Jede Menge Spaß und hohes artistisches Niveau

Wundervolles Pflasterspektakel auf der Memminger Meile

veröffentlicht am 14.07.2019

Hereinspaziert in die dritte Dimension: Eine Welt voller Poesie, Nostalgie und absurdem Humor präsentierte die Third Hand Group mit "er interaktiven Installation "Closetland" auf dem Elsbethenplatz. Fotos: Sonnleitner

Memmingen (as). Ganz besonders sehenswert war in diesem Jahr das Pflasterspektakel im Rahmen des Kulturfestivals Memminger Meile. Die Shows der Straßenkünstler bewegten sich nicht nur auf hohem artistischen Niveau, sie trainierten auch die Lachmuskeln des Publikums. Trotz des eher durchwachsenen Wetters bildeten sich dichte Menschentrauben um die Künstler auf dem Pflaster, die den Akteuren begeistert Beifall spendeten.

elabö mit "Schachmatt" auf dem Hallhof

elabö zeigte ein akrobatisches Katz-und-Maus-Spiel.

Mit seiner bereits mehrfach ausgezeichneten Show „Schachmatt“, einer raffinierten und zauberhaften Mischung aus Partnerakrobatik, Clownerie und Straßentheater, brachten Anne und Mitja vom Duo Elabö hunderte von Zuschauern auf dem Hallhof zum Lachen und Staunen. Und das alles völlig ohne Worte!

Smart im Smoking präsentiert der Maestro das Schachbrett auf schwarzem Samt. Seine Frisur und die Figuren sitzen, der Timer steht bereit, alles ist perfekt – da erscheint plötzlich ein zweites Paar Hände und wirbelt alles durcheinander. Ein weiblicher Kobolt purzelt unter dem Tisch hervor, das Schachspiel erwacht zum Leben und der Meister muss feststellen, dass er keine Chance hat, seine wuselige kleine Gegenspielerin unter Kontrolle zu bringen. Der quirlige, Quälgeist, der wie ein Wirbelwind seine Akribie zunichte macht, ist ihm immer einen Schritt voraus, provoziert und neckt ihn, bis er sich auf eine atemberaubend akrobatische Katz- und-Mausspiel einlässt.

In Tom-und-Jerry-Manier tricksen sich die beiden Gegner aus. Präzise und kraftvolle Hand-auf-Hand-Akrobatik wechselt sich mit rasantem Slapstick-Theater ab. Das Ende ist abzusehen: „Schachmatt“ für alles, was nicht Spaß und Spiel ist.

Comedy-Jonglage mit Opus Furore auf dem Schrannenplatz

Zum Brüllen komisch: Die Comedy Jonglage „Opus Furore“ auf dem Schrannenplatz.

Very british: So zumindest gaben sich die Schwarzwälder Michael Braun und Michael Liermann in ihrer Comedy Jonglage „Opus Furore“ auf dem Schrannenplatz. Und das äußerst gekonnt und zum Brüllen komisch. Sportlich-schick im 20er Jahre Club-Outfit nahmen sie die Zuschaue rundum mit triefendem Sarkasmus aufs Korn, während sie die Keulen schwangen und immer neue mit dem Fuß ins Spiel kickten.

Für eine kleine Präzisionseinlage musste Magdalena aus dem Publikum herhalten. „Keine Sorge, uns passiert nichts“, beruhigten sie die junge Frau, die sich sichtlich unbehaglich fühlte, als die Keulen um Haaresbreite an ihrem Kopf vorbeisausten.

Höhepunkt der witzigen Jonglage war ein heißer Enthüllungstanz mit fliegendem Kleiderwechsel: Ohne dass auch nur eine einzige Keule Bodenkontakt hatte, zogen sich die beiden Spaßvögel bis auf die Unterhosen aus, warfen sich die Kleidungsstücke zu und schafften es mit einigen wilden Verrenkungen, sich mit den Klamotten des Partners auszustaffieren. Dafür ernteten die beiden ungestümen Applaus.

Third Hand Group mit „Closetland“: Interaktive Installation auf dem Elsbethenhof

Die „Energiedusche“ erfrischt von Kopf bis Fuß.

Second Hand ist out, es lebe Third Hand! Third Hand, das ist sozusagen die dritte Dimension, eine nostalgische Parallelwelt, in welche die Passanten ganz nach Wunsch eintauchen können. Statt einem Losungswort braucht man dazu ein Kleidungsstück, das man sich vorab aus dem klamottigen Fundus an der „Rezeption“ auswählt. Dann begibt man sich auf die Spielwiese.

Wie auf einem Jahrmarkt werden die hier von den Schaustellern unter ihre Fittiche genommen Gäste durch das mit Vintage-Möbeln ausstaffierte Areal geführt. Ein DJ in Seemanskluft kramt derweil in seiner Schallplattensammlung, um die Musikwünsche der Gäste zu erfüllen. In "Closetland" gibt es einen Investitionsschrank, einen Swimmingpool mit Kuscheltieren, ein auf den Kopf gestelltes Live-Kino und einen Relaxschrank - die „Energiedusche“ (ein alter Haartrockner aus dem Friseurladen) nicht zu vergessen. Die ausrangierten Objekte offenbaren bei genauerem Hinsehen ein überraschendes Innenleben – zumindest für die Besucher, die ein bisschen Fantasie mitbringen.

Fazit: „Closetland“ ist ein zauberhafter alter Jahrmarkt – absurd und poetisch mit wunderbar klamottigem Charme, auf dem nicht nur die Kinder Überraschungen erleben und sogar etwas völlig Unnützes gewinnen konnten.

Adrian Kaye: Überzeugende Gags ohne viel Worte

Adrian Kaye beherrscht sein Publikum in jeder Sekunde. Fotos: Würth

(ew). Adrian Kaye ist ein Clown aus London, der es versteht sein Publikum ohne viele Worte zum Lachen zu bringen. Allein sein Aussehen und die exzellente Mimik bei seinen Versuchen, unmögliches zu vollbringen, sorgen für herzliches Lachen, vor allem bei den Kindern.

Brüllend komisch wie er beispielsweise versucht, einen kleinen Plüschlöwen dazu zu bringen, durch einen Reifen zu springen. Oder wenn er versucht mit einer Säge zwei ineinander verschlungene Stahlreifen zu trennen und dann die Säge plötzlich in den Reifen hängt.

Man merkt ihm seine Erfahrung als Straßenkünstler an, denn er beherrscht sein Publikum in jeder Sekunde. Seine Gags benötigen auch keine großen Worte, sondern überzeugen rein durch die Darstellung. Sein unerschöpfliches Improvisationsvermögen kam auch beim Publikum am Weinmarkt an - an ein Durchkommen durch die Fußgängerzone war nicht zu denken während seiner Show. Text: E. Würth

Omnivolant: Ein Caféwagen macht Circus Memmingen

Mit trockenem Witz und spektakulärer Artistik begeistert Omnivolant das Meilenpublikum.

(ew). Mit trockenem Witz und spektakulärer Artistik begeisterten Julia Knaust und Nils Wollschläger das Meilenpublikum auf dem Martin-Lutherplatz. Zu Beginn vermittelten die Zuckerwatte-Verkäuferin und ihr scheinbar etwas plumper Mann, den sie per Zeitungsanzeige fand, den Zuschauern den Eindruck, sich und ihre eingerostete Beziehung auf Jahrmärkten feilzubieten.

Dann schickt sie ihn fort, angeblich um Zucker zu besorgen und auf einmal werden die Zuschauer ganz unvermittelt durch eine spektakuläre Fahrradeinlage mit artistischer Jonglage, Partner-und Luftakrobatik überrascht, die durch wahre Spielfreude und ohne großes Tamtam überzeugt.

Die Zuschauer werden nicht nur mit leckerem Kaffee verwöhnt, es sind die leisen Momente und die kleinen Pausen, die diese Show sehenswert machen und in denen das Publikum sich trotz atemberaubender Artistik wiederentdeckt. Bereits seit zwei Jahrzehnten tourt das Duo mit einem original Nagetusch-Wohnanhänger aus vergangenen DDR-Tagen durch ganz Europa und begeistern mit ihrem Charme Jung und Alt. Text: E. Würth

Unsere Galerie zeigt ein paar Momentaufnahmen des Pflasterspektakels (Fotos: Sonnleitner und Würth):