ansiedelung.

Denn, ähnlich wie bei Ikea, könnten über ein derartiges Projekt Besucher angesprochen werden, die Memmingen jetzt nicht hat. „Welche Besucher sind dies und welcher Produktmix und welche 'Strategie'  oder 'Anreiz' ist notwendig, um sie nach Memmingen zu bekommen? Und wie kann der künftige Ikea-Besucher zum 'Mehrwert' statt zum Konkurrenten für die Altstadt werden?“, lauten die Fragen, welche die Stadt sich stellen solle.

Schalk kritisiert, dass diese Fragen weder bei der IKEA-Debatte noch beim Thema Bahnhofareal diskutiert geschweige denn erschöpfend beantwortet worden seien. „Beim Bahnhofareal wurde ein Investorenwettbewerb ausgeschrieben, konsequenterweise werden hier Projekte angeboten, die sich rechnen.  Es wurde in keinster Weise die Historie des Grundstückes beachtet“, so die FDP-Kreisvorsitzende.

Transparenz und Sachlichkeit

"Das Bahnhofareal als Investorenprojekt wird hinter verschlossenen Türen entschieden, ohne Meinungs- und Expertendebatte. Als politisch interessierte und verantwortungsvolle Bürger von Memmingen wollen wir weiterhin für Transparenz und vor allem für bewusste und sachliche Entscheidungen kämpfen", erklärt Schalk im Gespräch mit der Lokalen. "Für Transparenz, weil dem Memminger Bürger gar nicht bewusst ist, welche Fehlentscheidungen hier getroffen werden können und für Sachlichkeit, da die Qualität eines Ausschusses nicht davon abhängt, dass es einen Ausschuss gibt, sondern von der Entscheidung dafür, WER im Ausschuss sitzt!", fordert sie professionelle Gutachter.

Letztendlich gelte es,  eine neue „Idee“ für die Zukunftsfähigkeit der Memminger Altstadt zu entwickeln und diese strategisch mit dem Einzelhandel umzusetzen. "Also gilt es auch, die Bedenken und kritischen Meinungen von Fachleuten zum jetzigen Stand des Bahnhofareals laut auszusprechen", so Schalk.

Die Ergebnisse der Diskussionen und Ausschüsse seien  regelmäßig und öffentlich zu publizieren, so dass Fortschritte  auch erkennbar seien. "Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich die Mühe stundenlanger Fachgespräche nicht lohnt, wenn Ergebnisse nicht umgesetzt werden."

"Die FDP Kreisverband Memmingen wünscht sich in diesem so umfangreichen Projekt eine sachliche Entscheidungsfindung und eine gute Diskussion mit erfahrenen Fachleuten", heißt es in dem Schreiben abschließend.